Durch Tonys Runen schafften wir es, ziemlich schnell vorranzukommen. Es hatte sich rausgestellt, dass er ebenso eine für Stärke wie auch für Geschwindigkeit hatte. Bisher hatte er nur darauf verzichtet, sie anzuwenden, da einerseits jede Nutzung seiner Magie seine Lebenszeit entscheidend verkürzte und er unsere Wanderungen andererseits bisher immer genossen hatte. Nun hatten wir aber keine Zeit mehr, die Natur zu genießen und uns nett zu unterhalten. Das wollten wir auch gar nicht. Es verlor an Wichtigkeit im Vergleich zu unserer Mission.
Tony und ich hatten einen Plan. Mit Sicherheit keinen guten, aber es war besser als es einfach auf uns zukommen zu lassen. Wir hatten beschlossen, dass es keinen Sinn machte, heimlich in die Stadt und den Palast einzudringen, denn es hatte denselben Effekt wie wenn Walters Leute uns fangen wurden, nur, dass wir Zeit und Energie aufwenden mussten. Der Plan war also: Uns gefangen nehmen lassen. Tony und ich hatten alles genau besprochen, jeden Schritt, den wir gehen würden. Trotzdem waren wir nervös. Für Tony war es eine große Sache. Meine Unruhe rührte eher daher, dass ich mir nicht sicher war, ob Tony sich an Plan halten würde. Wir wollten unsere Leute befreien und abhauen, nicht mehr. Doch ich kannte Tony und wusste, seine Priorität lag darin, Walter umzubringen. Im Notfall wusste ich aber, ich konnte mich auf ihn verlassen. Er hatte mir versprochen, keine unnötigen Risiken einzugehen.
Jetzt, knapp vor der Stadtmauer, nahmen wir uns einen letzten Moment, um den Plan nochmal durchzugehen, bevor wir in die Stadt eindringen wollten. Wie versteckten uns im Gebüsch, umarmten uns und hielten uns einfach nur fest. Ich wollte, dass dieser Moment niemals endete. Diese letzte Berührung mit dem Boden, bevor ich fiel.
„Jamie", flüsterte Tony und schob mich leicht von sich. Er hielt mich an den Hüften und sah mir in die Augen. „Ich will, dass du es weißt... Falls etwas schief geht..."
Ich unterbrach ihn durch einen kurzen, aber liebevollen Kuss auf seine schönen Lippen. „Schh. Ich weiß es doch", versicherte ich ihm leise. „Und es wird nichts schief gehen. Wir kommen da alle wieder lebendig raus."
Tony sah mich so an, als würde er mich gerne glauben, jedoch auch so, als wolle er mir sagen: Du weißt selbst, dass das nicht stimmt. Deshalb ließ er sich von meinen Worten wenig beeindrucken und machte weiter, wo er aufgehört hatte. „Ich liebe dich", flüsterte er. „Das habe ich immer getan"
Dass er darauf bestanden hatte, es auszusprechen, brachte mich zum Schmunzeln. Es rührte mich. Ich gab ihm einen Kuss, nach dem keine weiteren Worte nötig waren. Er wusste, dass ich seine Gefühle genauso erwiderte und wir wussten, dass wir, wenn das alles vorbei war, endlich das Leben haben konnten, das uns zustand. Gemeinsam.
„Wir sehen uns später", lächelte ich Tony zu und fuhr ein letztes mal mit dem Daumen über seine stoppelige Wange, bevor ich aus dem Gebüsch hervortrat und mich auf den Weg in die Stadt machte. Für den Schein tat ich so, als würde ich mich reinschleichen. Jedoch nahm ich den Weg, den Tony das letzte mal genommen hatte, um Eddi zu befreien. Dieser wurde nun verstärkt bewacht und so kam es dazu, dass ich ziemlich bald gefangen genommen wurde. Tony hatte seinen eigenen Weg in die Stadt zu kommen. Wir hatten entschieden, dass es dumm war, uns gemeinsam gefangen nehmen zu lassen. So würde man sofort wissen, dass wir einander wichtig waren. Außerdem bauten wir darauf, dass Walter Tony nicht mehr erkennen würde. Das hofften wir zumindest.
Die Soldaten hatten mich sofort erkannt. Sie schleppten mich in den Palast, doch achteten dabei darauf, mir keine großen Verletzungen zuzufügen. Was sie nicht wussten und was mich ebenfalls ziemlich überrascht hatte, war, dass mein Körper, seit ich meine Erinnerungen zurückhatte, wohl geheilt war. Die Narben auf meinem Oberkörper waren verschwunden und meine Hirnverletzungen ebenfalls. So erklärte ich mir zumindest meine zurückgekehrten Erinnerungen aus diesem Leben.
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Memories
Fantasy"Die Evolution hat es bewiesen: Nur die Besten, nur die Stärksten, nur die Kaltblütigsten überleben. Heute heißt es: Wir oder die anderen! Leben oder tot! Aber wir haben einen Vorteil: Wir haben Magie!" Ich bin James, 21, und das ist die Geschichte...