Kapitel 15 - Caiden

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Ich war doch ins Büro gefahren. Auch wenn ich ursprünglich einen anderen Plan gehabt habe. Do, da sich sonst die Arbeit nur unnötig stapeln würde, hatte ich es mir anders überlegt. Als ich halb acht im Büro war, konnte ich eine ganze Stunde, still vor mich hinzuarbeiten, ehe meine Sekretärin hereinkam, um mit mir den Tagesablauf durchzugehen. Wir waren fast am Ende der Tagesaufgaben, da erst fiel mir auf, dass sie nicht das Interview mit Amanda erwähnt hatte. Den Grund erfuhr ich direkt einen Augenblick später, als sie sagte, dass Amanda das Gespräch auf morgen verschoben hatte. Einen Grund hatte sie nicht genannt, nur, dass ihr etwas dazwischengekommen war.

Die Enttäuschung, die sich kurz darauf in mir ausbreitete, kam vollkommen überraschend. Für meinen Moment war ich versucht, ihr als Aden zu schreiben und zu fragen, was sie heute machte. Ich verkniff es mir jedoch. Das wäre nicht fair. Und ich wollte ihr auch nicht hinterherspionieren. Nun ja, vielleicht hatte ihr ihr gestern als Aden geschrieben, weil ich sie besser kennen lernen wollte, aber das fiel sicherlich noch nicht unter Spionage.

Natürlich hatte ich mich auf das Gespräch mit Amanda gefreut. Ich hatte mich gefragt, welchen neuen Charakterzug ich heute entdecken würde. Doch ich war noch nie jemand gewesen, der unvermeidlichen Dingen hinterhertrauerte. Also konzentrierte ich mich auf meine Arbeit, las mir die neusten Beschlüsse der Mitgliederversammlung durch und machte mich danach daran, mir die Entwürfe der neuen Spenden-Kampagnen anzusehen. Trotzdem wanderten meine Gedanken immer mal wieder zu Amanda und damit unwillkürlich zu der Frage, ob sie überhaupt eine Sekunde lang an mich dachte. Schockiert darüber, dass ich mich wie eine klammernde Frau aufführte, verwarf ich jeden weiteren Gedanken, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde der Name Amanda in meinem Kopf auftauchte.

Kurz vor Mittag wurde ich schließlich unterbrochen, als es an der Tür klopfte. Noch ehe ich reagieren konnte, ging sie auf uns ich sah mich Samantha Murphy gegenüber. Verdutzt sah ich sie einen Moment lang nur an, ehe ich mich an meine Erziehung erinnerte und aufstand.

„Samantha, das ist eine Überraschung", begrüßte ich sie. Rogers Tochter nickte, strich ihr schwarzes Haar hinter ein Ohr und kam auf mich zu. Ich reichte ihr meine Hand und sie erwiderte den Händedruck. „Caiden. Wie geht es dir?" Wir nahmen Platz.

„Es gibt viel zu tun, aber ich glaube, dir brauche ich nicht zu erzählen, wie viel Arbeit", erwiderte ich mit einem schiefen Grinsen. Samantha und ich waren uns nicht sehr häufig begegnet. Nach jedem Treffen hatte ich mich gefragt, wie ich diese Frau beschreiben sollte. Doch es fiel mir schwer, ihren Charakter einzuschätzen. Sie wirkte immer sehr zugeknöpft und steif. Manchmal sogar etwas hochnäsig und aalglatt. Auf der einen Seite suchte sie nach Möglichkeiten, tauben und stummen Menschen zu helfen. Dann aber schienen ihr Luxus und Geld wichtiger als alles andere zu sein. Ich war mir manchmal nicht sicher, ob die Hilfe für die Menschen nur dazu diente, um ihr diesen Luxus zu finanzieren. In anderen Momenten jedoch war ich dann wieder voll und ganz davon überzeugt, dass sie ein guter Mensch sein musste. Diese Frau strahlte so viel unterschiedliche Signale aus, dass es mich ehrlich verwirrte. Die Männer, mit denen Sie sich traf mussten es schwer haben.

Samantha lächelte ebenfalls. „Ja. Da es gerade etwas schwerfällig läuft, sind wir alle sehr angespannt. Wir versuchen uns aber nicht unterkriegen zu lassen. Ich bin eine Murphy und eine Murphy lässt sich nicht einschüchtern." Dem konnte ich nur zustimmen. Ich war mir sogar ziemlich sicher, dass Samantha in manchen Momenten einschüchternd wirken konnte. Dennoch war ich der festen Überzeugung, dass eigentlich ihr Bruder Maximilian der war, den man im Auge behalten musste. Im Gegensatz zu Samantha, die sich stets kultiviert, wenn auch reserviert gab, schien es Maximilian nichts auszumachen, dafür zu sorgen, dass sich die Menschen um ihn herum schlecht fühlten. Er wirkte sehr auf sich selbst bezogen, während Samantha die Familie Murphy sah. Kümmerte sie sich also um ihren Bruder, schien der sie nicht mal wirklich zu mögen.

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