Einundzwanzig

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June ging es am nächsten Tag nicht gut. Ihre Schrammen und Schnitte an den Füßen waren zwar verheilt, doch sie war noch immer genauso verwirrt wie in der Nacht zuvor. Was hatte sie gesehen? Wen hatte sie gesehen? Und hatte sie nicht Remus Gesicht im Mondlicht erkannt? Oder war tatsächlich alles nur Einbildung  gewesen. War sie wegen des ganzen Schulstress und der Strafarbeit vielleicht so durch den Wind, dass sie anfing Dinge zu sehen, zu spüren, die gar nicht da waren? Gab es so etwas?

"June, nun iss doch was", bat Remus sie besorgt und ein Teller voll Pfannkuchen mit Sahne und frischem Himbeermus erschien vor ihrem Gesicht. Gedankenverloren schüttelte sie den Kopf und rührte weiter mit ihrem Zauberstab in ihrem Kürbissaft herum, sodass sich ein kleiner orangefarbener Strudel in ihrem Becher bildete. Remus seufzte. Er konnte seine Schwester nicht von letzter Nacht ablenken, so sehr es auch versuchte. Nicht einmal essen wollte sie und das war wirklich untypisch für June Lupin.

"Morgen", begrüßte Sirius die beiden, wobei er June einen kalten Blick zuwarf, den sie jedoch gar nicht bemerkte. "Guten Morgen", erwiderte Remus und lächelte ihm schwach zu. Auch Peter gesellte sich mit hängendem Kopf zu ihnen. "Wo steckt Krone?", wollte Remus wissen, den seinen schwarzhaarigen Freund hatte er nun schon seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. "Evans", antwortete Sirius nur und grabschte sich ein paar Würstchen von einem Teller.

Eine angespannte Stimmung herrschte am Tisch. Verwirrt blickte Remus von dem miesgelaunten Tatze zu dem stummen Wurmschwanz bis zu seiner schweigenden und nachdenklichen Schwester und wieder zurück. "Habe ich was verpasst? Was ist los?" Keiner antwortete, nur Sirius warf June einen weiteren unfreundlichen Blick zu, Peter starrte auf seine Hände. Doch es musste auch niemand antworten, denn schon im nächsten Moment erschien Professor McGonagall neben ihnen.

"Black, Pettigrew und Lupin", schnarrte sie als Guten-Morgen-Gruß. Das erste Mal an diesem Morgen hob June blinzelnd den Kopf, Sirius und Peter sahen die Professorin ebenfalls an. "Wie ihr wisst, wartet auf euch drei noch eine Strafarbeit - " "Eine Strafarbeit? Niemand sagte etwas von einer Strafarbeit, Professor", warf Sirius geschockt dazwischen. McGonagall runzelte die Stirn und bedachte alle drei mit einem strafenden Blick. "Meines Wissens nach wurde es Miss Lupin mitgeteilt. Ich nahm an, sie würde es euch anderen ausrichten." Scharf blitzten Sirius Augen zu June, die puterrot im Gesicht wurde. "I-ich habs wohl vergessen ...", stammelte sie, denn sie hatte tatsächlich nicht daran gedacht, es den beiden zu sagen. Es musste aber auch alles schief gehen. "Vergessen also ... ", schnaubte Sirius kaum hörbar und funkelte sie an.

"Wie auch immer", winkte McGonagall wirsch ab, "Jetzt wisst ihr es ja. Als Strafarbeit werdet ihr den gesamten Gang vor dem Krankenflügel putzen, Fenster eingeschlossen. Falls Madame Pomfrey nicht zufrieden mit eurer Arbeit ist, könnt ihr ihr auch noch bei den Bettpfannen zur Hand gehen. Alles selbstverständlich ohne Zauberei."

June schluckte schwer. Der Gang war sehr lang und breit, die Fenster so groß wie ein ausgewachsener Mann. Lange, anstrengende Stunden standen den dreien bevor. Das schien auch Sirius so zu sehen, denn er holt schon aufgebracht Luft, um sich zu beschweren, als McGonagall ihn mit erhobener Hand davon abhielt. "Keine Widerworte, Black. Freitag Abend, achtzehn Uhr." Mit diesen Worten kehrte sie zum Lehrertisch zurück.

Einen Moment war es ganz still zwischen den vieren. June starrte mit brennenden Wangen auf ihren leeren Teller, Remus sah unbehaglich zwischen seinen Freunden hin und her, Peter blieb nach wie vor stumm und Sirius Kopf war vor Wut ebenso rot angelaufen wie Junes und er schien fast vorm Platzen zu sein. Dennoch starrte er ohne ein Wort zu sagen auf seine noch unangerührten Würstchen. Anscheinend war ihm, wie jedem anderen der vier, der Appetit vergangen.

"Tut mir leid. Das ist alles meine Schuld", brachte June schließlich leise hervor. Sirius bedachte sie mit einem Blick, der sagte, dass er keine Sekunde daran zweifelte, dass es ihre Schuld war. Peter im Gegensatz schüttelte den Kopf ohne sie anzusehen. "Schon gut, June."
"Nichts schon gut. Weißt du was der Freitag für ein Tag ist?", zischte Sirius wütend. Zögerlich schüttelte June den Kopf, bevor sie noch so etwas dummes, wie ein Wochentag herausbrachte.
"Dieser Freitag, dieser Freitag, an dem ich putzen soll, dieser Freitag ist die letzte Chance, um für das erste Quidditch-Spiel gegen die Slytherins zu trainieren! Ist dir eigentlich klar, was das bedeutet, June?", brauste er wütend und deutete anklagend mit dem Finger auf sie. Eingeschüchtert zog sie den Kopf ein, doch bevor sie antworten konnte redete Sirius schon weiter. "Das bedeutet, dass ich das letzte Training verpassen werde, June. Wegen dir!" MIt diesen Worten stand er voller Wut auf und rauschte davon.


Werewolf's Sister// Rumtreiber FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt