Kapitel 32

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Cole hob abwehrend eine Hand. „Moment mal. Sie haben den Dolch gestohlen?" Nicole nickte. „Ja. Ich konnte nicht zulassen, dass die Necromancer ihn in die Hände bekommen. Er ist jetzt die einzige Möglichkeit den Plan zu vereiteln."

Deans Augen weiteten sich. „Jetzt weiß ich es!", rief er. Cole schaute jetzt nur noch verwirrter drein. „Du weißt was?"

Dean verdrehte die Augen. „Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass ich Nicole irgendwoher kenne und jetzt weiß ich es. Ich habe sie von dem Überwachungsvideo wiedererkannt. Ich war nur erst etwas unsicher, da das Video ja verzerrt war und wir Nicoles Narbe erst gar nicht zu sehen bekommen haben. Sie haben sie abgedeckt, um die Narbe zu verstecken, da sie einer der größten Anhaltspunkte ist, um sie zu finden."

Nicole nickte erneut. „Ich habe in der Zeitung gelesen, dass der Dolch gefunden wurde und musste etwas unternehmen.", erklärte sie leicht wehmütig, „Damals bei meinen Nachforschungen bin ich auf uralte Aufzeichnungen gestoßen, die von dem Dolch berichten. Zu dieser Zeit war er verschollen und keiner hat ihm Beachtung geschenkt. Ich bezweifle sogar sehr stark, dass Alexander, Nikolas oder sonst jemand davon wusste.", fügte sie hinzu.

„Die Sekte dachte also, dass von dem Dolch keine Gefahr ausgehen würde, oder sie wussten erst gar nicht davon.", dachte Cole laut nach.

„Als er gefunden wurde, musste ich handeln, bevor irgendjemand davon Wind bekommen würde.", meinte Nicole.

Dean sprang auf. „Also ist der Dolch hier! Sie müssen ihn uns geben."

Nicole zögerte.

„Nicole bitte! Sie wissen was davon abhängt, dass wir den Geisterstein zerstören!", drängte Cole.

„Er darf nicht in falsche Hände gelangen! Wenn das passiert ist alles verloren.", sagte sie mit strengem Unterton.

„Wir werden aufpassen, dass die Necromancer ihn nicht in ihre dreckigen Finger bekommen.", beteuerte Dean, „Vertrauen sie uns."

Nicole seufzte und nickte. „Na schön.", sagte sie leise, „Kommt mit." Langsam stand sie auf und ging aus dem Raum. Cole und Dean schauten sich kurz an, folgten ihr dann jedoch. Nicole führte sie in ein geräumiges Schlafzimmer mit einem großen Doppelbett, auf dem zwei sorgfältig gefaltete Decken lagen. Nicole schien also nicht allein zu leben.

„Sie haben Familie?", fragte Cole um das unangenehme Schweigen zu brechen. „Ja, Mirabelle und ich haben eine Tochter und einen Sohn.", sagte Nicole in Gedanken versunken. Cole blinzelte ein paarmal verblüfft. „Sie sind mit einer Frau verheiratet?", fragte er direkt heraus, „Ich will nicht blöd klingen. Es interessiert mich nur halt...", fügte er noch leise hinzu und schaute zu Boden.

Nicole lächelte. „Du kommst nicht doof rüber. Ja, das war ein weiterer Grund, warum ich von der Sekte abgehauen bin. Homosexualität wird dort nicht gerade gerne gesehen.", sagte sie und drehte sich zu einem weißen Kleiderschrank.

„Das kenne ich irgendwo her.", murmelte Cole kaum hörbar. Nicole hatte ihn nicht gehört, Dean jedoch schon. Ruhig legte er ihm eine Hand auf die Schulter und strich ihm mit der anderen sanft über die Wange, was Cole einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte.

Nicole hatte inzwischen einen geheimen Mechanismus betätigt, der die Hinterwand des Schrankes hatte verschwinden lassen und einen Tresor zum Vorschein gebracht hatte, in den Nicole nun eine lange Abfolge von Zahlen eingab, die sich bestimmt nicht einmal Einstein hätte merken können. Schließlich schwang die Tür des Tresores auf. Nicole griff hinein und ertastete den kleinen Dolch, er in einer Tasche aus Leder steckte.

Sie holte ihn heraus und drehte sich wieder zu Cole und Dean. Deans Hand ruhte immer noch auf Coles Wange. Nicole lächelte. Ein warmes, verständnisvolles Lächeln, dass sich Cole so sehr von seiner Mutter gewünscht hatte. Langsam ließ Dean die Hand von Coles Wange gleiten und drehte sich zu Nicole, die ihm vorsichtig den Dolch übergab.

Dean zog langsam die Tasche von dem Dolch. Unter dem abgeratzten Leder kam zuerst ein schwarzer Griff, geziert von einem silbernen Stein, zum Vorschein und schließlich die silberne Klinge mit den eingravierten Worten >Crede luci< .

Vorsichtig drehte Dean den Dolch in seinen Fingern. Kalt schmiegte er sich in seine Handfläche und jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

„Danke Nicole.", sagte Cole leise, „Sie haben uns wirklich sehr geholfen."

Dean drehte sich zu Cole und steckte den Dolch wieder in die braune Ledertasche, welche er wiederrum kurz darauf in seinem Schulrucksack verschwinden ließ.

„Versprecht mir, dass ihr gut darauf aufpasst und dass ihr den Stein zerstören werdet.", bat Nicole.

Dean und Cole nickten. „Natürlich! Es geht um unsere Freunde.", versicherte Dean. „Um meine Geschwister.", fügte Cole hinzu.

Nicole lächelte erleichtert, als hätte ihr jemand eine große Last von den Schultern genommen. „Ich vertraue euch."

Kurze Zeit später führte Nicole die Beiden wieder zur Tür. Bevor Cole jedoch das Haus verließ, drehte er sich noch einmal um. Er hatte eine wichtige Frage vergessen.

„Wo finden wir die Sekte eigentlich?", fragte er und lehnte sich an den Türrahmen. Nicole erhob den Zeigefinger und bedeutete den Jungen eine Sekunde zu warten, dann verschwand sie wieder im Haus.

Nach einigen Minuten kam sie wieder und drückte Cole eine alte Karte in die Hand. „Die Necromancer treffen sich immer in einer stillgelegten Miene am anderen Ende der Stadt. Sie ist im großen Wald. Sie ist zwischen einigen Büschen versteckt und schwer zu finden, aber ihr werdet es wohl schaffen. Auf der Karte sind auch noch mal die genauen Koordinaten verzeichnet."

„Und was ist noch auf der Karte?", mischte sich Dean ein.

„Die Karte wird euch durch die Miene führen. Sie ist groß und wie ein Labyrinth. Irgendwann werdet ihr auf ausgebaute Gänge stoßen. Auch da werdet ihr die Karte brauchen, um euch zurechtzufinden.", erklärte Nicole.

„Nochmal danke Nicole, für alles.", sagte Cole und schenkte der Frau ein freundliches Lächeln.

Nicole lächelte ebenfalls, doch dann wich das Lächeln wieder einer ernsten Miene. „Passt gut auf euch auf."

Dean nickte ernst. „Werden wir."

Clairvoyance- Zwillinge Der Hellsicht| #Wattys2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt