Kapitel 42

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June sah auf, als sie das Geräusch eines Schlüssels im Schlüsselloch der Tür hörte. Angespannt starrte sie in die Dunkelheit und warteten darauf, dass die Tür sich öffnete, was sie kurz darauf auch tat.

June hatte mit Nicolas Savigen gerechnet, doch die Person, die nun im Türrahmen stand, war nicht der Anführer der Necromancer, sondern Aiden. Zumindest war es Aidens Körper, doch June war sich ziemlich sicher, dass es nicht Aiden war und als die Person näherkam, bestätigte sich Junes Befürchtung. Aidens Augen waren pechschwarz.

„Wie können Sie ihrem eigenen Enkel so etwas antun?", fragte June und verkniff sich die Tränen. Sie wollte sich keine Schwäche anmerken lassen.

Alexander ging um sie herum. Erst jetzt bemerkte June, dass er eine Schere in den Händen hielt. Ihr Körper spannte sich an. Es ging los und ihre Freunde waren sicher schon auf dem Weg. Es würde alles gut gehen.

Wütend drehte sie ihren Kopf zu Alexander, der nun ihre Fesseln durchtrennte. „Ich habe sie gefragt warum sie das tun!" June schrie schon fast. Sie spürte einen Ruck, dann war sie frei. June rieb sich die schmerzenden Handgelenke und funkelte Alexander vernichtend an.

Dieser kniete sich vor sie und schaute sie aus den pechschwarzen Augen an. Aidens Augen, die eigentlich hätten blau sein müssen. „Familie ist zweitranging.", sagte er ruhig, doch June konnte die Anspannung in seiner Stimme hören. „Du hast keine Ahnung wie es auf der anderen Seite ist. Ich will wieder in meinen Körper", zischte er, „und, wenn ich dafür über Leichen gehen muss, auch über die meiner Familie, soll es so sein!"

„Und ich habe ihren Sohn als Scheißkerl bezeichnet.", murmelte June. Alexander griff nach Junes Handgelenk und riss sie hoch.

„Aua!", protestierte June, doch Alexander interessierte das nicht. Er riss sie mit sich aus dem stickigen, dunklen Raum und den Gang entlang, mit alten Fackeln beleuchtet war.

June zappelte und wehrte sich, doch Alexander hielt sie eisern in seinem Griff. „Versuch es gar nicht erst!"

„Aiden bitte!", flehte June, „Ich weiß, dass du noch da drin bist. Wehr dich dagegen!"

Alexander lachte. „Oh, er ist hier drin und er bettelt, er bettelt, dass ich dich gehen lasse, aber das werde ich nicht tun."

„Bitte, er wird das nicht überleben!", schluchzte June, doch sie wusste, dass es nichts bringen würde.

„Da hast du Recht, dass wird er nicht."

„Sie sind ein Monster Alexander!", schrie June unter Tränen. Alexander erwiderte nichts und zog sie unsanft weiter.

Robin leuchtete auf die Karte. Dean schaute sie misstrauisch aus dem Augenwinkel an. „Bist du dir sicher, dass das der richtige Weg ist?", fragte er und drehte sich einmal im Kreis, „Schließlich sieht das hier alles gleich aus. Es wäre keine Schande, wenn du den Weg nicht finden würdest."

Robin verdrehte die Augen und verfolgte den aufgezeichneten Weg auf der Karte mit den Augen. „Wir sind hier richtig!", sagte sie leise und deutete auf einen Gang, der einige Meter weiter nach rechts abzweigte und aus dem ein leichter Lichtschein kam. „Da entlang.", flüsterte sie und winkte ihre Freunde hinter sich her.

Vorsichtig spähte sie um die Ecke und presste sich sofort wieder flach an die Wand. Jack wollte etwas sagen, doch Robin legte schnell einen Finger auf die Lippen und bedeutete ihren Freunden still zu sein. Jack schaute sie fragend an. Robin deutete auf den Gang und formte lautlos Junes Namen.

Jacks Miene war wie versteinert. Leise presste er sich neben Robin an die Wand und spähte vorsichtig um die Ecke.

Sein Herz zog sich zusammen. Er konnte seine Schwester erkennen, die durch den Gang gezogen wurde und um sich trat und der Mann, der sie hinter sich her zog war Aiden, oder zumindest sah er so aus wie er. „Alexander Savigen.", hauchte Jack kaum hörbar.

„Ihr Enkel wird sterben! Interessiert Sie das gar nicht?", hörte er June schreien. Am liebsten wäre er zu ihr gerannt und sie von Alexander befreit, doch er hielt sich zurück. Das würde den Plan verhindern.

Also wartete er, bis die Stimme von June in der Dunkelheit verklungen war. Dann drehte er sich zu seinen Freunden. Auf ihren Gesichtern hatte sich ein ernster und besorgter Ausdruck ausgebreitet, sogar bei Robin und Dean.

„Was machen wir jetzt?", flüsterte Dean.

„Na hinterher!", meinte Jack leise und bog um die Ecke. Die Anderen folgten ihm.

Clairvoyance- Zwillinge Der Hellsicht| #Wattys2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt