5.Jonathan

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Ich war dem Fremden bis in die Stadt gefolgt. Langsam bekam ich einen ungefähren Eindruck davon, was er war und vorhatte. Die Stadttore zu durchqueren, stellte ich mir wirklich um einiges schwerer vor. Ich musste mir lediglich meine Haare ins Gesicht streifen und wurde ohne genauere Beschauung eingelassen. Während der Zauberer an einem freien Platz halt machte, gesellte ich mich zu einem kleinen Markthalter.

„Na? Was darfs denn sein? Wollen sie meine neuesten Würste probieren? Sie sind die besten aus der Stadt!" kam es von dem übergewichtigen Verkäufer hinter dem Stand. Ich überlegte kurz und bediente mich. Zu einer kostenlosen Probe sollte man nicht „Nein" sagen.
Die Show begann und wie ich es mir gedacht hatte, handelte es sich um „Magie".
Wieder schnaubte ich auf, da ich vorhin mit eigenen Augen mitbekam, dass es sich hier um Betrug handelte. Säße ich nicht in dieser beschissenen Lage, hätte ich wahrscheinlich auch eingegriffen, doch waren mir hierbei die Hände gebunden. Sollte sich die Stadt doch von ihm ausnehmen lassen...

Interessiert richtete ich meine Aufmerksamkeit zu der gerade ertönenden, tiefen Stimme, mit der er sich als „David der große Yavildore" vorstellte. Nach einer kurzen Pause, in der sich das Publikum die Köpfe nach einem guten Ausblick verrenkte, nahm der große Magier die Zügel seines Schimmels in die Hand und führte das „Einhorn" über den Platz. Es war doch nicht einmal ein echtes Fabelwesen, doch die Augen der Leute funkelten dennoch bei dem Anblick des schönen Tieres.

David der Große begann eine Geschichte zu erzählen, die von einem Zauberlehrling und seiner Reise in ein weit entferntes Reich handelte. Dieser besagte Junge musste eine Reifeprüfung ablegen um seinem Meister weiter dienen zu dürfen. Die vielen Gefahren auf seinem Weg wurden von den geschickten Händen des Zauberers mit kleinen Tricks ausgeschmückt. Er ließ kleine Rauchwölkchen entstehen, hier und da kam eine Flamme aus einem Köcher und zwei Raben erhoben sich und drehten ihre Runden über der Menge. Die kleine weiße Maus kletterte auf den Rücken des Pferdes, richtete sich auf und agierte als würde sie allen zuwinken. Eines musste man diesem Mann lassen, mit den Tieren wusste er umzugehen. Sie folgten seinen stummen Befehlen mit Hingabe. Wenn auch alles nur eine Show, sie war gut, sehr gut sogar.

Doch dann passierte etwas. Magnus, das „Einhorn" schüttelte kräftig seine Mähne und dabei fiel das Horn herab. Aus dem Publikum hörte man erstaunte Ausrufe. „Oh weh! Bringt es Unglück, wenn ein Einhorn sein Horn verliert?" Der Aufruhr war groß und das Entsetzen stand den Kindern in den Gesichtern geschrieben. David versuchte erstaunlich gelassen und mit seiner ruhigen, tiefen Stimme, die Sache wieder in den Griff zu bekommen. „Alles in Ordnung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Keine Panik, das passiert einmal im Jahr und es ist ein besonderes Glück so einen Moment beiwohnen zu dürfen."

Wahrscheinlich wäre nichts weiter geschehen, wenn sich der Wurstverkäufer nicht erhoben und in das Geschehen eingemischt hätte. Mit aufbrausender Miene und stampfenden Schritten ging er auf den Magier zu. „Alles Schwindel! Das Tier hat keine bloße Stelle am Kopf!" rief er, trat noch näher und hob das Horn auf, bevor David es zur Seite nehmen konnte. „Das ist viel zu leicht! Aus Holz wahrscheinlich, ... nah Herr Zauberer? ... Oder sollte ich sagen, „Betrüger?!" Seine laute Stimme widerhallte am ganzen Platz. Er zeigte mit dem Finger auf den Blonden und ein empörtes Schnauben ging durch die Runde. „Er hat Recht!" hörte man die ersten Rufe. „Betrüger! Schwindler!" Die Menge begann zu brodeln.
Warum auch immer, vielleicht lag es daran dass ich vor kurzem meine Pflichten als zukünftiger König verloren hatte, regte sich etwas in mir. Der Drang einzugreifen.

I was King (Deutsche Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt