Kleiner Spaziergang

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Als ich aufwache ist es hell und ich drehe mich auf den Rücken. Strecke mich gähnend und sehe noch ein wenig müde an die Decke. Ich höre von draußen die Vögel zwitschern und taste nach meinem Handy, welches ich hoch hebe und auf die Uhr sehe. 20 Minuten vor 10. Guter Schlaf. Das Handy lege ich wieder auf das Nachtkästchen und stehe auf. Strecke mich dort noch einmal und gehe dann ins Bad. Das Spiegelbild lässt mich meine Augenbrauen hoch ziehen. Die Haare fettig, Augenringe... Also entscheide ich mich spontan dazu, einfach zu duschen. Das heiße Wasser entspannt noch einmal und ich lasse es über mich laufen. Shampooniere mich zwei Mal ein und wasche wieder alles ab. Einmal rasieren und schon kann ich mich der Welt fast wieder zeigen. Aus der Dusche raus, rubble ich meine Haare kurz und trockne dann meinen Körper, ehe ich einen Handtuchturban trage und so gleich meine Zähne putze und die morgendliche Toilette hinter mich bringe.

Ich ziehe mir frische Sachen an. Wieder eine lange dunkelgraue Jogginghose und ein nun passendes schwarzes T-Shirt, über ebenfalls schwarzer Unterwäsche und schwarzen Socken. Die schwarzen Stiefel noch an und die schnallen zu. Das Handy in der Hosentasche, die Haare einmal kurz durchgebürstet, bin ich fertig und mache noch das Fenster auf, ehe ich aus meinem Zimmer gehe. Ich will einfach nur ruhig in den Tag starten. Vielleicht ein bisschen draußen unterwegs sein. Allein. Aber da muss ich dem Boss auch erst mal Bescheid geben. Das darf ich nicht vergessen. Von unten kann ich jetzt schon ein bisschen was an rumoren hören und will nicht. Aber unten ist die Küche. Und ich brauche Frühstück. Als ich die Treppe runtergehe, ist es der normale Wahnsinn. BEN wird, wie früher, einfach von Jeff gejagt. Sally und Jane sitzen auf der Couch und spielen irgendetwas und Helen ist in der Küche am Frühstücken. Die weiße Maske hat er neben den Teller gelegt.

Mit einem leisen: "Morgen...", brumme ich mir meinen Weg zum Kühlschrank und hole aus diesem die Marmelade. Schalte die Kaffeemaschine ein, die Stimmen in meinem Kopf reden für ein paar Minuten wild durcheinander und ich versuche nicht einmal, sie zu verstehen. Das würde mir nur Kopfschmerzen bereiten. Im wahrsten Sinne des Wortes. Dann habe ich die nächste Stunde erst mal keinen Bock auf irgendwas, sitze in der Ecke und versuche alles, damit mein Schädel nicht buff macht. Zwei Mal Toast in den Toaster, runterdrücken, Kaffee auswählen, Tasse drunter, reinlaufen lassen, währenddessen noch Nutella holen, Teller herrichten, Messer holen, Toast aus Toaster holen, bestreichen, Kaffee holen, Messer abspülen, hinsetzen und Frühstück genießen. Für mich ist das gerade irgendwie gemütlich. Ein guter Morgen.

Dir auch einen guten Morgen, Alexandra. Slendermans Stimme taucht in meinem Kopf auf und ich drehe diesen, bis ich den weißhäutigen sehe und leicht lächle. "Morgen. Ich bin heute wieder draußen. Allein. Ja, ich werde schon lernen..." Mein Boss dreht seinen Kopf zu mir und legt diesen schief. Ist gestern etwas passiert? Meine Stille und mein Blick auf die Seite lassen ihn gedanklich seufzen. In Ordnung. Du willst nicht darüber reden. Aber nicht zu lange! Und setz dich mit deinen Lehrern in Kontakt, sodass sie dir alles Benötigte schicken. Das leitest du an mich weiter und ich kann es ausdrucken. Nickend stimme ich ihm zu und esse weiter. Als ich mich ein wenig umsehe, kann ich weder Toby, noch Brian oder Tim sehen. Und einer von denen ist normalerweise IMMER hier unten.

Bevor ich etwas sagen kann, wird mir die Antwort schon mitgeteilt. Ich habe einen Auftrag gehabt. Eigentlich sollten alle Proxys daran teilnehmen. Aber dich habe ich ausgeschlossen. Du musst lernen. Ich bedanke mich stumm und ziehe mir meine Mauer auf. Denn anscheinend war ein gewisser Herr mal wieder in meinen Gedanken. Gemütlich und ohne irgendeine hast, trinke ich den Kaffee aus, esse mein Frühstück fertig, unterhalte mich kurz mit Helen, der dann aber schnell wieder abhaut, weil es ihm nicht gut geht und ich ihm besorgt hinter her blicke. Soweit ich es mitbekommen habe, ist er schon seit ein paar Tagen krank und heute scheint es das erste Mal gewesen zu sein, dass er etwas in den Magen gebracht hat. Magen-Darm kann ekelhaft sein. Ich nehme nur seinen Teller und seine Tasse und spüle sie mit meinem Zeug ab, da ich eh gerade dabei bin.

Nach dem Abspülen verziehe ich mich kurz in mein Zimmer, schreibe meine Lehrer an und frage, ob sie mir alles schicken könnten, was sie für die Abschlussklasse brauchen. Erst dann hole ich mir meine Kopfhörer und überlege kurz. Soll ich, oder soll ich nicht...? Mit einem zucken meiner Schultern nehme ich meine Pistole mit. Unbewaffnet nach draußen gehen? Zwar ist mit Zalgo ein wackliger Frieden im Moment ausgemacht, aber man kann nie wissen, welcher Idiot sich entweder nicht daran hält, oder was da sonst noch draußen kreucht und fleucht. Mit einem: "Ich bin mal draußen.", gehe ich an meinem Boss vorbei und raus aus der Villa. Tief atme ich die frische Luft ein und schließe kurz meine Augen. Zum Mittagessen rufe ich dich nur einmal! Ich schmunzle. Jetzt mal ernsthaft. Wer verpasst freiwillig ein Mittagessen von Slenderman? Niemand!

Unter den Stiefeln gibt das weiche Moos nach und ich stecke die Kopfhörer in die Ohren. Hin und wieder bricht die Frühlingssonne durch das Blätterdach und wärmt für einen kurzen Moment, ehe es wieder schattig und kühl wird. Tiere spielen um mich herum ihre kleinen Spielchen. Eichhörnchen laufen die Bäume rauf und runter. Insekten summen in der Luft herum. Vögel machen sich aus dem Staub, wenn ich ihnen zu nahe komme. Ein leichter Wind frischt das Ganze noch einmal auf, ehe er sich wieder legt und ich nicht wirklich auf den Weg achte. Mit meinem Kopf bin ich irgendwie gerade bei Brian. War das wirklich eine gute Idee? Es ist doch auffällig, wenn es jetzt nur nach diesem einen Treffen dazu gekommen ist, dass wir ein Pärchen sind, oder nicht? Hätten wir das nicht besser überdenken können? Denkt er jetzt, dass ich verrückt sei? Aber er hat ja zugestimmt... also kann es nicht schlimm sein, oder?

Als ich mich aus meinen Gedanken reiße, sehe ich mich um. Irgendwie kommt mir der Weg erschreckend bekannt vor. Stirnrunzelnd nehme ich einen Kopfhörer aus dem Ohr und habe somit nur noch einen drin. Woher kommt der mir- Die Frage löst sich in Luft auf, als ich aus dem Wald breche und eine kleine Lichtung betrete. Verwirrt bleibe ich stehen und Blicke auf den kleinen Wasserfall. Der gleiche, bei dem ich gestern saß und bei dem Brian mich gesucht hat als es hieß, dass ich verschwunden sei. Unterbewusstsein... warum hast du mich hier her gebracht? Leicht amüsiert schnaubend setze ich mich wieder in Bewegung. Gehe zu dem Platz, an dem ich gestern auch saß und pflanze mich dort hin. Lehne mich vollständig gegen die kleine Steinwand und bekomme dieses verdammte Lächeln nicht aus meinem Gesicht, während die Musik immer noch aus einem Kopfhörer in mein Ohr dröhnt. 

The 4th ProxyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt