Genau wie bei Brian, laufen mir nun die Tränen herunter. Alles, woran ich gehofft hatte, alle Träume und alle Gefühle die ich eigentlich vergraben habe... bahnen sich einen Weg nach oben und blühen. Blühen sogar stärker als sonst. "Und wenn ich dich nur aus der Ferne ansehen kann... Solange es dir gut geht... und du lebst...", fügt er flüsternd hinzu und lasse meinen Kopf hängen. Nein... nein! Ich will nicht... Ich... Scheiße. Ich liebe ihn noch. Schniefend sehe ich zu ihm auf. "Weißt du, dass du es geschafft hast?", frage ich den braunhaarigen und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. "Ich habe alle Gefühle für dich begraben. Alles. Aber..." Ich schnaube und lächle. Ich weiß nicht, WAS für ein Lächeln das ist. Es ist nicht fröhlich. Aber auch nicht traurig. Nicht wütend oder entspannt. "Du hast es ausgegraben und schmeißt mir meine Liebe zu dir und deine einfach vor die Füße."
Brian sieht mich mit einer Mischung aus so vielen Gefühlen an. Aber eines kann ich deutlich sehen. Hoffnung. "Was soll ich damit machen?", frage ich leise und er sieht kurz auf die Seite, ehe er meinen Kopf in seine Hände nimmt und zögerlich mit seinen Daumen über mein Kinn streicht. "Unsere Liebe wieder einbuddeln und sehen, was daraus wächst?", fragt er und zieht mich zu sich. Legt seine Lippen auf meine und löst sich wieder, da ich keine Anstalten mache, den Kuss zu erwidern. "Tut mir leid... Ich-" Er wird aber von meinen Lippen unterbrochen. Ich musste erst das gesagte verarbeiten und habe die Stimmen das erste Mal seit langem auf die Seite geschoben. Habe das getan, was mir als erstes eingefallen ist. Im Gegensatz zu mir, erwidert er den Kuss sofort.
"Enttäusch mich kein drittes Mal, Brian. Bitte. Die zwei Mal waren schon hart, klar?" flüstere ich, als wir uns trennen und er seine Stirn an meine legt. "Beim dritten Mal darfst du mich umlegen. Ich erlaube es dir.", erwidert er und ich kann hören, dass seine Stimme zittert. Für ein paar Momente schließe ich einfach nur meine Augen und alles... fühlt sich so leicht an. Problemlos. "Ich bin eher für flachlegen...", murmle ich und er zuckt zurück. "Was?" Ich sehe ihn überrascht an. "Was?" Wir starren uns an, ehe wir beide plötzlich in Lachen ausbrechen. Ich lege beide Hände auf mein Gesicht und schüttle meinen Kopf. Oh Gott... Wieso muss meine Klappe ausgerechnet JETZT so groß sein? "Hast du gerade wirklich mit flachlegen einen Witz gemacht?", fragt er und ich nicke lachend.
Ich spüre, wie er meine Handgelenke nimmt, sie sanft runter zieht und mich grinsend ansieht. "Verdammte Scheiße, Alex... Ich liebe dich...", meint er nur und legt kurz seine Lippen auf meine. Aber nur kurz da er merkt, dass das mit einem beiderseitigen fetten Grinsen nicht funktioniert. "Darf ich das Tim erzählen?", fragt er und ich verdrehe die Augen. Zucke aber mit den Schultern. "Wenn du meinst... irgendwann kommt es ja doch raus." Wir beruhigen uns wieder und ich schüttle leicht den Kopf. "Vor ner guten halben Stunde hatte ich noch so dass ein oder andere Problem mit dir. Und jetzt?" Er schnaubt amüsiert. "Jetzt bin ich DEIN Problem." Einfach nur lächelnd den Kopf schüttelnd, lege ich den Kopf schief. Denn eine Frage taucht in meinem Kopf auf. Oder mehrere. "Was hast du eigentlich hier draußen gemacht?"
Der braunhaarige nimmt mich in den Arm und ich lege meine Arme um seinen Hals. Meinen Kopf an seinen. So ganz fassen, wie das alles abgelaufen ist... kann ich noch nicht. "Ich komme eigentlich fast jeden Tag hier her. Keine Ahnung. Das hier zieht mich an, seitdem ich mit dir hier die Rache geplant habe.", erwidert er und ich ziehe meine Augenbrauen hoch. "Wow... dann müssen wir uns ja die ganze Zeit verpasst haben. Ich bins nämlich auch." Kurz ist es still. "Ich komme aber meistens tagsüber her. Wenn die Sonne gerade untergeht. Heute habe ich es nicht ganz geschafft." Verstehend, nicke ich. "Ah... Und ich eigentlich nur nachts." Zufälle gibts, die gibts nicht.
"Und noch eine Frage..." Brian brummt zustimmend und nickt leicht. "Das mit den Sandwiches... War das wirklich der Boss, oder hast du dir gedacht, mal kurz eine andere Person dafür verantwortlich zu machen." Anscheinend hat er mit der Frage nicht gerechnet, denn er hustet, als habe er sich verschluckt. Nach einigem husten beruhigt er sich wieder und räuspert sich. "Maybe... wars meine Idee. Aber apropos Sandwiches... Du hast gemeint, dass du nichts schmecken kannst... Wie und vor allem... wieso meintest du, dass dir die Sandwiches schmecken?" Ich erstarre. Fuck. "Ehm... Ich habe damals Gift benutzt. Als Mittel zum Töten von meiner Familie. Hab's bei mir unterdosiert und meine Geschmacksnerven hats komplett verpuffen lassen. Die Erstversorgung war im Krankenhaus. Da haben sie gemeint, dass ich nie wieder Schmecken kann. Meine Speiseröhre war auch komplett weggeätzt. EJ hat einiges geschafft, dass ich wenigstens wieder was essen und trinken kann."
Ich spüre ein Tippen auf meinem Rücken. "Und die Sandwiches...?" Denen wäre ich jetzt gern Gesprächsthementechnisch aus dem Weg gegangen, ist aber anscheinend nicht möglich. "Die sahen lecker aus.", murmle ich ein wenig niedergeschlagen. "Und wenn es so gut aussieht, dann ist es meistens so, dass es gut schmeckt. Ich kann mich ja an den Geschmack der einzelnen Komponenten erinnern! Und ich kann sie irgendwie zusammenpacken und es mir vorstellen... Aber es ist eben nie das gleiche, als wenn man es wirklich schmeckt. Ich kann die Textur in meinem Mund spüren. Aber nicht, ob es süß ist, oder salzig. Bitter oder sauer. Das ist einfach nicht mehr drin."
Stille. Nichts mehr schmecken zu können... das war für mich eine riesige Umstellung. Du beißt in einen Apfel rein und weißt, wie er schmecken sollte! Aber du hast nur die Tastatur. Du lutscht ein Bonbon und weißt, dass das süße einfach nur wahnsinnig ist! Aber nein. Es ist, als würdest du einen geschmacklosen Stein lutschen. Du trinkst Cola und weißt, dass das Zeug nach Chemie schmeckt! Aber alles was ist, ist das prickeln auf der Zunge wegen der Kohlensäure und dieses komische Gefühl auf den Zähnen. Es ist enttäuschend, deswegen kann ich essen, was ich will. Und ist es normalerweise noch so ekelhaft. Solange ich es nicht rieche, was ja noch funktioniert, kann ich es auch nicht schmecken.
"Zeig mir mal deine Zunge.", meint er plötzlich und ich lehne mich zurück. Strecke ihm die Zunge raus und seine Augen werden kurz groß. "Ich hab mich schon gefragt, wo du das hast. Aber... sieht nicht schlecht aus." Seufzend ziehe ich die Zunge wieder zurück und schließe meinen Mund. "Komm. Es wird kalt, auch wenn es Sommer ist. Und ich brauche eindeutig einen neuen Hoody." Ich runzle die Stirn, als er mir die Kapuze zeigt. Die Kugel, die ich abgeschossen hatte, ist ganz knapp an seinem Ohr vorbei gezischt und hat ein gutes Stück Stoff aus der Kapuze gerissen. "Oh Fuck... Scheiße... Das tut mir leid!", hauche ich und mir wird klar, dass ich ihn fast umgebracht habe! Doch er schüttelt nur den Kopf. "Egal. Such deine Pistole und dann sollten wir zurück." Ich nicke und stehe auf. Helfe ihm, auf die Beine zu kommen, nehme mein Handy und habe die Waffe gleich gefunden. Diese sichere ich erst einmal, stecke sie zurück in das Halfter und springe dann einfach auf Brians Rücken. Verschränke meine Beine an seinem Bauch und lege meine Arme um seinen Hals. Er wankt kurz, lacht dann aber. "Hey... Ich bin kein Packesel!", meint er, trägt mich aber durch den Wald und zur Villa zurück.
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The 4th Proxy
FanficNach dem Anfang ihrer Ausbildung, begann auch ein neues Leben. Aber anders, als man vielleicht denkt. Alexandra wollte sich ihres nehmen. Und das, ihrer gesamten Familie. Ihre Eltern und ihre Brüder überlebten das Gift nicht, welches sie ihnen verab...