Kapitel 25

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Langsam befreite sich Aiko aus den Klauen der Dunkelheit. Mit dröhnendem Kopf und quälenden Magenschmerzen hievte sie sich auf die Beine. Sie stöhnte, als die Übelkeit in ihr aufstieg und sie all ihre Konzentration aufbringen musste um sich nicht zu übergeben.

Als ihr klar wurde wo sie sich befand und wieso, schreckte sie zusammen und sah sich um. Niemand war zu sehen. Der Wind frischte langsam auf und verschaffte ihr endlich ein wenig Abkühlung. Es war fast schon idyllisch.

Verwirrt sah sie sich um. Es war wirklich niemand hier. Allein der ausgerissene Baum am Boden und Krallenspuren hier und da zeugten noch von den vorherigen Ereignissen. Doch nun schien der Frieden zurückgekehrt und alles andere verschwunden zu sein.

Sie ging einige Schritte und suchte den Wald ab. Keine Spur war mehr von Naraku oder Sakebi geblieben. Wie lange war sie bewusstlos gewesen? Wo waren sie hin?

Sie suchte den Boden ab und fand ihren Fächer, den sie wohl beim Aufprall hatte fallen lassen. Sie ließ ihn aufschnellen und erschrak bei dessen Geräusch, das ihr plötzlich viel zu laut in den Ohren vorkam. Wenige Herzschläge später wurde ihr klar wieso. Es war zu still! Kein Vogel gab einen Ton von sich, keine Maus wühlte im Laub, allein das Knarzen der Bäume hob sich von der Ruhe des Waldes ab. Es war unnatürlich.

Kurz fragte sie sich, ob sie zurück zum Schloss kehren sollte, doch sie beschlich das Gefühl, dass sie auch dort nicht fündig werden würde.

„Wo seid ihr?" murmelte sie vor sich hin. Ein ungutes Gefühl rumorte in ihrem Magen als sie daran dachte, dass Naraku vielleicht grade gegen Sakebi um sein Leben kämpfen musste. Sie musste ihn finden!

Völlig willkürlich entschloss sie sich also für eine Richtung und lief los. Rastlos suchten ihre Augen die Umgebung ab, konnten aber nichts Ungewöhnlicheres entdecken. Sie hielt sich die Hand vor das Gesicht und sah gen Himmel. Die Sonne strahlte ihr ins Gesicht...

...und blendete ihn, sodass er die nächste Attacke nicht kommen sehen konnte. Sakebis Krallen bohrten sich in seine Schulter. Er stieß ihn von sich und musste sein triumphierendes Lachen ertragen.

Miasma strömte aus der Wunde, die ihn nicht weiter beeinträchtigte. Die Luft wurde giftig und tötete alles, was sich im Bannkreis befand.

Doch Naraku hatte genug. Dieser Kampf musste ein Ende finden und zwar schnell, sonst konnte er nicht garantieren, dass er erfolgreich sein würde. Noch immer behielt er sein Schwert in der Hand, auch wenn er wusste, dass es keinen echten Nutzen hatte.

Der Dämon hob seine Lanze, überwand in einem Wimpernschlag die wenigen Meter, die sie getrennt hatten und versuchte sie in Narakus Brustkorb zu rammen. Er versuchte den Angriff mit dem Schwert abzuwehren, welches sofort zerbrach. Beinahe ungebremst schnitt die Lanze durch sein Fleisch und erzeugte eine Druckwelle, die die inneren Organe eines Menschen in Brei verwandelt hätte. Auch für Naraku war dieser Schlag nicht leicht wegzustecken und er zielte mit seinen Krallen auf Sakebis Kehle. Dieser jedoch sprang leichtfüßig rückwärts, landete auf einem Ast und lächelte herablassend.

Naraku biss wütend die Zähne aufeinander. Sakebi war schon jetzt viel stärker als er erwartet hatte. Dabei sollte diese Macht längst ihm gehören. Das lief alles nicht wie geplant! Er musste das hier schnell beenden.

Als Sakebi den nächsten Angriff landen wollte, wich Naraku nach hinten aus und landete außer Reichweite seiner Waffe.

Verachtend lachte der Dämon ihm entgegen.

„Du läufst weg? Na das war doch wieder klar!"

Tatsächlich drehte sich Naraku um und verschwand hinter einem Baum, nur damit dieser wenige Sekunden später in Zwei geteilt wurde. Naraku wartete nicht mal bis er mit lautem Krachen auf das trockene Laub gefallen war und hechtete bereits wieder einige Meter nach vorne. Sakebi war ihm dicht auf den Fersen. Immer weiter verhöhnte er Naraku, ohne jedoch zu sehen, dass dieser ein fieses Grinsen aufgelegt hatte.

„Feigling! Kämpfe wie ein echter Dä..." weiter kam er nicht.

Sein Schmerzensschrei hallte durch den ganzen Wald. Plötzlich konnte er sich nicht mehr bewegen. Er war gefangen inmitten eines allein für ihn aufgestellten Kraftfeldes. Bunte Blitze tobten um ihn herum und ließen seine Muskeln verkrampfen. Er presste seine Zähne so fest aufeinander, dass sie fast brachen und seine Knöchel wurden weiß, als sich seine Krallen in seine Handinnenflächen bohrten. Blut tropfte zu Boden, was Naraku mit größter Genugtuung betrachtete.

„Du bist mir doch tatsächlich in die Falle gegangen."

Er beugte sich zu ihm hinüber und riss gewaltsam die Lanze aus Sakebis Hand.

„Ich hätte nicht gedacht dass es so einfach werden würde."

Narakus Körper begann sich zu verändern. Groteske Körperteile der verschiedensten Dämonen kamen zum Vorschein und ersetzten seine menschlichen Gliedmaßen. Plötzlich ragte er weit über Sakebi und sah auf ihn hinab. Abgesehen von seinem Kopf war nichts mehr menschlich an ihm. Es war als hätte man tausende Dämonen zu einem zusammengepresst und gezwungen zusammenzuarbeiten.

Vor Schrecken riss er die Augen auf als ihm klar wurde, dass er damit Recht hatte. Aber wie...?

Naraku, der von Sakebis Erkenntnis nichts ahnen konnte, genoss das Gefühl des Triumphes einen Moment zu lange. Grade als er den Dämon verschlingen wollte, um seine Kräfte aufnehmen zu können, betörte ein seltsamer Duft seine Sinne.

Verwirrt hielt er inne und sah sich um, konnte jedoch keine Quelle ausfindig machen. Der Geruch war süßlich, wie eine seltsame Mischung aus Honig und Regen. Noch nie zuvor hatte er etwas in der Art vernommen und es übte eine unwiderstehliche Faszination auf ihm aus. Er musste wissen woher es kam! Er musste!

Der Bannkreis flackerte und so auch das Kraftfeld. Es konnte Sakebi nicht länger fest halten. Wutentbrannt stürzte sich der Dämon auf Naraku, der sofort zurück in die Realität gerissen wurde. Er eroberte sich seine Waffe zurück, wurde aber dennoch überwältigt. Alle Luft wurde aus seinen Lungen gepresst, als er, mit seiner eigenen Lanze am Hals, zu Boden gedrückt wurde.

Er zappelte hilflos unter dem Griff seines Gegners und musste hilflos zusehen, wie seine Arme, mit denen er versuchte Naraku auf Abstand zu halten, langsam in dem Körper des Monsters verschwanden.

Sakebi war außer sich vor Angst, zeigte davon jedoch nur wenig. Wenn er sterben würde, dann mit der Würde eines Dämons! So die Theorie. Doch als immer mehr von seinem Körper verschwand, wurde ihm seine Würde einfach immer unwichtiger.

Alles schien hoffnungslos Verloren für den Dämon, bis ein spitzer Schrei die Luft zerriss und Naraku innehalten ließ.

Noch immer wanderte Aiko durch den Wald, ohne ein Ziel oder Orientierung.

Ihre Schritte knirschten auf dem ausgetrockneten Boden und wurden zu einem einzigen monotonen Geräusch.

Als das Knirschen plötzlich zu einem Klirren wurde, zuckte sie zusammen.

Vorsichtig setzte sie einen Schritt zurück und betrachtete ihren Untergrund genauer.

Tatsächlich stach ihr eine Reflektion ins Auge. Sie strich das Laub beiseite und zog die Luft ein. Es war das Schwert, das Naraku verwendet hatte. Nun war es zerbrochen und sie mochte sich nicht vorstellen, was mit seinem Besitzer geschehen war.

Plötzlich fuhr ein Ziehen durch ihre Glieder. Sie stand auf. Sah sich um. Ein leichter Windzug fuhr durch ihre Haare und brachte den Geruch von Regen mit sich. Schatten zogen sich durch den Wald und löschte die Hitze, die auf ihrer Haut brannte. Sie sah zum Himmel. Finstere Wolken zogen sich über den Himmel, verdeckten die Sonne das erste Mal seit Wochen vollständig. Der Wind der ihr entgegen blies war schwer und mit Feuchtigkeit durchzogen.

Die Atmosphäre war aufgeladen und Aiko wusste, dass sie aus dem Wald verschwinden musste, doch da war noch etwas anderes.

Mit dem Wind war auch ein Gefühl zurückgekehrt. Sie konnte sich nicht erklären wieso, aber plötzlich wusste sie wo Naraku sind befand. Sie wusste es einfach. Also lief sie los, ehe das Gefühl verschwinden konnte.

Ohne dass sie es bemerkte, schloss sich der Bannkreis nur knapp hinter ihr.

Das Gift in ihrer SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt