Ray (36)

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Als wir gelandet sind, wartet schon ein Wagen auf uns.
Okay Eddie hat wirklich an alles gedacht.
Nachdem Virgil und ich uns im Flugzeug aneinander gerieben hatten, hat er es sich bequem gemacht und ist eingeschlafen, während ich ihn beobachtet habe.
Die Worte die er mir gesagt hat, die, dass ich keine Schuld habe, an dem was passiert ist, waren für mich wie eine Befreiung. Oft ging mir die Frage durch den Kopf, ob ich es hätte verhindern können was damals passiert ist, wäre ich nur wachsamer gewesen, doch es jetzt aus dem Mund von Virgil zu hören, tat einfach nur gut.
Ich glaube wir haben uns heute gegenseitig ein Stück Befreiung geschenkt.

Er mir, mit seinen Worten und ich ihm, mit dem Sex unter der Dusche. Er hat es mir ja erklärt, auch wenn mich in seinem Redefluss, die Sache mit dem Muskeltypen ein wenig gestört hat. Aber gut, was habe ich denn erwartet. Das er sich niemand andern sucht? Es war ja nichts geklärt zwischen uns und ist es auch immer noch nicht. Ich selbst habe ja auch nichts anbrennen lassen und habe ja dann Max gehabt.

Max, wenn man gerade an ihn denkt, taucht er auf.
Er steht vor meiner Wohnungstür und klingelt Sturm.
"Max, es bringt nichts, wenn du den Klingelknopf malträtierst. Ich bin nicht Zuhause.", sage ich, als ich gemeinsam mit Virgil aus dem Wagen steige, welcher dann davon fährt, nachdem wir das Gepäck aus dem Kofferraum geholt haben.

"Da bist du j... .", beginnt er, dreht sich dabei um und Max bleiben förmlich die Wörter im Hals stecken, als er sieht das Virgil neben mir steht.
"Was will er hier?", fragt Max dann, als er sich gesammelt hat und ich schließe die Tür zu meiner Wohnung auf.
Erst als wir alle eingetreten sind, antworte ich: "Virgil wohnt jetzt bei mir."
"Virgil tut was?", äußert Max entgeistert und blickt zwischen ihm und mir hin und her.
"Ich wohne jetzt bei R... .", will Virgil gerade erklären, doch wird er von Max unterbrochen: "Wage es ja nicht mich anzusprechen du Idiot."
"Max, es reicht.", donnere ich los und beide zucken sie zusammen.
"Ich bin dir keinerlei Rechenschaft schuldig. Wie oft noch? Du und ich haben Sessions nicht mehr und nicht weniger. Wir haben keinerlei Beziehung, also hör auf hier so einen Aufstand zu machen. Verstanden!?", knurre ich weiter und blicke Max an.

Er senkt seinen Kopf und meint dann leise: "Aber Ray, du kannst mir doch nicht sagen, dass du nichts für mich empfindest."
"Doch Max. Ich war von Anfang an ehrlich zu dir, was das angeht und ich halte dich nicht fest. Das habe ich dir auch schon oft genug gesagt. Du kannst jeder Zeit gehen. Das was ich dir momentan gebe, wird nie mehr sein."
"Warum... warum wohnt er jetzt hier?", fragt Max dann und blickt wieder zu mir hinauf.
"Auch deswegen muss ich dir keine Erklärung abliefern.", meine ich harsch und sehe im Augenwinkel wie Virgil die Situation beobachtet.
"Lässt er dich ran? Hm? Lässt er sich von dir ficken, so wie damals? Darf er deswegen jetzt hier wohnen?", keift Max auf einmal los und ich muss mich regulieren, damit ich nicht die Beherrschung verliere.

"Max, es reicht jetzt. Halt deinen Mund! Es hat dich nicht zu interessieren!", sage ich und balle meine Hände zu Fäusten.
"Dann brauchst du das beschissene Foto ja nicht mehr, welches du im Kleiderschrank versteckt hast.", zetert Max weiter, schiebt sich an mir vorbei und geht schnurstracks ins Schlafzimmer.
Schnellen Schrittes folge ich ihm und bin froh, dass er so klein ist und nicht an die oberen Fächer heran kommt.
Ich packe Max, drehe ihn und drücke ihn mit seinem Rücken voran, an den Kleiderschrank.
Eingekeilt steht er da und schaut zu mir hinauf.

"Es ist besser wenn du jetzt gehst!", knurre ich und blicke ihn aus wütenden Augen an.
Leise wimmert Max auf, senkt seinen Blick und flüstert: "Ray, ich will dich doch nur nicht ganz verlieren."
"Dafür tust du aber gerade ziemlich viel dafür, dass es passiert.", antworte ich ihm, hebe seinen Kopf am Kinn hoch und schaue ihn wieder an, bevor ich fortfahre: "Und jetzt verschwinde."

Ich trete ein paar Schritte zurück und schaue Max hinterher, wie er sich an Virgil vorbei schiebt, welcher im Türrahmen steht.
"Dann dreht er sich nochmal um und meint: "Virgil, ich werde um Ray kämpfen, darauf kannst du dich verlassen."
Mit den Worten dreht er sich um und wenige Sekunden später, hören Virgil und ich das Knallen der Wohnungstür.
"Er ist schon ein bisschen Psycho, oder?", sagt Virgil dann und kommt auf mich zu.
"Ich weiß auch nicht was in ihn gefahren ist. So kenne ich ihn nicht.", antworte ich ihm und dann meint er: "Komischer Kerl, aber ich will wissen von was für einem Foto er gesprochen hat."
Ich verdrehe die Augen und überlege ob ich mich irgendwie aus der Situation retten kann, aber warum sollte ich. Es ist nun mal so wie es ist.

Ich öffne also den Schrank, taste hinter meiner Kleidung nach dem Foto und halte es Virgil wenig später vor die Nase.
"Warum hast du es?", fragt er leise und blickt zu mir hinauf.
"Ach Virgil.", beginne ich und streiche über seine Wange, bevor ich fortfahre: "Ich habe dir damals schon gesagt, dass du nicht nur eine Nummer auf einer Akte in einem Metallschrank für mich sein wirst. Ich wollte und konnte dich nicht vergessen und besorgte mir deswegen das Foto. Das ist alles."
"Ach Ray",sagt nun Virgil und lächelt mich an.

Mehr sagt er nicht dazu, denn das Nächste was kommt ist: "Wo schlafe ich eigentlich?"
"Im Gästezimmer oder bei mir, such es dir aus.", sage ich, während ich das Foto wieder im Schrank verstaue und lasse ihn dann im Schlafzimmer stehen. Innerlich hoffe ich dass er vielleicht bei mir schläft, dann könnte ich bei ihm sein, wenn er schlecht träumt und aufwacht. Dann könnte ich ihm Sicherheit geben.

In der Küche angekommen, schnappe ich mir den Zettel eines Lieferservice und schaue hinein, als ich Virgils Stimme höre: "Was machst du da?"
"Essen bestellen, ich denke wir haben beide Hunger."
"Und wie.", sagt Virgil, stellt sich neben mich und gemeinsam studieren wir die Karte des Lieferdienstes.

LiberationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt