Zweiundzwanzig

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June hatte eine anstrengende Woche hinter sich. Nicht, dass der Schulstoff und die Aussicht auf eine stundenlange Strafarbeit genug wären, nein. Zu allem Übel hatte June sich, durch die Nacht, in der sie das halbe Schloss aufgeweckt hatte, in Hogwarts berühmt gemacht und jeder kannte nun ihren Namen. Das wäre nichts schlimmes gewesen, wenn ihr Name nicht immer mit den Worten "verrückt", "irre" oder "völlig von der Rolle" in Verbindung gebracht werden würde. Ihre Geschichte mit dem angeblichen Schlafwandeln hatte schnell die Runde gemacht. Sie hielten ihren nächtlichen Ausflug für das Resultat schwacher Nerven und einer jahrelangen Isolation und Inkompetenz im Zusammenleben mit anderen Jugendlichen.

Doch nicht nur diese Geschichte machte die Runde, es kursierten eine Menge Gerüchte über diese Nacht in Hogwarts. Manche sagten, sie wollte nur im See nacktbaden gehen, andere waren der festen Überzeugung, dass sie sich mit ihrem Liebsten auf ein romantisches Picknick bei Mondlicht gerichtet hat und wieder andere meinten, sie hatte im verbotenen Wald nach einem Einhorn gesucht, um ihm das Horn zu stehlen und einen Trank für unendliche Schönheit zu brauen. Und das waren noch die harmlosesten Gerüchte, die sich ihre Mitschüler ausdachten.

Genau aus diesen Gründen war June schon fast froh als der Freitag kam und sie sich endlich von all den dummen Kommentaren, Tuscheln und schrägen Blicken verstecken konnte. Auch wenn sie dafür stundenlang zu Wischmopp und Lappen greifen musste.

"Ah, der dritte Tunichtgut", begrüßte Madam Pomfrey sie schmunzelnd, als June um kurz vor sechs den Gang im Krankenflügel betrat. Zusammen mit einem erschöpft wirkenden Peter und einem Sirius, der die Lippen so angestrengt zusammenpresste, dass er McGonagall erschreckend ähnlich sah, hatte sie sich vor der Krankenzimmertür versammelt. Drei Eimer mit jeweils drei Schwämmen und Schrubbürsten standen zu ihren Füßen bereit.

"Schön mal jemand anderen beim Schrubben zuzusehen, als Mr.Filch", meinte die pummelige Frau und grinste verhalten.
June rang sich ein schwaches Lächeln ab und sah schließlich wieder auf ihre Füße. "Dann mal los, ihr drei. Und schön in den Ecken wischen, da verbirgt sich der meiste Dreck!" Mit diesen Worten ließ Madam Pomfrey sie stehen und verschwand triumphierend grinsend im Krankenzimmer.

Für einen Moment regte sich keiner der drei, sondern sie starrten nur schweigend auf die Putzeimer. Zu Junes Überraschung war es Sirius, der sich als erster bewegte. Ohne ein Wort zu sagen, doch mit einer Miene, die seine Gedanken wie auf einem Blatt Pergament niederschrieb, schnappte er sich einen der Eimer und stapfte zum nächstgelegen Fenster. Energisch begann er zu putzen. June und Peter warfen sich einen kurzen nichtssagenden Blick zu, dann griffen sie ebenfalls nach Lappen und Eimer und machten sich an die vielen unzähligen Fenster.

Lang wischten sie einfach schweigend das dicke schmierige Glas, achteten besonders auf die dreckigen Ecken und sulten sich in ihrem Elend. Sirius schien seine ganze Wut in seine Wischbewegungen zu stecken, denn er war doppelt so schnell beim Putzen wie seine zwei Mitleidenden.

June wünschte sich er würde sie einmal so richtig anschreien und seine ganze Wut auslassen, danach wäre alles viel einfacher. Sein eisernes Schweigen tat ihr weh, denn sie wollte diese Freundschaft nicht aufgeben.

Nachdem die zweiundvierzig Fenster blitzblank waren und sie nun schon zweieinhalb Stunden beschäftigt waren, mussten sie eine Pause einlegen. Junes Arme schmerzten so sehr, dass sie einen kleinen Schmerzensschrei unterdrücken musste, als sie den Lappen sinken ließ. Mit einem Platschen landete er im gefüllten Eimer. Seufzend ließ sie sich an Ort und Stelle auf den kalten Mamorboden sinken und lehnte den Kopf gegen die Wand. Auch Peter ließ sich ächzend nieder und massierte sich die Arme.

Nur Sirius stand nach wie vor an einem Fenster und hielt den Lappen in der Hand, sein Blick führte nach draußen, seine Miene war undefinierbar. June folgte seinem Blick und konnte gerade so einen kleinen schnellen Punkt entdecken, eher dieser Punkt von einer winzigen Gestalt auf einem Besen in der Ferne in die entgegengesetzte Richtung geschmettert wurde. Das schlechte Gewissen machte sich in ihr breit wie ein lästiger Umhang, der sich nicht abstreifen ließ.

"Sirius-" "Ich will's nicht hören, June." "Bitte, es tut mir leid." "Hast du bereits erwähnt." Seine Kälte tat ihr noch mehr weh als sein eisernes Schweigen. Sie erhob sich, doch er starrte weiterhin aus dem Fenster. Die Sonne war schon fast ganz untergegangen und warf Schatten auf sein gerades Profil.

"Was soll ich denn tun, damit du mir verzeihst?", fragte sie und klang dabei fast verzweifelt. Er schwieg und June dachte schon, er würde gar nicht mehr antworten, als er den Blick senkte. "Sorg dafür, dass wir morgen das Spiel gewinnen und wir sind quitt", sagte er schließlich ironisch und drehte sich zur ihr um. "Außerdem ist Krone noch wütender auf dich als ich, weil ich nicht mittrainieren darf", fügte er hinzu.

June nickte und seufzte. "Ich dachte wirklich nicht, dass wir eine Strafe dafür bekommen", murmelte sie. "Bitte nimm meine Entschuldigung wenigstens an, Sirius." Sirius rührte sich nicht sondern, wandte seinen Blick wieder trotzig ab. "Willst du unsere Freundschaft dafür wirklich aufgeben?"

Sie beobachtete, wie sein Blick weniger fest wurde und seine Augen kurz zu ihr hinüber huschten. Er wurde langsam weich, das merkte sie. Vorsichtig trat sie einen Schritt auf ihn zu.

"Ich weiß, wir kennen uns noch nicht besonders lange, aber du und die anderen seid mir wirklich ans Herz gewachsen und ich halte keinen weiteren Schultag ohne euch aus."

June dachte an die letzte Woche und ihr Herz zog sich etwas zusammen. Dadurch, dass Sirius nichts mehr mit ihr zutun haben wollte, hatten sich auch James und Peter von ihr abgewandt. Nur mit Remus hatte sie sich ab und zu unterhalten, ansonsten war sie völlig alleine gewesen.

"Bitte lass uns wegen so einer Kleinigkeit nicht mehr streiten. Es tut mir wirklich unglaublich leid, dass du wegen mir das Training verpasst. Ich weiß, wie wichtig es dir ist und es gibt nichts womit ich es wieder gut machen kann. Aber bitte verzeih mir." Endlich seufzte Sirius ergeben und wandte sich ihr wieder zu. "Das war echt mies von dir." "Ich weiß ..." "Aber es war auch eine miese Aktion von mir." Hoffnungsvoll sah June auf. "Also verzeihst du mir?", fragte sie.
Der Junge vor ihr schien etwas zu zögern, doch schließlich ergab er sich und reichte ihr die Hand. "Vergeben aber nicht vergessen, June Lupin."

Ein Stein von der Größe Hogwarts fiel ihr vom Herzen und sie ignorierte seine Hand komplett, stattdessen warf sie ihre Arme um ihn. Sirius warf Peter einen Blick zu, der die beiden grinsend beobachtete und unterdrückte ein Lächeln. "Jaja, schon gut", grummelte er und tätschelte June den Rücken. Wie froh er war, dass sie nicht mehr stritten, wollte er auf keinen Fall zeigen.

*

Endlich ein neues Kapitel (:

Tut mir leid, dass so lange nichts kam, aber ich habe momentan irgendwie die Lust am schreiben verloren und habe mich mit diesem Kapitel auch ein bisschen schwer getan. Hoffentlich gefällt es euch trotzdem (:

Habt ihr eigentlich Verbesserungsvorschläge oder irgendwelche Tipps? Lasst es mich wissen!

Werewolf's Sister// Rumtreiber FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt