Galway Girl

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Gerade verdrückt er seinen letzten Bissen, als ich mir auch ein Stück Weißbrot in den Mund schiebe. "Los jetzt. Wir sind spät dran. Ich habe Isla bereits eine Nachricht schicken lassen." "Fna chut", nuschle ich mit vollen Mund und lasse mich zur Tür rausschieben.

Mit ausholenden Schritten läuft Arran die Straße zum Schloss entlang.
Will der Kerl mich loswerden oder was soll das?
Meine euphorische Laune wegen meines Traumdomizils hat sich schnell wieder verflüchtigt.
Während ich hinter ihm her hetze, rempelt mich plötzlich so ein blonder Lackaffe an, sodass ich im matschigen Straßengraben lande.
"Hey, kannst du nicht aufpassen?! Hast du so ein großes Ego, dass du die ganze Straße brauchst, oder was?!"
Der besagte Ego-Elf rümpft bloß die Nase und spaziert ohne Entschuldigung weiter.
"Führ dich nicht so auf. Finlay hat recht, du kommst einem Galway girl ziemlich nahe." gibt Arran stirnrunzelnd seinen Senf dazu und macht keine Anstalten mir aufzuhelfen, sondern wippt nur ungeduldig mit dem Fuß.

Was soll den das schon wieder sein - 'Galway girl'?!
Keine Ahnung was das sein soll, aber nach dem Gesichtsausdruck dieses arroganten Kerls bestimmt nichts Nettes.
Meiner Meinung nach ist er keiner Antwort würdig und deshalb bekommt er nur einen verächtlichen Blick von mir.
Ich rappel mich auf und beschließe gerade, dass ich auf alle Höflichkeiten pfeife und doch fliege, als mir meine nassen Flügel den Dienst versagen. Na toll, das wird ja immer besser.

An einer großen Kreuzung mit einladenden Cafés treffen wir wieder auf Isla und Finlay.
Arran lässt mich links liegen und stellt sich zu seinem Kumpel.
Wahrscheinlich lästert er jetzt über mich.

Während ich diesen unfreundlichen Elf mit Blicken erdolche, wedelt Isla mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum.
"Süße, du musst wirklich versuchen deine Lachmuskeln zu trainieren. Da bekommt man ja richtig Angst."

Meine Antwort beinhaltet nur ein Schnauben.
"Isla, was ist eigentlich ein Galway Girl?".
Sie zuckt mit den Schultern und überlegt kurz, "Ich weiß nur, dass die beiden mal in Galway bei den Menschen waren und dort ein Menschenmädchen getroffen haben. Es war anscheinend so frech zu Arran, dass er nicht mehr wusste was er sagen soll. Und du kannst mir glauben, ein sprachloser Arran, ist so wahrscheinlich wie das eine Wassernymphe sagt sie wäre hässlich."
"Mir wäre es nur recht wenn er bei mir auch sprachlos würde. Bedauerlicherweise ist das nicht der Fall. Vielleicht muss ich das nächste Mal nachhelfen und ihn einfach knebeln." antworte ich trocken, doch Isla schüttelt nur den Kopf.
"Das ist eine ganz schlechte Idee. Er ist der beste Nahkämpfer seiner Einheit, da könntest du nur verlieren. ", schaut sie mich tadelnd an, "Außerdem ist es doch praktisch ihn als Beschützer zu haben, du musst dich nur mit ihm ein bisschen gut stellen." meint sie optimistisch.

Ja genau, seine Ritterlichkeit konnte ich vorhin förmlich spüren.
Skeptisch blicke ich Isla an, aber erwidere nichts mehr. Ein Streit mit ihr ist aussichtslos und endet meistens damit, dass immer ich mich später bei ihr entschuldige.

Bis die beiden Herren mit ihrem Kaffekränzchen fertig sind, versuche ich die braunen Schlammflecken von meinen hellgrünen Shorts zu entfernen. Isla ist mir behilflich und schimpft über den Rüpel, der dafür verantwortlich ist. Schließlich ist sie mit dem Ergebnis zufrieden und lächelt mich aufmunternd an.

"Auf geht's! Besuchen wir die Königin.", gut gelaunt hakt sich Isla bei Finlay und mir ein. Irgendwie ärgert es mich, dass Arran neben Finlay, und dadurch mit größtmöglichen Abstand zu mir, geht.
Ist ja nicht so das ich stinke. Oder?
Möglichst unauffällig schnüffle ich an mir.
Eigentlich ganz passabel, ein bisschen staubiges Waldaroma vielleicht, aber dafür kann ich schließlich nichts.
"Liv, was machst du da?"
Drei Augenpaare ruhen auf mir und Isla schaut mich fragend an.
Auch Arran sieht mit seinen fesselnden Augen erwartungsvoll zu mir rüber.
"Ich...äh...hab diese wunderhübsche Stickereikunst der Elfen auf meinem Oberteil bewundert. Ganz ausgezeichnete Handarbeit. Kannst du das auch Isla?"
"Ich?? Liv, ich kann gerade mal einen Knopf annähen. Wie soll ich da sticken?"
Zum Glück kauft sie mir meine Notlüge ab. Wenn ich ihr später die Wahrheit beichte, wird sie sich totlachen.
"Du brauchst auch nicht sticken zu können, Süße. Du kannst dafür andere Sachen.", liebevoll legt Finlay einen Arm um Isla.
Ich hoffe er meint damit Bücher lesen oder Kuchen backen.

Die breite Straße der wir folgen, mündet auf einem großen, runden Platz. Ein imposanter Springbrunnen befindet sich in der Mitte und wird von gestutzten Bäumchen umrandet. Die gleichen Bäumchen stehen brav aufgereiht auf dem äußeren Straßenring.
Als wir die Hälfte des Brunnens umrundet haben, erhebt sich vor uns ein eindrucksvolles Schloss.
Es wurde ganz in weiß erbaut, mit spitzen roten Dächern und vielen, vielen Fenstern.
Welcher arme Elf die wohl putzen muss?
Auf alle Fälle war dieser Jemand sehr fleißig, denn die polierten Scheiben glänzen in der Sonne.

Wir passieren einen hölzernen Rundbogen mit offenen Toren. Die Krieger an den Seiten beachten uns gar nicht, sondern schauen stur gerade aus.
So einen emotionslosen Empfang gäbe es bei den Feen niemals.
Gegenüber des ersten Tores mit einem großen Hof dazwischen, war ein zweites eingebaut. Nur ist dieses verschlossen und vier Elfenkrieger patrouillieren davor auf und ab.
Selbstsicher schlendert Arran auf sie zu: "Öffnet das Tor. Ich bringe die Auserwählte der Feen auf Befehl der Königin."
"Ihr werdet erwartet. Aber nur ihr beide. Unbefugte haben keinen Zutritt.", stellt sich die Wache Isla in den Weg. Empört will sie protestieren, aber Finlay umfasst ihre Taille und zieht sie behutsam fort.
Unter heftigen Diskussionen gehen die beiden zum ersten Tor und mir wird bewusst, dass ich jetzt auf mich gestellt bin. Ich vermisse sie jetzt schon.
Nicht ohne einen großen Seufzer, folge ich meinem verbliebenen Begleiter.

"Sprich nur, wenn du gefragt wirst, mach einen Knicks vor der Königin, fliege auf keinen Fall und gib ja keine patzigen Antworten.", zählt er mit befehlenden Tonfall auf.
"Darf ich noch atmen oder ist das auch verboten?"
"Sehr witzig. Am besten hältst du wirklich die Luft an, dann kannst du nichts dummes sagen."
"Die Königin sollte sich einen neuen Krieger suchen. Du vergraulst noch alle. Dein Glück das ich nicht so empfindlich bin."
Ungläubig schaut er mich an und lacht dann leise. Ein sehr angenehmes Lachen, muss man schon sagen. Mir laufen dabei Schauer über den Rücken.
Nur verstehe ich nicht was so witzig ist.

Vor einem Treppenaufgang lungert in einer dunklen Ecke ein kleiner Feuergeist und am Geländer eine attraktive Wassernymphe herum. Als sie uns, oder eher Arran, kommen sieht, positioniert sie sich vorteilhaft und setzt ein keckes Lächeln auf.
"Hey du, hab dich schon lange nicht mehr gesehen. Wie geht's dir du hübscher Bengel?"
Hübscher Bengel? Ich glaube, ich muss mich übergeben.
Arran bleibt stehen und schenkt ihr ein umwerfendes Lächeln: "Bernice! Was machst du den hier? Leider muss ich noch was erledigen, wir reden später, ja?", zwinkert er ihr zu.
Wieso bekomme ich statt diesem Grübchen-Lächeln nur immer seine mürrische Miene?
Das Nymphenflittchen hat nicht einmal was anständiges zum anziehen. Und er wirft mir vor nicht wählerisch zu sein!

"Tut mir leid Bernice, aber der hübsche Bengel und ich werden dringend von der Königin erwartet. Also dann machs gut!", flöte ich und packe besagten Kerl am Arm.
Oben angekommen schüttelt er mich wie eine lästige Fliege ab und übernimmt wieder die Führung.
Er verliert kein Wort über seine Bekanntschaft mit der sexy Wassernymphe und ich komme mir blöd vor.
Ich hätte auch einfach alleine weitergehen können.

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Hallo zusammen ;)

Wie fandet ihr das Kapitel?

Ich liebe dieses Lied und der Film 'PS: Ich liebe dich' ist sehr zu empfehlen 😍

Schöne Woche
Eure

JaneA7

FeenglückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt