Kapitel 44 - Amanda

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Am nächsten Morgen stand ich gegen halb neun vor der Firmenzentrale von LondonPowers, einem alteingesessenen Unternehmen, das im Energie-Sektor tätig war. Seit mehreren Jahren gehörte das Unternehmen zu den führenden Anbietern im Bereich Energieversorgung. In den letzten Jahren hatte sich das Unternehmen vor allem auf erneuerbare Energien im Wind- und Wasserbereich spezialisiert. Es war ein lang umstrittener Kampf gewesen, der über Jahre hinweg immer wieder einmal in der Presse für Wirbel gesorgt hatte. Doch damals sind Welten aufeinandergetroffen. Oder besser gesagt Generationen. Die alteingesessenen Direktoren wollten nicht von ihrem Kurs abweichen. Viele Manager, vor allem die Jüngeren, hatten aber andere Pläne. Letzten Endes hatte sich die Führungsebene verabschieden müssen. Es gab viele Wechsel auf den oberen Ebenen, doch das sorgte letztlich dafür, dass LondonPowers noch immer einer der Marktführer am britischen Markt war. Denn Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz nahmen immer mehr an Bedeutung zu.

Das Firmengebäude von LondonPowers war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ein traditionelles Backsteingebäude, das grau gestrichen war. Es gab mehrere Erker-Fenster auf jeder Etage, was dem Haus einen sehr alten Charme verließ. Außerdem wirkte das Spitzdach mit den braunen Ziegeln auch alt, aber dennoch gepflegt.

Ich wusste, dass in diesem Gebäude nur ein Bruchteil der Mitarbeiter saß, aber es dennoch als Firmenzentrale angesehen wurde, da hier alles angefangen hatte. Auf der einen Seite gefiel mir der Gedanke, an etwas festzuhalten und etwas mit Bestand zu schaffen. Auf der anderen Seite fragte ich mich, ob ein Umzug in ein moderneres Gebäude dem Unternehmen nicht auch hinsichtlich eines moderneren Images helfen würde. Ich zuckte mit den Schultern. Heute war ich nicht hier, um mir Gedanken um die Firmenpolitik des Unternehmens zu machen. Ich straffte meine Schultern und trat auf die dunkelbraune Doppeltür aus Holz zu. Bevor ich nach einer Klingel oder Ähnlichem suchen konnte, gingen die Türen von allein auf und ich fand mich im nächsten Moment in meinem etwas verwinkelten Eingangsbereich wieder. Hinter der Rezeption stand eine junge Frau auf, die ungefähr in meinem Alter sein musste. Lächelnd trat ich auf sie zu. Sie erwiderte mein Lächeln und wartete geduldig, bis ich bei ihr war.

„Willkommen bei LondonPowers. Wie kann ich Ihnen helfen?"

„Guten Tag. Mein Name ist Amanda Davies. Ich würde gerne mit Daniel Atkinson sprechen."

„Haben Sie einen Termin mit Mr. Atkinson?"

„Leider nicht. Aber ich bin eine Bekannte und hatte gehofft, er könnte mich zum Start in den Tag kurz zwischenschieben. Es wird auch nicht lange dauern", versprach ich und hoffe, mit meinem offenen Lächeln die Office-Mitarbeiterin für mich zu gewinnen.

„Gut Miss Davies. Lassen Sie mich sehen, was ich machen kann. Nehmen Sie doch kurz in unserem Besucherraum Platz." Sie deutete auf eine offene Flügeltür, zu ihrer Rechten. Ich bedankte mich und trat in den Nebenraum, der über einen der Erker verfügte, die ich von Außen gesehen hatte. Ich setzte mich auf das cremefarbene Sofa und scrollte durch die aktuellen Nachrichten, um mich ein wenig abzulenken.

Gestern hatte ich noch vollkommen entschlossen geklungen und hatte die Idee gut gefunden, das Gespräch mit Daniel zu suchen. Heute war ich mir da nicht mehr ganz so sicher. Ich war nervös und das nervte mich, denn Nervosität war ein Gefühl, was ich nicht kontrollieren konnte. Ganz gleich welche Techniken ich anwandte.

Schneller als erwartet hörte ich Schritte und als ich aufsah, traf ich auf Daniels überraschten Blick, als er mich auf dem Sofa entdeckte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich Sie so schnell wiedersehen würde." Daniel blieb ein paar Schritte vor dem Sofa stehen. Ich stand auf, um den Kopf nicht in den Nacken legen zu müssen. Mein Ziel war es, dass Daniel und ich uns auf Augenhöhe trafen. Da war eine sitzende Position nicht von Vorteil.

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