Kapitel 27 - Caiden

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Amanda: Wir treffen uns um 11 Uhr vor dem Dungeon. ;) Bis morgen!

Zum gefühlt hundertsten Mal grübelte ich über Amandas letzte Nachricht. Zwar hatte ich mit einem lockeren „Alles klar" geantwortet, war mir aber nicht sicher, warum sie ausgerechnet ein Gruselkabinett für ein Date ausgesucht hatte. Davon abgesehen, dass Amanda noch immer dachte, ich sei taub. Offiziell konnte ich die Schauspieler also gar nicht hören. Trotzdem stand ich 10:45 Uhr vor dem Dungeon und nahm am Rande die Menschen wahr, die an mir vorbei liefen, um zum London Eye oder in die andere Richtung zu gehen.

Es nieselte leicht, aber das störte mich nicht. Über meinem schlichten grauen Hemd trug ich eine schwarze Pilotenjacke, die die paar Wassertropfen vertragen konnte. Für Großbritanniens Verhältnisse war es sogar recht warm. Wir hatten 18 Grad Celsius, was selten im April vorkam.

Einer inneren Eingebung folgend, sah ich auf und betrachtete die Menschen um mich herum genauer. Amanda stand ein paar Meter von mir entfernt und schaute auf ihr Handy. Ich beobachtete sie einen Moment. Sie schien etwas in ihr Smartphone einzugeben, während ich mein eigenes aus der Jeanstasche zog. Schnell schoss ich ein Foto von Amanda und tippte eine Nachricht ein. Bevor ich sie versenden konnte, kam von Amanda eine Mitteilung bei mir an.

Amanda: Ich bin etwas zu früh. Stehe direkt vor dem Eingang.

Ich schmunzelte und schickte meine Antwort an. Amanda schaute noch immer auf ihr Handy, sodass ihr einige Haarsträhnen ins Gesicht fielen und mir die Sicht versperrten. Sie waren heute gelockt, wie mir auffiel. Erst jetzt merkte ich außerdem, dass sie ein dunkles Kleid mit weißen Punkten trug. Es hatte lange, locker sitzende Ärmel und reichte ihr fast bis zu den Knien. In Höhe der Taille war es schmaler geschnitten, was Amandas schlanke Gestalt betonte. Ich grinste, denn das Kleid stand Amanda sehr gut. Sogar besser als das Abendkleid von der Spendengala. Natürlich hatte sie fabelhaft in dem roten Kleid ausgesehen, aber meinem Geschmack nach, passte ihr der eher mädchenhafte Look und entsprach mehr Amandas Charakter.

Verdutzt sah Amanda hoch und drehte sich einmal im Kreis, während sie die Menschen um sich herum musterte. Scheinbar hatte sie meine Nachricht erhalten. Ich wartete geduldig, bis sie sich fast einmal komplett um ihre eigene Achse gedreht hatte. Schließlich landete ihr Blick auf mir und ich hob zum Gruß die Hand. Amanda biss sich kurz auf die Lippe und kam auf mich zu.

I am watching you? Das klingt als wärst du ein Stalker. Kombiniert mit dem Bild, wirklich gruselig", sagte Amanda. Ich grinste. „Dir auch einen guten Tag."

Amanda blieb zwei Schritte vor mir stehen und schüttelte lachend den Kopf. Dann schloss sie die Lücke zwischen uns, legte mir die Arme um den Hals und gab mir einen zarten Kuss auf die Wange. Vollkommen überrumpelt, verharrte ich ohne Reaktion in der Position und sah Amanda überrascht an, als sie wieder zurücktrat.

Ich schluckte und mahnte mein Herz an, ja keinen Infarkt zu bekommen. Plötzlich fühlte ich mich wieder wie in der Mittelstufe, als mich das Mädchen, auf das ich damals stand, auf dem Schulhof angelächelt hatte. Nur mit dem Unterschied, dass mein Herz nun fast donnernd davon rasen wollte. Diese überzogene Reaktion war doch vollkommen absurd! Ich führte mich auf wie ein Teenager. Bemüht äußerlich gelassen zu wirken, fragte ich daher: „Wofür war der denn?"

Amanda wirkte unverhofft schüchtern und senkte den Blick, als sich eine zarte Röte auf ihrem Gesicht ausbreitete. Ich fühlte mich zurückversetzt an den Abend unseres ersten Gesprächs im Innenhof vom The Landmark London.

Victoria sagte, ich sollte dich zur Begrüßung küssen, um die Fronten zu klären."

Und die wären?", fragte ich wirklich interessiert nach. Hilflos zuckte Amanda mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, ehrlich. Sie hat gesagt ich soll das machen, also mache ich es."

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