Mark
In dieser Nacht schlief Mark zwar nicht gut, wie schon in den letzten Tagen nicht, aber immerhin ein paar Stunden. Er war wie immer früh wach, fühlte sich nicht wirklich ausgeruht, aber wenigstens nicht mehr ganz so aufgewühlt. Zugegebenermaßen hatte er sich abends noch gefragt, wie um Himmels Willen er überhaupt schlafen sollte, hingen seine Gedanken doch nur bei Paddy, aber irgendwann war die Erschöpfung wohl einfach übermächtig geworden.
Nach einer ausgiebigen Dusche und einer ersten Tasse Kaffee telefonierte Mark zuerst mit seiner Managerin, die doch noch sehr besorgt war. Aber Mark beruhigte sie, erzählte von der Befragung durch die Polizisten vom Vorabend, von Christians Festnahme und berichtete, dass Paddy aufgewacht war und er so schnell wie möglich ins Krankenhaus fahren würde.
Zu Marks Überraschung war der Unfall noch nicht öffentlich. Er hatte angenommen, dass zumindest Saskia, jene Nachbarin, die Paddy am Unfallort erkannt hatte, längst etwas gepostet haben müsste, aber dem war nicht so. Nirgendwo tauchte ein Artikel auf, was ohne Zweifel der Schweigepflicht der Ärzte und der Polizei zu verdanken war. Vielleicht täuschte Mark sich in der Sensationslust mancher Menschen doch. Er musste sich unbedingt bei Saskia bedanken, auch wenn er noch nicht die geringste Ahnung hatte, wie er das konnte.Patricia schrieb ihm einen guten Morgen–Gruß und, dass sie mit Pino telefoniert hatte. Mark war ihr sehr dankbar, dass sie ihm diese Aufgabe abgenommen hatte. Selbstverständlich war Paddys Manager geschockt, aber auch erleichtert, dass es einigermaßen glimpflich ausgegangen war. Mark raffte sich nur noch dazu auf, endlich Lena eine Nachricht zu schreiben, dass er sich bald melden würde, denn selbstverständlich machte sie sich Sorgen, weil er eine Weile nicht auf ihre Nachrichten reagiert hatte. Nicht seit ihrem letzten Besuch, um genau zu sein. Er war ein Idiot, weil er eben nun mal nicht gut darin war, sich zu melden, aber das wusste Lena ja schließlich auch.
Schließlich fand er auf Paddys Handy Joelles Nummer. Ihre Handycodes hatten sie schon vor ein paar Wochen ausgetauscht. Paddy hatte gesagt, er wollte keine Geheimnisse haben, und Mark rechnete ihm das hoch an. Er selbst hatte ja ebenso keine Geheimnisse, und jetzt war es ihm äußerst hilfreich. Patricia hatte ihn gebeten, Joelle zu informieren, da sie keine Nummer von ihr hatte, und auch Joelle reagierte wirklich geschockt. Sie versprach, so bald wie möglich nach Berlin zu kommen, aber Mark überlegte, dass Paddy sicherlich rasch nach München verlegt werden würde. Immerhin war er in Bayern zuhause. Er antwortete Joelle, dass er mit dem behandelnden Arzt sprechen und ihr Bescheid sagen würde.
Es würde kompliziert werden, Paddy in München zu besuchen, grübelte Mark dann. Falls Paddy das überhaupt noch wollte. Schließlich wusste niemand, wie lange es dauern würde, bis er wieder ganz gesund war. Wie viele Termine mussten jetzt abgesagt werden, vor allem die Albumaufnahmen, und Mark fuhr sich mit einer Hand über die Augen.
Verdammt noch mal, er musste sich zusammen reißen und jetzt für Paddy da sein. Das war doch das einzige, was zählte. Sie hatten all die Angst, die Bedrohung durch Christian zusammen durchgestanden, es hatte sie nur noch mehr zusammen geschweißt. Er hatte all das doch nur geschafft, weil Paddy so bedingungslos für ihn da gewesen war. Nun war Mark an der Reihe.Er schrieb Nitti und Patricia, dass er ins Krankenhaus fuhr und machte sich sofort auf den Weg. Kurz steckte er im morgendlichen Berufsverkehr fest, aber da es noch ziemlich früh war, erreichte er das Krankenhaus recht schnell. Eilig lief er die Gänge entlang, grüßte hier und da, fragte an der Rezeption nach, auf welche Station Paddy gebracht worden war.
Schließlich traf er am Informationsstand der ihm mitgeteilten Station auf die junge Krankenschwester, deren Gesicht er sich vom Vortag gemerkt hatte. Sie stand hinter der Anmeldung und sortierte Krankenakten.
»Ah, Herr Forster«, grüßte sie ihn. »Sie sind ja früh da. Wie geht’s Ihnen, konnten Sie ein bisschen schlafen?«
Mark fuhr sich mit einer Hand in den Nacken. »Ähm, Mark, bitte«, sagte er rasch. »Ja, ich… mir geht’s gut. Wie geht’s Pa… Michael Patrick?«
»Er schläft noch«, berichtete die junge Frau. »Ist schon ne krasse Sache gewesen, dieser schreckliche Unfall, oder?«
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Bauch und Kopf
RomanceManchmal braucht es nur eine Begegnung, um viele kleine Dominosteine ins Rollen zu bringen. Manchmal genügt ein Satz, um eine Welt zum Einsturz zu bringen, um eine lange vergessene Seite an die Oberfläche zu locken, die tief verborgen, aber nie ganz...