Kapitel 5

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Schmerzhaft wurde sie gegen die Wand gedrückt. Sakebi stand über ihr. Er war ihr zuvor bereits groß und stark vorgekommen, doch seine tatsächlichen Kräfte waren beängstigend. Immer wieder versuchte sie ihn von sich zu stoßen, doch er zuckte nicht mal mit der Wimper. Sein fieses Grinsen war noch immer nicht verflogen. Erst aus dieser Nähe fielen Aiko seine tödlichen Zähne auf. Sein gesamter Körper schien allein für das Töten gemacht zu sein.

Sie zappelte Panisch in seinem Griff. Schrie und kratzte. Versuchte alles, was ihr in diesem Moment zur Verfügung stand.

„Du duftest wunderbar." Flüsterte er ihr ins Ohr. Galle stieg in ihrer Kehle hoch.

„Lass mich los!" schrie sie und zerkratzte ihm die Brust. Doch er ignorierte es.

„Wie darf ich dich denn nennen?"

Als sie nicht antwortete, hob er ihr Kinn an und zwang sie so in anzusehen.

„Keine Sorge. Ich habe auch meinen Stolz. Ich werde dich nur töten. Mehr nicht."

„Und warum willst du dann meinen Namen wissen?"

„Ach mein Liebes. Weil ich immer die Namen derjenigen wissen will, die ich töte. Ich will sie für immer in meinem Gedächtnis behalten. Mich für immer an euch erinnern, damit ich euren Tod wieder und wieder genießen kann."

Sie befreite ihr Gesicht von seiner Berührung und sah zu Boden.

„Sei doch nicht so schüchtern." Säuselte er und zog sich ein wenig von ihr zurück. „Du bist nicht die einzige. Da waren Kei, Etsuko, Aki, Shiro, Daisuke oder auch Machi."

Sie hob die Hände, fasste sich ins Haar.

„Immer noch so schüchtern? Du musst mir doch einfach nur deinen..."

Weiter kam er nicht.

„Aiko!" schrie sie und rammte ihm ihre Haarspange direkt ins Herz. Befriedigung mischte sich mit Angst und ekel, als sein Blut an ihrer Hand hinunter lief und er rückwärts stolperte.

Ihr fielen die Haare ins Gesicht. Sie strich sie zur Seite und erkannte, wie Sakebi an sich hinunter sah und ihre Waffe mit einem Ruck heraus riss. Eine kleine Lache Blut besudelte den bereits schmutzigen Boden vollkommen.

Endlich war das widerliche Grinsen aus seiner Miene verschwunden.

„Also, Aiko" knurrte er und warf die Spange auf den Boden hinter ihm, sodass sie erst nach ein paar Metern zum Erliegen kam „dann sehen wir uns wohl in der Hölle wieder!"

Bevor sie überhaupt reagieren konnte, schnellte der Dämon vor, hob seine messerscharfen Klauen und fuhr ihr damit über die linke Gesichtshälfte.

Sie schrie noch bevor der Schmerz einsetzte.

Seitlich fiel sie zu Boden und krümmte sich zusammen, als ihre Wunde zu explodieren schien. In ihren Ohren toste es so laut, dass sie die Welt um sich herum nicht mehr wahrnahm. Hätte Sakebi etwas gesagt, so hätte sie es nicht gehört. Ihre Sicht verschwamm. Sie schlug die Hand über ihre linke Gesichtshälfte. Es blutete so stark, dass Aiko befürchtete, dass ihr Auge verloren war. Rinnsale aus der roten Flüssigkeit strömten an ihren Händen hinunter auf den Boden. Schock und Angst zerrten zusätzlich zu dem Schmerz an ihrem Körper und ihrem Bewusstsein.

Ich sterbe!

Panisch schlug sie um sich, als sie glaubte Sakebi neben sich zu spüren.

Ich werde sterben! Hier und jetzt!

Sie hätte gern geweint. So gern. Aber das einzige was ihr Gesicht hinunterlief, war Blut.

Es war so unfair! So ungerecht! Warum?! Warum musste sie sterben?! An diesem Ort! Von einem Dämon zerfleischt! Aufgefressen und vergessen. Warum? Erst in diesem Moment wurde ihr klar, wie sehr sie eigentlich an ihrem Leben gehangen hatte. Wie wichtig es ihr gewesen war. Sie dachte an ihre Eltern. Ihren Mann. Die Menschen um sie herum. Und plötzlich vermisste sie sie. Sie wünschte sie wären hier. Sie würden sie trösten. Sagen, dass alles gut wurde. Ja, selbst jemanden wie Shin wünschte sie sich zurück und sie verfluchte Sakebi dafür, dass er sie getötet hatte. Warum dachte sie überhaupt daran? Sie hatte ihre Eltern immer verachtet. Doch das schien wie verflogen. Sie dachte nicht mehr an ihren Egoismus, ihre Gier, daran, dass sie sie verkauft hatten. Für Aiko waren sie nur noch diejenigen, die sie großgezogen hatten. Sie waren ihre einzige Konstante in dieser Welt gewesen.

Das Gift in ihrer SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt