Kapitel 24

183 19 7
                                    

Aiden drehte sich in seinem Bett von der einen Seite auf die andere, doch es half nichts. Er konnte nicht schlafen, obwohl er todmüde war. Seufzend schwang er seine Beine aus dem Bett und kämpfte kurz gegen den aufsteigenden Schwindel in seinem Kopf. Als dieser sich gelegt hatte, trottete er ins Badezimmer. Dort wollte er eigentlich nur einen kurzen Blick in den Spiegel werfen und sich dann eine Schlaftablette aus dem Spiegelschrank nehmen. Sein Blick blieb jedoch an seinem Spiegelbild hängen und er betrachtete sich genauer.

June hatte Recht. Aiden war ziemlich blass. Er öffnete den Wasserhahn und ließ etwas warmes Wasser über seine Hände laufen. Er fühlte sich schwach, als hätte er sich eine Erkältung oder ähnliches eingefangen.

Plötzlich überkam ihn wieder ein starkes Übelkeitsgefühl. Bevor Aiden etwas dagegen tun konnte, übergab er sich ins Waschbecken. Keuchend wischte er sich über den Mund. Dann schaute er wieder in den Spiegel und erstarrte, unfähig irgendetwas zu sagen oder zu tun.

Aus dem Spiegel schaute ihm zwar sein Gesicht entgegen, mit den blonden Haaren und den dünnen Lippen, doch seine Augen waren pechschwarz. Nicht einmal das kleinste bisschen Weiß war noch zu sehen. Langsam wanderten seine Finger sein Gesicht hinauf und betasteten die Haut um die Augen herum. Zitternd ließ er sie wieder sinken und taumelte zur Tür. Auf einmal wurde ihm wieder schwindelig. Er sank zusammen und versuchte sich noch am Türrahmen festzuhalten, doch er schaffte es nicht und schlug mit dem Hinterkopf auf die kalten Fliesen.

Die Absätze der jungen Frau klackerten über den Asphalt des Parkplatzes. „Ja, Mutti, ich bin schon auf dem Weg nach Hause. Ich war nur noch mit einer Kollegin etwas trinken.", sagte Sina und hielt sich das Handy ans andere Ohr.

Aus dem anderen Ende der Leitung erklang die Stimme ihrer Mutter. „Sei bitte vorsichtig mein Schatz."

Sina Moore klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter, um mit beiden Händen in ihrer Handytasche nach dem Autoschlüssel suchen zu können. „Ja, Mutti ich passe auf, aber was soll hier schon passieren?", lachte sie und warf ihre blonden Locken in den Nacken, „In dieser Stadt passiert ja nie was."

Sie hörte ihre Mutter am anderen Ende der Leitung seufzen. „Ich weiß, aber sei bitte trotzdem vorsichtig, ja?" Sina lächelte, verdrehte dabei jedoch die Augen, was ihre Mutter am Telefon glücklicherweise nicht sehen konnte. „Ja ich bin vorsichtig Mutti.", antwortete sie dann jedoch, „Ich habe dich lieb."

Sie hörte ihre Mutter am anderen Ende erleichtert aufatmen. Wahrscheinlich war sie froh darüber, dass ihre Tochter Verständnis zeigte. „Ich habe dich auch lieb mein Schatz."

Sina legte auf und steckte das Telefon in ihre Jackentasche. Als sie wieder aufschaute, zuckte sie zusammen. An dem Auto neben ihr lehnte ein Junge, vielleicht achtzehn Jahre, und grinste sie höhnisch an.
„Wer bist du?", fragte Sina und ließ eine Hand wieder in ihre Jackentasche fahren, in der sie nach ihrem Handy tastete. Der Junge kam langsam auf sie zu und packte ihren Arm. Sina schrie und versuchte sich loszureißen, doch der Griff war unerwartet stark. „Lass mich in Ruhe!", schrie sie, „Hilfe!"

Der Junge legte den Kopf leicht schief und schüttelte ihn dann tadelnd. „Na, na, na, wer wird sich denn hier wehren?", fragte er in einer ruhigen, dunklen Stimme, die Sina ihm gar nicht zugetraut hätte. Langsam legte der Junge ihr einen Finger auf die Lippen. „Schsch, alles wird gut.", flüsterte er und verstärkte seinen Griff, sodass Sina die Zähne zusammenbeißen musste. „Du kommst jetzt mit mir. Wenn du dich nicht wehrst, passiert dir auch nichts."

Clairvoyance- Zwillinge Der Hellsicht| #Wattys2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt