Es war widerlich, einfach abscheulich zu wissen, dass unter einem, der Graben war, in den jeder sein „Geschäft" fallen ließ, doch was tat ich nicht alles für Jonathan. Ich blendete also den Gestank einfach aus und hangelte mich mühsam hinauf zum Fenster, nur um dort angekommen festzustellen, wohl vielleicht ein wenig zu viel gewachsen zu sein, um einfach hindurch klettern zu können. „Verdammt..." fluchte ich, nun müsste ich wohl aufs Dach klettern und mir einen Weg durch den Dachboden, bis in den Keller bahnen. Die Wahrscheinlichkeit, dabei nicht entdeckt zu werden lief gegen null. Angekommen trennte ich das Seil, so dass nicht schon der nächste, der auf die Toilette ging mein Eindringen bemerkte. Angeekelt sah ich mit an, wie die beiden Hälften unten auf platschten und für Spritzer an der Mauer sorgten. „Igitt..." murmelte ich und setzte meinen Weg auf allen Vieren, über die Dachbalken fort, darauf achtend nicht einzubrechen. Zum Glück sah mich hier oben niemand. Denn wenn mich doch einer der Wachen erspäht hätte, wäre ich ein leichtes Ziel für ihre Pfeile gewesen.
Schon kurz darauf, entdeckte ich tatsächlich einen Spalt, der mir den Weg nach unten öffnete. Nun stand ich vor einem anderen Problem, denn Davids Ablenkungsmanöver zog zwar die Aufmerksamkeit vieler Wachen auf sich, doch befanden sich trotzdem noch Zurückgebliebene im Schloss. Wie sollte ich es schaffen vom obersten Winkel in den untersten zu gelangen, ohne entdeckt zu werden? ... Oder war dies vielleicht gar nicht nötig? Konnte ich mich wieder einmal auf meinen Instinkt verlassen? Wenn notwendig würde ich mir meinen Weg auch freikämpfen, meinen Degen führte ich immer mit mir.
So stieg ich die wenigen Stufen herunter, bis zu der Tür, die mich tatsächlich ins Innere des Schlosses bringen würde. Ich grinste leicht, mein Vorhaben war gewagt und womöglich hätte ich damit von Beginn keine Chance, doch man musste ja auch manchmal einfach tun, wonach einem der Sinn stand.
Mit einem Krachen stieß ich die Türe, die zu einem Gang führte, auf und trat festen Schrittes hindurch. Meine Strategie trug zumindest am Anfang schon Früchte, da die anwesenden Aufpasser viel zu verdattert waren, als dass sie eingriffen. Mit gehobenem, leicht arrogantem Blick marschierte ich weiter, sah ab und zu um mich und rief in einem schroffen Ton, was ihnen endgültig den Rest gab, ... sie verstanden gar nichts mehr. „Albert, strammgestanden, hast du es immer noch nicht gelernt? Man wendet seinen Blick nicht ab, wenn jemand mit einem spricht! Johann, wie bist du denn nochmal hier hereingekommen, wenn du nicht einmal das weißt?" plapperte ich gehoben zu denjenigen, die ich noch von damals kannte. Jetzt kam es mir endlich zugute, dass ich so viel Zeit mit diesen Männern verbringen musste, ich wusste dadurch von ihren Schwächen und Fehlern und spielte diese gegen sie aus. Erst als ich beinahe das Ende des Ganges erreichte und um die Ecke biegen wollte, meldete sich jemand zu Wort, es war angesprochener Albert. „Wer sind sie?" zwar rechnete ich nicht damit, dass mich irgendjemand erkennen würde, trotzdem spürte ich so etwas wie einen leichten Stich. „Jemand, an den ihr euch erinnern solltet." Gab ich also knapp zur Antwort und spurtete los, da sich im nächsten Flur niemand befand. Mir war es lieber so schnell wie möglich an mein Ziel zu gelangen, bevor noch mehr Wachen meinen Weg kreuzten...
Einige Male, wendete ich den Trick in verschiedensten Ausführungen an und immer kam die Frage auf, wer ich sei... „Himmel, Arsch und Zwirn!" Es nervte mich, dass ich nicht einfach wie früher anordnen konnte, wie sie sich bewegen sollten, naja in gewissem Sinne funktionierte es ja, doch kurz vor den Kerkern, stellte sich mir jemand in den Weg, es war einer der Wachmänner, die erst nach meinem Ausbruch ins Schloss kamen, er war alleine, somit hätte mein Trick keine Wirkung...
„Lass mich durch." befahl ich, woraufhin mein Gegenüber nur lachte und sprach: „Ist das ein Befehl, Kleiner?" mir stieg das Blut zu Kopf, natürlich war dies eine Anordnung, wie konnte er es wagen mich „Kleiner?" zu nennen. „Wie bitte? Pass auf du Fettsack, lass mich durch, oder du lernst mich kennen." Zischte ich bösartig und als dies immer noch keine Wirkung erzielte setzte ich noch hinzu. „Du bist der erste, der seinen Posten und seinen Lohn verliert, wenn ich auf dem Thron sitze." Natürlich war dies alles gelogen, ich wollte den Thron nicht, auf keinen Fall, denn dies würde bedeuten mich von Margaretha trennen zu müssen. Womit ich nicht rechnete war, dass der Mann daraufhin zu lachen anfangen würde und mich spöttisch musterte. „Du König, dass ich nicht lache! Du halbe Portion willst der neue Herrscher von England werden? ... Lächerlich! Für wen hältst du dich eigentlich? Für den toten kleinen Henry?" „JA VERDAMMT!" feierte ich seine Worte innerlich. „Der armselige Wicht, der einfach davon lief? Und jetzt hier ist, um seinen ebenso hilflosen Bruder Johnny aus dem Gefängnis zu befreien, mit diesem Stäbchen?" Er wies mit seinen wulstigen Fingern auf meinen Degen. Die kurz aufsteigende Euphorie wich nun echtem Zorn. Mir egal, was seine Meinung über mich war, doch ... tot? Das war der Grund?... Sie alle glaubten ich wäre einfach so verreckt? Und erst sein abfälliger Tonfall, als er über meinen Bruder sprach... „Gut, dann werde ich das Stäbchen nun ziehen und dir zeigen, wie tot und armselig ich wirklich bin, das wird dir noch leidtun, verlass dich darauf!" presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und bedachte ihn mit einem kalten Blick. Der Mann merkte wohl, dass sich nun etwas verändert hatte und ich sah mit aufwallender Befriedigung, wie sich auf seinen Armen eine Gänsehaut bildete.
Wie nicht anders zu erwarten, hatte ich diesen Tölpel schnell bezwungen. Nun lag er neben dem Tor an die Wand gelehnt übersät mit unzähligen Beulen und leichten Schnittwunden. Auch ich war nicht ganz unbeschadet davongekommen, doch Arthurs Training erwies sich erneut als nützlich. Und so trennten mich nur noch wenige Schritte vom Ziel: Jonathan zu befreien.
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I was King (Deutsche Version)
AdventureIm englischen Königreich des 16. Jahrhunderts, wird Jonathan Morchester, der erste Sohn des Regenten ins Exil geschickt, für eine Tat, die er nie begangen hatte. In Freiheit trifft er auf den Magier David, die Zwillinge Tam und Tom und den Barden R...