Prolog

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Gemächlich beginnt Hamish den Weg nach oben durch einen dichten Bergwald.
Vorbei an gewaltigen Wasserfällen, begleitet von großen Farnen und blaue Glockenblumen wird er sich der Mystik seiner Welt bewusst.
Sobald er die Blumen passiert, wird Hamish von kleinen lila Partikeln umschwirrt.
Schon bald leuchtet er in allen lila Farbtönen.
Fasziniert beobachtet Hamish seine Begleiter, die lebendig zu sein scheinen.
So schlimm ist der Weg ja gar nicht, denkt er sich.

Anfangs war Hamish wenig begeistert, als die Elfenkönigin ausgerechnet ihn zum Feenkessel schickt. Mit seinen 123 Jahren war er auch nicht mehr der Jüngste und seine Schlemmereien im Elfenpub haben sein übriges getan.
Da kann man gut verstehen, weshalb seine Vorstellung von einer Berwanderung grausig war.

Den Feenkessel zu besuchen, bedeutet, zuerst rauf auf die Bergspitze und dann auf der anderen Seite wieder runter.
Auch den langen Weg vom Elfental bis zum Anstieg, darf man nicht vergessen.
Für Hamish scheint es nur logisch, dass den Feen Flügel gewachsen sind.

Die Luft in dem Bergwald ist herrlich belebend und man hört viele Bäche ruhig dahingluckern.
Das macht den Aufstieg sehr erträglich.
Es ist als könnte man hier die Magie fühlen, die die gesamte Fabelwelt umgibt.
Diese Magie ist eine Art Selbstschutz vor der Menschenwelt. Auf der menschlichen Erde gibt es auf einem Fleckchen eine Parallelwelt, die Fabelwelt.
Dieses Fleckchen umfasst die Fläche vom menschlichen Schottland, England, Island und Irland.

Ohne Hilfe eines Fabelwesens können Menschen die Grenze nicht erkennen und passieren. Sie sehen nur einen dichten Nebel.
Die Grenzlinie ändert wie der Nebel seine Standorte, hat aber natürlich auch Lieblingsplätze. Sie hat ihr Eigenleben und schützt damit auch die Fabelwesen.

Eigentlich ist es auch für die Elfen, Feen, Wassernymphen und Elementgeister verboten die andere Welt zu besuchen, doch Neugierde wurde noch von niemandem aufgehalten.

Schritt für Schritt folgt Hamish dem sanft geschlungen Pfad, als plötzlich warme Sonnenstrahlen sein Gesicht kitzeln. Der Wald beginnt sich zu lichten und eine leichte Brise wirbelt durch seine grauen Haare.
Die Aussicht auf dem Bergkamm war atemberaubend.

Der Kessel war eindeutig zu erkennen. Eine riesige Bergkette umschließt eine immergrüne Mulde.
Das rege Treiben der Feen war bis hier oben zu hören.
Viele kleine schiefe Häuschen und unzählige verwinkelte Gassen kann Hamish ausmachen.
Am Himmel kreisen wilde Feenkinder, die sich mit Luftrollen gegenseitig übertreffen wollen.
Hamish schmunzelt, als ein Kunstück misslingt und der kleine Akrobat im Baum landet.

Er lässt seinen Blick hinter sich schweifen und kann am Horizont gerade noch so den perlmuttfarbenen Elfenturm schimmern sehen.
Der Feenkessel umschließt bereits eine gigantische Stadt, doch das Elfental beherbergt mindestens doppelt so viele Bewohner.
Es wäre gelogen, wenn Hamish nicht stolz auf sein Elfenvolk wäre.
Die Elfen sind vernünftiger und benutzen öfters den Kopf als die anderen Völker.
Doch ist es trotzdem jedem Fabelwesen freigestellt, wo er leben möchte. Die Mehrheit bleibt aber unter sich.

Die Lagune der Wassernymphen kann man von seinen Standpunkt aus nur vermuten. Man müsste einmal quer durch den Kessel wandern und dann immer abwärts Richtung Küste.
Mit einem leicht wehmütigen Lächeln erinnert er sich, wie er als junger Elf diesen wunderschönen Ort einst besucht hatte.
Die hübschen Nymphen sind mehr als zuvorkommend, es sei denn sie mögen einen nicht. Dann ist man ihrem gnadenlosen Spott ausgeliefert.

Das letzte Volk der Fabelwelt war auch das geheimnisvollste.
Der mächtigen Wald der Elementgeister erstreckt sich im Halbkreis auf der gesamten Fläche zwischen Elfental und der Lagune.
Von hier oben sieht es aus wie eine Kranz der den Feenkessel um gibt.
Hamish selbst war bis jetzt nur einem Geist begegnet, einem Steingeist. Als neugieriges Elfenkind kletterte er auf einen Felsen. Urplötzlich begann er zu beben und nach einem beherzten Sprung ins weiche Moos, entpuppte sich der Felsen als Steingeist, der von den kleinen Elfenfüßchen gekitzelt wurde.

Vergnügt von seiner Erinnerung setzt Hamish seinen Weg fort und kämpft sich nun durch die immer größer werdenden Farne abwärts.
Nachdem sein Fuß den ersten schiefen Pflasterstein betreten hat, staunt er nicht schlecht.
Alle tanzen und singen. Bei der Arbeit, auf dem Weg zur Arbeit, in der Luft, auf dem Boden, egal ob jung oder alt.
Ein Feenmann sitzt auf einem bunten Hausdächchen und trällert 'Oh happy Day'.
Hamish dachte immer, dass die Feen nur zu Auftritten so vergnügt sind.
Die Atmosphäre in dieser Stadt fühlt sich an wie eine Dauerparty.
Aber die Ansteckungsgefahr ist enorm. Auch Hamish wippt nun durch die Gassen, während er sich nach der Hausnummer 77 umsieht.

Alle Häuschen waren kunterbunt zusammengewürfelt und mit Blumen bepflanzt. Es scheint alles nicht zusammen zu passen und doch wieder schon.
Ein bisschen geschockt ist Hamish von dem Benehmen der Feen. An jeder zweiten Ecke ist ein Pärchen sehr beschäftigt.
So etwas würde im Elfental niemals vorkommen!

Überhaupt waren alle sehr ausgelassen.
Nur ein junges Feenmädchen fällt direkt auf.
Etwas gehetzt bahnt sie sich ihren Weg durch die tanzende Menge, dabei zucken ihre blaugrün schimmernden Flügel immer etwas verärgert wenn sie nicht weiter kommt.
Weder singt noch tanzt sie und durch ihre geringe Größe geht sie beinahe unter. Immer wieder versucht sie zu fliegen um schneller voran zu kommen, doch der Himmel ist besetzt von lauter hüpfenden Feen.

Weiter vorne hatte Hamish bereits einen Unfall beobachtet. Die beiden Feen knallten mit den Köpfen zusammen, trudelten vom Himmel und standen lachend wieder auf.

Kein Wunder, dass dieses Feenmädchen das kuriose Treiben am Himmel vermeidet.
Sie hat haselnussbraune Locken die wild zerzaust um sie rum wippen. Ihr miesepetriger Gesichtsausdruck ist das komplette Gegenteil von der Ausstrahlung dieser Stadt.
Mit ihren grünen Augen funkelt sie gerade einen pfeifenden Bäcker böse an, der seinen Karren direkt vor sie platziert hat.
Mit einem kräftigen Schupser räumt sie den armen Bäcker aus den Weg und verschwindet schnell hinter einer Tür, die zur 'KikiBar' führt.

Kopfschüttelnd widmet sich Hamish wieder seiner Aufgabe und wird schließlich in einer kleinen Nebengasse fündig.
Jetzt beginnt der Hauptbestandteil seines Auftrages.
Als einer der Hüter des Gedankenturms, sammelt er die Erinnerungen der Völker.
Kurz bevor ein Fabelwesen stirbt das etwas Besonderes in seinem Dasein erlebt hat, wird ein Hüter gerufen, der die Geschichten und Erinnerungen bewahrt.
Da die Elfen ein pflichtbewusstes Volk sind, sind alle Hüter Elfen.
Ehrlich gesagt ist es verwunderlich, dass Hamish eine Erinnerung von einem alten Feenmann bewahren soll, denn bedeutend ist so ein Feenleben meistens nicht.

Tief seufzend tritt Hamish bei der Adresse ein und hofft, dass es etwas Interessantes ist, was die Fee zu erzählen hat, sonst könnte das ein langer Nachmittag werden.

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Hallo zusammen 🤗

Im nächsten Kapitel kommen wir zur eigentlichen Geschichte.
Ich hoffe sie gefällt euch.

LG JaneA7

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