40.Henry

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Margaretha war toll, also ihre Einstellung. Sie war sofort bereit mir zu helfen, ohne wirklich viele Fragen zu stellen. Wir kannten uns nun schon seit zwei Wochen und sie brachte mir jeden Tag etwas zu essen. Das einzige was ich dafür tun musste, war Musik zu machen. Denn sie mochte es mich singen zu hören. So saßen wir am späten Nachmittag gemeinsam auf dem Teppich in dem Vorzimmer und musizierten. Es war schön, nach der harten Zeit, die ich durchmachen musste, wieder „normal" leben zu können. Doch konnte Margaretha nicht immer hier sein, da sie ihren Eltern half und mir wurde langweilig. In dieser Zeit begann ich also die Gegend zu erkunden. Zuerst das Waldstück, dann wagte ich mich zum Stadtrand vor. Ich war gerade dabei über die niedrige Stadtmauer zu klettern, als ich in einem nahen Fenster etwas erspähte. Die mir nur allzu bekannten Gesichtszüge der Ratte. „Verdammt, was macht der denn hier?" murmelte ich und wollte mich schon abwenden, da sie mich nicht bemerken sollten, doch die Neugier siegte. Was hatten diese Halunken so weit entfernt von ihrem Einsatzgebiet zu suchen?

Vorsichtig schlich ich näher heran um hören zu können worüber und mit wem er sprach. In dem Raum befanden sich neben der Ratte noch zwei seiner engsten Vertrauten. Wachen, mit denen ich ebenfalls schon Bekanntschaft gemacht hatte und zwölf weitere Personen, die ich nicht kannte. Was wurde hier gemacht? Björn gestikulierte mit seinen Händen und der Rest nickte bedächtig, doch irgendwie unterwürfig. Verstehen konnte ich sie immer noch nicht, also presste ich mein Ohr direkt unter dem Fenster an die Holzwand.

„... der Herr wird es uns nicht verzeihen, wenn wir nicht weiterhin fleißig weitere Jünger rekrutieren, oder?" erkundigte sich einer der Unbekannten. „Ganz recht!" erhob die Ratte ihre Stimme. „So ist es. Nur wir Gesannten haben die Berechtigung dazu und dies ist unsere Aufgabe. Der Allmächtige führt uns zum Glück, jedoch nicht ohne Preis. Wir lassen das Spenden Körbchen nun herumgehen, bleibt dem großen Herrn auch weiterhin treu." Das ganze erinnerte mich an eine Messe in der Kirche, die wir, als ich noch ein kleines Kind war und behütet bei meiner Familie lebte, oft besuchten. Aber hier? In diesem Schuppen? Irgendwie seltsam, die Ratte, ein Pfarrer? Lachhaft, nie im Leben! Dies musste also eine illegale Glaubensgemeinschaft genannt „Sekte" sein. So etwas verstieß gegen die Regeln, das wusste ich. Neben dem katholischen Glauben, noch einen anderen Gott zu verherrlichen war verboten.

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder dem Fenster zu. Überrascht musste ich feststellen, dass die zwölf Herrschaften wohl gegangen waren. Nur noch die Wachen und Björn blieben zurück.

Zwar wusste ich jetzt, die Wäscherei war nicht die einzige Einnahmequelle für die Ratte, doch brachte mir das nichts. Wem sollte ich es erzählen? Und was würde es mir schon bringen? Ich war nun frei ... Der nächste Satz des Wachmannes lies mich jedoch stehen bleiben, wenn nicht sogar erstarren. „Was ist jetzt eigentlich mit diesem Jungen? Sollen wir ihn nicht bald mal holen?" ... „Warte ...meinen sie mich? Scheiße ... was soll das? Holen wollten sie mich?" Meine Gedanken schlugen Purzelbäume. „Noch nicht, lasst ihn noch glauben, er wäre in Sicherheit, dann wird ihn das Nachfolgende noch härter treffen", vernahm ich die Stimme von Björn. Was meinten sie mit „das Nachfolgende". Zum Glück war ich nicht der einzige, der diese Frage nicht beantworten konnte. „Aber Boss, was meint ihr ...?" ein verächtliches Schnauben unterbrach ihn. „Du Idiot, ... immer noch nicht geschnallt? Also, wir haben ihn frei gelassen und jemanden an seine Fersen geheftet. Dieser Jemand weiß wo er untergekrochen ist. Ja und dieses Mädchen ... genau darauf setzen wir. Seine Beziehung zu ihr wird so eng, dass sie zu verlieren für ihn keine Option mehr darstellt. So bringen wir ihn dazu bei uns zu bleiben."

Ich schnappte nach Luft. Die ganze Zeit war ich schon beschattet worden, auch der Ausbruch wäre wieder fehlgeschlagen und jetzt brachte ich auch noch Margaretha und ihre Familie in Gefahr. Vielleicht wurde ich auch in diesem Moment beobachtet, verfolgt? Wie automatisch drehte ich mich in alle Richtungen und lies meinen Blick aufmerksam herumwandern. Doch da war niemand.

„Aber was wenn er, wenn er nicht mehr in dem Haus ist Meister?" erkundigte sich eine der Wachen. „Keine Sorge, zurzeit fühlt er sich dort sicher und geht bestimmt nicht so schnell." kam die Antwort. „Wenn unser Spion dort vorbeischaut, sitzt er meist mit diesem Mädchen zusammen im Vorraum und singt. Wir geben der jungen Liebe noch eine Woche." Sein widerliches Grinsen gefiel mir ganz und gar nicht. „Ja aber ... wenn er uns abhaut?" wieder einer der Wachen. „Ach du Schwachkopf, ... dann haben wir das Fräulein und ihre Familie als Geisel!" Das war also der Fall, aber warum machten sie sich so große Mühe mich vor dem Flüchten abzubringen? Sie konnten mich doch jederzeit ersetzen, außer sie wussten über meine Herkunft Bescheid. Vielleicht machte es ihnen einfach nur Spaß andere Leute nach ihrer Nase tanzen zu lassen. „Na warte, aber nicht mit mir." Abwartend ob sie noch etwas Wichtiges besprechen würden, machte ich mich bereit, um zurück zu laufen. Mir war eine Idee gekommen. Sie war riskant und nicht ganz ungefährlich, doch mit ein wenig Glück würde mein Plan möglicherweise aufgehen.

Schließlich rannte ich los, so schnell wie möglich zurück zum Waldhaus, um mein Vorhaben zu überdenken. Ich würde Margaretha da auf keinen Fall mit hineinziehen, also musste ich dafür sorgen, dass die Situation sich änderte. „Na warte du Scheiß-Ratte, dir werd ichs zeigen!"

Sekten sind so s***** und das Problem ist, dass immer noch viel zu viele Leute in solche Kreise geraten, weil sie nicht wissen wie gefährlich dies sein kann. Bitte passt auf euch auf und lasst euch von niemandem anquatschen, der euch verdächtig vorkommt!
Danke fürs Lesen😊
LG Tsuan-saw-ada

I was King (Deutsche Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt