12.Jonathan

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Einige Wochen waren bereits vergangen in denen ich mich durch die Wälder kämpfte. Mittlerweile hatte ich mich schon ein ganzes Stück vom Reich der Morchesters entfernt. Seitdem bekam ich nicht viele Menschen zu sehen. Ab und zu musste ich natürlich meine Vorräte auffüllen und in den Dörfern Nahrungsmittel kaufen. Ich hielt mich aber nie lange dort auf, meine Heimat war mittlerweile der Wald, dort kannte mich niemand und ich konnte mich ungestört bewegen.
Manchmal fühlte ich mich aber sehr einsam und meine Gedanken kreisten um Alex und Henry. Wie es ihnen wohl ergangen war? „Ich hoffe so sehr, dass sie in Ordnung sind", murmelte ich geknickt. „"Was wenn Theodore...? ... Nein, an das darf ich gar nicht denken." Schnell verdrängte ich meine Bedenken und machte mich auf den Weg in die nächste Stadt. Die anstrengenden Märsche zerrten an meinem generell schmächtigen Körper, aber so konzentrierte sich mein Verstand auf meine Muskeln und ließ mir keine Zeit für Rührsehligkeiten.
Stunden später kam ich bei den Stadttoren an und sah mich um. Wieder bemerkte ich viele Unterschiede zum letzten Ort den ich vor Tagen besucht hatte. Ich ging durch die engen Straßen, bis ich auf den großen Marktplatz traf. Dort suchte ich nach einem Stand eines Bäckers, doch fiel mir aus der Ferne etwas Bekanntes in den Blick. Ein Wagen und ein weißes ...! „Na so was,... den wieder zusehen hätte ich nicht erwartet", brummte ich. Trotz des unangenehmen Gefühls, das mit den Erinnerungen an unsere erste Begegnung in mir hochstieg, machte ich mich auf in die Richtung, in der ich „Davids große Zaubershow" erspäht hatte. Mein Staunen wurde noch erhöht, als ich hinter dem Wagen etwas, oder eher jemanden bemerkte. Dort lehnte ... einer der Zwillinge aus dem Schloss. Es war der junge Mann, dem ich das alles hier zu verdanken hatte. Wobei, ... ich wusste, dass alles Theodores Plan war und das Zwillingspaar keine Schuld traf.

„Was macht er hier? An Davids Wagen? Will er ihn womöglich bestehlen?" ging es mir durch den Kopf. War seine Schwester auch hier? Dann fiel mein Blick zum ersten Mal auf den Magier selbst, der vor dem Wagen seine Vorstellung begann. Er war nicht allein. Neben ihm, wie eine Assistentin stand sie ... die hübsche Dienstbotin, der Zweite der Zwillinge. „Tam?!" entfuhr es mir und schlug mir gleichzeitig auf den Mund. „Oje, war ich zu laut?" Meinen Befürchtungen nach schon, denn die Gerufene drehte sich erschrocken herum. „Ja? Wer rufet mich?" ertönte ihre engelsgleiche Stimme. „Sehr geschickt, sie lässt es aussehen, als würde es zur Aufführung gehören. ... Na, da will ich mal nicht so sein und mitspielen...", entschloss ich kurzer Hand. Nur im Augenwinkel, bemerkte ich den leicht verstörten Blick ihres Bruders. Hoffentlich würde er verstehen und sich nicht einmischen. Auf noch so ein Fiasko wie beim Ersten Mal, hatte ich wirklich keine Lust. Ich begann meine Rolle mit: „Meine holde Tamora, was verschlaget euch an einen Ort, so weit entfernt ihres Reiches?" Mit festem Schritten trat ich auf den Platz und hoffte inständig, dass mich hier niemand erkennen würde. Meine mittlerweile langen, gelockten Haare, hingen in mein Gesicht und der unordentliche Bart verbargen mein eigentliches Antlitz. „Mein Herr, ... wer sind sie? Und ... was wollen sie von mir?" sang sie weiter und ihre Stimme begann zu zittern. Sie schien wohl ein wenig aus der Ruhe gekommen zu sein. „Aber ... erinnerst du dich nicht, meine Schönheit? Ich bin es, dein geliebter Edelmann. Dein Gemahl, der dich eines Abends in der Bibliothek verführte." Mit dieser Aussage hatte ich natürlich bezweckt, von ihr erkannt zu werden. Dies war mir auch gelungen, denn sie wurde mit einem Male kreidebleich. Trotzdem blieb sie in ihrer Rolle. „Sie ... sie sind es! Wahrhaftig ... mein ..." Langsam ging ich weiter auf sie zu. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass David eingreifen würde. Ohne Zweifel erkannte er mich wieder, doch er blieb stumm. Das Mädchen lief auf mich zu und fiel mir um den Hals. „Oh mein Geliebter! Niemals rechnete ich mit einem Wiedersehen. Das ist Magie! Zauberei!" rief sie laut und legte ihren Kopf an meine Schulter. „Sir Jonathan, ... wie glücklich ich bin sie wieder zu sehen. Es tut mir so leid. Wir haben ihnen solches Unglück beschert", flüsterte sie weinerlich in mein Ohr, drückte mich fest an sich und schniefte in mein Hemd.

Davids große Augen verfolgten die Szene skeptisch, aber auch er schlüpfte in seine Rolle und sprach mit seiner angenehm tiefen Stimme: „Nun sehen sie mein wertes Publikum, was für Wunder sich ereignen können. Die Macht der Magie hat diese beiden Liebenden wieder zusammen geführt. ... Glauben sie ruhig an das Übersinnliche, nichts ist unmöglich!" hallten die Worte über den Platz.

Wiedersehen des Magiers, der Zwilllinge und Jonathans. Danke fürs Lesen.

Lg Tsuna-saw-ada

I was King (Deutsche Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt