Was, wäre, wenn...?

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Slenderman ist erst einmal skeptisch, was die Beziehung angeht. Vor allem, da diese vorher so einige Probleme bereitet hat. Also setzt er sie erst einmal auf Probe. Zwei Monate Probezeit. Brian und ich geben uns einverstanden. Wir sehen kein Hindernis in unserer Beziehung. Wir töten weiterhin, erledigen die Aufgaben von ihm und machen alles zu seiner Zufriedenheit. Die zwei Monate gehen schneller rum, als wir glauben und wir kriegen die offizielle Zustimmung von unserem Boss, da sich unsere Arbeitsmoral sogar verbessert habe. Mit Jeff, Clocky, Jack und Toby bin ich wieder auf dem alten grünen Zweig und Brian lässt sich zwar hin und wieder mal blicken, unternimmt aber sonst eher was mit Tim. Der sich nach den paar Versuchen, ihn in die Gruppe zu integrieren, nicht wirklich wohl gefühlt hat.

"Weniger Wissen ist manchmal mehr...", flüstere ich meinem Opfer zu und schlitze dem Mädchen die Kehle auf. Während es verzweifelt strampelt und nach Hilfe rufen will, ziehe ich die Maske runter und strecke ihr grinsend die Zunge raus. Sie kennt das Zeichen. Ich lasse ihren Mund los und richte mich auf. Ihr Mund formt noch ein: 'Proxy', ehe sie überraschend schnell das Bewusstsein verliert und ich zufrieden über ihr Knie. Die Maske ziehe ich wieder hoch und wische das Messer an ihrer Kleidung ab, stecke es weg und stehe auf. Das Fenster zum Garten hin stand die ganze Nacht über offen und ich konnte mittags ohne Probleme reinklettern. Und ja, ich töte nun auch untertags. Schnell springe ich auf das Fensterbrett und ziehe mir die Lederhandschuhe über. Wenn man schon klischeehaft über einen Baum rein kommt, kommt man auch klischeehaft über einen Baum wieder raus.

Ich springe und fange mich selbst auf, indem ich einen Ast greifen kann und an diesem kurz schwinge, ehe ich los lasse und auf dem Boden aufkomme. Die Handschuhe, welche mir einfach nur dabei geholfen haben, keine Splitter zu bekommen oder Spuren zu hinterlassen, ziehe ich aus und gebe sie Tim. "Geniale Dinge. Ich glaub, ich brauch auch solche!", sage ich und er nickt. "Ziemlich praktisch, was?" Tim und ich verstehen uns immer besser und werden so etwas wie Freunde. Nicht so gut, wie es bei meinen Leuten der Fall ist. Aber es herrscht kein peinliches schweigen, wenn wir alleine irgendwo unterwegs sind. "Wo hast du die gekauft?", frage ich und wir gehen die Straße entlang. "Amazon. Ich kann dir den Link schicken. Gibts glaube ich auch für Damen." Grinsend nicke ich. "Perfekt!"

Slenderman holt uns ab, wir geben den Bericht zum Besten und auch er ist zufrieden. Bis zum nächsten Auftrag können Tage oder Stunden vergehen. Mal sehen. "Nachher bei mir?", frage ich den braunhaarigen und er denkt kurz nach, ehe er nickt. Ich habe ihn zur Switch gebracht. Wir sind noch in der Anfangsphase mit Mariokart und Pokémon, aber ich krieg ihn noch dazu, selbst ein wenig zu zocken. Aber wer das eben genannte ein wenig spielt... der wird automatisch in die Tiefen eines Gamers gezogen. Und bald wird ein neuer Gamer schlüpfen. Wie Yoshi aus dem Ei. Man muss nur Geduld haben. In meinem Zimmer angekommen, richte ich schon mal Mariokart her und hole die Controller raus. Schalte Musik beim PC ein und Tim braucht nicht lange, bis er da ist.

Zwei Stunden können wir allein ein wenig fluchen und uns gegenseitig neue Schimpfwörter beibringen, bevor es klopft und BEN reinkommt. Mit seinem eigenen Controller. Also gibts jetzt Switch zu dritt. Dann dauert es noch ein paar Minuten und Jeff, der BEN wegen irgendwas braucht, kommt rein. Ohne zu fragen, klaut er sich den zweiten Controller von BEN's Switch und nach ein wenig Gestreite sind wir jetzt also zu viert. In meinem kleinen Zimmer. Als dann Jack rein kommt und zwar nicht mitspielt, aber da bleibt, reichts. Wir wandern alle nach unten in das Wohnzimmer, holen Stühle aus der Küche und da es laut ist, gelacht und geflucht wird, kommen natürlich immer mehr nach unten, um nachzusehen, was los ist.

Schlussendlich sind fast alle da, wir haben Teams gemacht und ein Turnier aufgestellt. Selbst Slenderman versucht es, gibt aber schnell auf. Er findet es nicht richtig, dass er nicht im Ziel stehen bleiben kann und dann WENN er über die Ziellinie fährt, angeblich vor allen anderen, dann nicht erster wird. Sondern gerade mal die erste Runde so wirklich begonnen hat. Aber er muss ja eh noch irgendwas machen. Gewonnen hat das Team von Brian und Tim. Ich bin mit Jeff zweite und BEN ist durch das aufkommen, dass er gecheated hat, disqualifiziert worden. Dritter sind Jane und Sally geworden, die überraschend gut damit umgehen können! Ob sie das schon vorher mal gespielt haben? Eigentlich wollten wir nur die erfahrenen gegen die erfahrenen machen, damit das nicht unfair wird. Aber... die beiden haben ziemlich rasiert.

Die Kontrolle über die Konsole überlasse ich BEN. Zwar ist er nicht ganz so eng mit mir befreundet, aber was Konsolen angeht einfach ein halber Gott. Und er passt auf alles Elektronische auf, als wäre es sein eigenes. Dahingehend kann man ihm voll und ganz vertrauen. "Schick mir noch den Link, Tim!", rufe ich ihm zu und er nickt. Hat es aber wahrscheinlich nicht mitbekommen, weil er dabei ist, Sally in die Schranken zu weisen. Oder zumindest versucht er es. Sie ist verdammt gut. Ich mache eine Pause, hol mir was zum Trinken aus der Küche und gehe raus. Setze mich einfach auf die kleine Veranda und sehe nach vorn in den Wald, der ein gute 50 Meter entfernt ist. Mein Leben... wäre es damals ein Fremder gewesen, der im Wald war... ich hätte mich umbringen lassen. Ich hätte alles weggeschmissen, was ich jetzt habe. Familie. Freunde. Brian. Alles.

"Du hast schlechte Laune ohne mich?", fragt eine bekannte Stimme und ich drehe meinen Kopf. Brian setzt sich neben mich und ich gebe ihm einen Kuss, ehe ich meinen Kopf an seine Schulter lege. "Keine schlechte Laune. Nur das darüber nachdenken was passiert wäre, wenn es damals nicht du gewesen wärst, der mir die Waffe an den Schädel gehalten hat. Sondern jemand fremdes. Mein Hirn wäre überall verteilt gewesen und ich hätte dich nie so kennengelernt, wie es jetzt ist." Brian legt einen Arm um mich und drückt mich an sich. "Was, wäre, wenn... das Spiel spielen wir nicht. Sonst wäre ich schon oft die Szene durchgegangen, als DU mir fast den Schädel weggepustet hast. Ein paar Zentimeter weiter links und es wäre vorbei gewesen."

Seufzend nicke ich. "Wenn ich ehrlich von Anfang an gewesen wäre...", murmle ich und er gibt mir einen Kuss auf die Stirn. "Und wenn ich ehrlich gewesen wäre, nach der Party. Wir hätten uns so viel sparen können." Ich lächle und kann aus dem Augenwinkel erkennen, dass er die Kette trägt, welche ich ihm zu seinem Geburtstag geschenkt habe. Er wollte anfangs gar nichts. Aber ich habe gespart und hin und wieder mal was von unseren Opfern abgezogen, um mir das leisten zu können. Ein kleiner Rubin. Ich hab's wohl mit Ketten und Geburtssteinen. Wenn er schon im Juli Geburtstag hat... Aber während vorn, auf dem Silber um den Rubin herum, sein Geburtsdatum eingraviert ist, ist auf der Rückseite das Datum eingraviert, an dem wir offiziell zusammen gekommen sind. Kitschig? Vielleicht. 

The 4th ProxyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt