13 - Ohren und Karaoke

11 1 0
                                    

Die Bar wird immer voller und der Alkoholpegel immer höher. Tom und Harry schreien sich beinahe an, weil sie sich nicht mehr anders verstehen, Sam hält mir ein Shot-Glas vor die Nase und stößt mit mir an und Louisa und Harrison vergleichen ihre Ohren. Bei den letzten beiden bin ich schon lange ausgestiegen, bei ihrem Thema kann ich nicht mitreden, ich weiß nicht, worum es bei dieser Ohrensache geht.


Da stolpert Harry fast über seine eigenen Füße und stützt sich auf seinen Zwilling. „Was hält ihr von Karaoke?"

„Ja!" Mit einem Quietschen stelle ich das leere Shot-Glas ab und klatsche in die Hände. „Ich bin sofort dabei! Das wird lustig! Los! Trinkt aus! Ich kenne eine Karaokebar, die ist nicht so weit weg von hier! Wir können zu Fuß hingehen!"

Doch Harry hebt abwehrend die Hände. „Moment, das müssen wir alle besprechen. Jeder muss dafür sein! Wie spät ist es überhaupt?"

Ich schnappe mir seine Hände. „Das ist doch egal, Karaoke hat die ganze Nacht offen. Man kann die ganze Nacht singen! Und die anderen sind doch sicher auch alle dafür. Komm, wir gehen einfach! Los!"

Zappelnd schüttle ich Harrys Hände, aber der beugt sich tatsächlich zu Harrison und Louisa, um ihnen den Plan zu erzählen. Zum Glück nicken sie und kurz darauf verlassen wir das Pub.


Draußen auf der Straße bleibe ich an einer Ecke stehen und sehe hinauf zum Himmel. Die Sonne ist schon längst untergegangen und der dunkle Himmel wird von den Lichtern der Stadt erhellt. Ein paar blinkende Punkte sind zu erkennen, es sind Flugzeuge, die den Flughafen ansteuern oder gerade zu einem neuen Ziel aufbrechen.

Ein leichter, warmer Wind geht und ich schließe die Augen, als er mir um den Hals streicht. Es fühlt sich so an, als würde mich jemand ganz leicht berühren und sanft meine Haut küssen. Ein angenehmes Gefühl. Ich breite meine Arme aus, um den Wind noch mehr zu spüren, gefangen in einem kurzen Moment der Geborgenheit von Mutter Natur.


Bis jemand meinen Namen ruft, immer und immer wieder, und mich aus der Trance reißt.

Genervt öffne ich die Augen und sehe Sam, der vor mir einen Hampelmann macht und abwechselnd nach links und rechts deutet. „Rebecca, in welche Richtung müssen wir gehen? Rebecca, in welche Richtung müssen wir gehen? Rebecca!"

Wortlos deute ich über die Straße zu einer Querstraße und Sam sprintet los zum Zebrastreifen, anderen knapp hinter ihm.

Jammernd schlurfe ich hinterher. „Ich habe keine Lust zu laufen..."

Lachend dreht Tom sich zu mir um. „Wir wissen alle, dass du faul bist!"

Beleidigt kreuze ich die Arme vor der Brust, lege aber einen Zahn zu. „Ich bin nicht faul. Ich bin auf Energiesparmodus. Ich spare meine Kraft für Karaoke."

Die andern reagieren auf meine Erklärung nur mit einem Lachen und lassen sich von mir den Weg zur Karaokebar zeigen.

-

Erstaunlicherweise ist die Karaokebar ziemlich leer. Oder sie ist einfach groß genug, sodass wir nicht lange auf einen freien, privaten Raum warten mussten.

Eine Mitarbeiterin stellt sich höflich vor und führt uns an ein paar geschlossenen, bereits besetzten Räumen vorbei, bis sie ein relativ großes Zimmer betritt, mit gemütlichen Sitzmöglichkeiten auf der Seite, der Karaokemaschine in der Mitte und einem großen Bildschirm an der Wand. Im Hauptbereich der Bar kann man Getränke bestellen, aber während ich mit Louisa die Songauswahl der Maschine überprüfe, ordert Tom schon bei der Dame jede Menge Getränke direkt in unseren Raum.


„Ich weiß schon, was ich singen will! Aber ich werde nicht als erstes singen!" Ich trete einen Schritt zurück und wackle übermütig mit dem Hintern.

„Kein Problem." Harrison tritt an die Karaokemaschine. „Tom und ich werden euch zeigen, wie ein richtiger Powerauftritt aussieht!"

„Wie? Was?" So schnell kann Tom gar nicht schauen, hat er auch schon ein Mikrofon in der Hand und wird in die Mitte geschubst.

Lachend tanze ich im Hintergrund und feure die beiden Jungs an, während die anderen drei die bestellten Getränke entgegennehmen und die Show im Sitzen beobachten.


Da in der vorigen Bar schon einiges an Alkohol geflossen ist, ist nun die Stimmung am Höhepunkt. Ein jeder ist total ausgelassen und locker, singt und tanzt und johlt, ein wunderbarer Abend mit der Spidergang.

Schön langsam wird mir heiß und passend zum Rhythmus von einem Lied, das Tom und ich gemeinsam singen, lasse ich die Lederjacke von meiner Schulter rutschen, nur um sie danach komplett auszuziehen und sie Tom an den Kopf zu werfen.

Doch der Junge, der Peter Parker spielt, zeigt sich mal wieder von seiner professionellsten Seite und bewegt sich einfach weiter, obwohl der Stoff sein Gesicht bedeckt. Auf der anderen Seite wundert es mich nicht, da er durch die Maske des Spidermankostüms gewohnt ist, dass er kaum etwas sieht.

Als das Lied aus ist und Tom die Jacke immer noch nicht vom Kopf genommen hat, nähere ich mich ihm kichernd und springe auf seinen Rücken. Normalerweise würde er mich ohne Probleme auffangen, aber die Kombination von eingeschränkter Sicht und ein paar Bier bringt ihn zum Stolpern. Gerade noch findet er sein Gleichgewicht wieder, bevor wir beide in die Wand krachen.

Lachend befreie ich ihn von meiner Jacke und werfe sie achtlos in eine Ecke. „Du bist betrunken."

„Ach, echt?" Tom tut so, als hätte ich ihm die allerneuste Neuigkeit erzählt. Aber gleich im nächsten Moment galoppiert er mit mir am Rücken durch den Raum, als wäre er ein wildgewordenes Pferd.

Vergnügt schleudere ich ein unsichtbares Lasso durch die Luft und „ziehe" damit Louisa von der Bank. Die läuft aber sogleich zur Tür mit der Ausrede, sie müsse aufs Klo. Sofort rutsche ich von Toms Rücken. „Ich begleite dich! Ich muss auch mal!"

Schon verschwinden wir durch die Tür und lassen die vier Jungs alleine in unserem Karaokeraum zurück.


Während Louisa eine halbe Ewigkeit auf der Toilette braucht, betrachte ich mich im Spiegel des Waschraums. Meine Wangen sind durch die Aufregung und des Alkohols aufgeheizt und leuchten in einem satten Rot. Meine blauen Augen stechen dafür umso kontrastreicher durch das Chaos meiner offenen Haare hervor.

Grinsend lehne ich mich näher an die Scheibe. Ich mag meine Augen und ich mag meine Sommersprossen. Außerdem finde ich, dass ich gerade sehr hübsch und heiß aussehe. Mein Grinsen wird etwas breiter. Mein Flirtmodus ist aktiviert.


Ein Klaps auf den Hintern lenkt mich ab. Louisa tritt neben mich und wäscht sich die Hände, während sie mich von oben bis unten betrachtet. Langsam schleicht sich ebenfalls ein Grinsen in ihr Gesicht. „Ich weiß ganz genau, was du gerade denkst." Sie zwinkert mir zu. „Wir finden heute jemanden für dich."

Beschwingt und von mir selbst überzeugt marschiere ich mit Louisa wieder zurück zu unserem Raum. Da deutet mir die Pinkhaarige kurz zu warten, sie hat ihre Tasche in der Damentoilette vergessen.

Gespielt genervt werfe ich die Arme in die Luft und drehe mich im Kreis herum. „Louisa, wiesoooo..." Ich breche ab, als ich gegen jemanden knalle und die Person gegen die Wand stoße. „Oh, Sorry! Das wollte ich nicht!" Erschrocken drehe ich mich um und sehe in das überraschte Gesicht eines jungen Mannes.

Mir klappt der Mund auf. „Jimin?"

Purple Dream [Spiderman x BTS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt