Kapitel 14 - Amanda

1.4K 105 2
                                    

Ich sah auf Adens letzte Nachricht. Bis die Tage? Hieß das, er wollte wirklich weiter in Kontakt bleiben? Nicht auszumalen, was Victoria morgen dazu sagen würde. Kopfschüttelnd legte ich das Handy auf die leere Bettseite links neben mich und rutschte herunter, um mich unter meine Decke kuscheln zu können. Kurz drehte ich mich zur Seite, machte die Lampe auf meinem Nachttisch aus und vergrub mein Gesicht in meinen Kissen.

Doch wider Erwarten, konnte ich nicht sofort Einschlafen. Meine Gedanken kreisten um Caiden O'Neill, das Interview und sehr oft auch um Aden. Es waren mehr Fragen als Gedanken, die mir immer wieder durch den Kopf schossen. Doch eigentlich war es nur eine Frage, warum ich nicht sofort einschlafen konnte. Wieso nagte tief im hintersten Teil meines Kopfes die Tatsache an mir, dass Aden mich nur angeschrieben hatte, weil er sein schlechtes Gewissen beruhigen wollte? Irgendwann übermannte mich der Schlaf dann doch. Dennoch hatte ich nicht das Gefühl in meinen Träumen weniger an Adens rätselhaftes Verhalten denken zu müssen.

Stöhnend zog ich die Decke über meinen Kopf, als ich ein Klingeln hörte. Nachdem es irgendwann verstummt war, seufzte ich erleichtert und wollte gerade wieder in meinen Träumen versinken, als es erneut ertönte. Genervt rollte ich mich zur Seite und tastete nach meinem Handy, als ich es fand, nahm ich fast blind den Anruf an.

„Amy?" Mit einem Mal saß ich aufrecht im Bett. Es war nicht der Spitzname, den nur mein Bruder verwendete, der mich so hatte aufschrecken lassen, sondern seine Stimmlage.

„Noah! Was ist los?"

„Grandpa hatte heute Nacht einen Herzinfarkt."

Oh Gott. Oh Gott. Oh Gott oh Gott oh Gott. Nein!

"Ist er...?" Ich brachte es nicht fertig, die Frage auszusprechen.

„Nein. Es geht ihm na ja. Es ging ihm schonmal besser, aber er ist nicht gestorben, Amy."

Zitternd seufzend atmete ich vor Erleichterung aus. Dem Himmel sei Dank. „Wo ist er?", fragte ich, während ich die Decke wegtrat und aus dem Bett sprang. „Ich mache mich sofort auf den Weg!"

„Du musst nicht sofort kommen, Amy. Ich wollte nur, dass du Bescheid weißt."

Was hieß hier, ich musste nicht sofort kommen? Grandpa hatte einen Herzinfarkt gehabt. Natürlich würde ich sofort und auf der Stelle mich auf den Weg machen, um ihn zu besuchen. Noah konnte mir erzählen was er wollte, ich würde aber erst dann glauben, dass es ihm einigermaßen gut ging, wenn ich es mit eigenen Augen gesehen hatte.

„In welchem Krankenhaus ist er?", fragte ich, ohne auf seinen Einwand einzugehen. Noah seufzte. Dieses eine Geräusch reichte aus, um mir zu zeigen, dass er den Kürzeren hier ziehen würde, ganz egal wie lange sich dieses Gespräch noch hinauszögern würde. Daher nannte er mir den Namen des Krankenhauses und die Zimmernummer. Ich schrieb schnell alles in mein kleines Notizbuch, damit ich es wegen der Hektik nicht wieder vergaß.

„Ich mache mich gleich auf den Weg", sagte ich, was mein Bruder nur mit einem Brummen erwiderte, ehe ich auflegte und zog mich innerhalb von einer Minute an. Dann schnappte ich mir meine Handtasche und den Notizblock, schmiss mein Handy noch schnell in die Tasche und war auch schon einen Augenblick später aus der Wohnung. Auf der Straße angekommen, stellte ich fest, dass es gerade dämmerte, was nur bedeuten konnte, dass es noch nicht mal sechs Uhr früh war. Ich holte mein Handy wieder aus der Tasche und bestellte mir ein Taxi. Leider kam zwischendurch niemand ganz zufällig genau hier vorbei und hätte mich mitnehmen können. Alles in mir war in Aufruhr. Grandpa durfte noch nicht gehen. Dafür liebte ich ihn zu sehr.

Das Taxi kam fünf Minuten, nachdem ich das Handy wieder in meine Handtasche zurückgesteckt hatte. Ich sprang auf dem Rücksitz und bat dem Fahrer zum Krankenhaus zu fahren, dass Noah mir genannt hatte. Die Fahrt dauerte ewig. Nicht, weil der Verkehr so dicht war. Die Straßen waren verhältnismäßig leer. Doch das Krankenhaus lag fast am anderen Ende der Stadt, was weder meinem Geldbeutel noch meiner nicht vorhandenen Geduld alles andere als guttat. Meine Gedanken kreisten immer noch nur darum, dass Grandpa nichts zustoßen durfte. Dass ich ihn jetzt nicht verlieren durfte. Ich liebte Grandpa. Ich war immer seine kleine Amanda gewesen. Das war ich heute immer noch. Wessen kleine Amanda wäre ich dann noch, wenn er nicht mehr da war?

Color of your VoiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt