Der Schmerz wollte einfach nicht verebben. Es war ein ständiger, pochender Schmerz über ihrer gesamten Gesichtshälfte. Ihre Wunden waren versorgt, gereinigt und sie trug am ganzen Körper Verbände. Doch fühlte sie sich noch immer schmutzig.
Traurig blickte sie auf Sorano herunter. Sie sah furchtbar aus. Sie hatte Brandwunden, sie sie nur schwer behandeln konnten. Sie war übersäht mit Prellungen und Schnittwunden, die das Holz verursacht hatte. Ihr Haar war an manchen Stellen angebrannt. Auch ihre Haut und ihre Kleidung waren zuvor von Ruß verschmiert gewesen. Neue Kleidung hatten sie jedoch nicht gesünder wirken lassen. Sie hatte einen müden Ausdruck im Gesicht und sie war ungewöhnlich blass. Man hatte ihr ein Bett im provisorischen Krankenzimmer bereitgestellt. Vor einigen Stunden war der Heiler eingetroffen. Einige der Verletzten waren nun schon wieder auf den Beinen, doch die meisten nicht. Vielen von ihnen hatte er noch ein oder zwei Tage gegeben. Auch bei Sorano war nicht sicher, wann oder ob sie gesund werden würde.
Bei Aiko hatte der Heiler natürlich gleich als erstes vorbei gesehen. Hatte all ihre Prellungen und Schnittwunden untersucht und ihr Auge begutachtet. Sie hatte gesehen, wie er gute Miene zu bösem Spiel gab.
„Es sieht schlimmer aus, als es wirklich ist." Hatte er gesagt.
„Das wird wieder."
Sie hatte ihm einen ernsten Blick zugeworfen und ihm gesagt, sie sei kein Kind mehr, er solle sie gefälligst nicht wie eines behandeln.
Der Heiler hatte geseufzt. Vielleicht fürchtete er sich davor, ihr schlechte Nachrichten zu übermitteln. Vielleicht fürchtete er sich vor ihr.
Als er noch immer gezögert hatte, hatte sie ihm im scharfen Ton befohlen: „Sagen sie mir die Wahrheit! Jetzt! Ich will wissen wie es um mich steht!"
„Herrin...es tut mir leid, aber..." er hatte tief Luft geholt „Ihr wurdet sehr schwer verwundet. Ich weiß nicht...ich befürchte, man kann euer Auge nicht mehr retten. Es wurde zu schwer verletzt. Es tut mir leid."
Es war ein Schock gewesen. Das war es immer noch. Unwillkürlich hatte sie sich an die verbundene Stelle gefasst. Es hatte gepocht und gebrannt. Und nicht nur an ihrem Auge.
Ihr Magen hatte sich schmerzhaft zusammen gezogen, als hätte sie Säure geschluckt. Ihr Herz hatte so kräftig geschlagen, dass es sich angefühlt hatte, als würde es ihr aus der Brust springen. Selbst ihre Haut hatte gekribbelt und sie hatte eine Gänsehaut bekommen.
Sie war aufgestanden, einfach, weil sie nicht länger hatte sitzen können. Sie war nach draußen auf den Flur gelaufen, die Rufe des Heilers ignorierend. Wie hätte er sie schon aufhalten können. Sie war mächtiger als er. Sie war zu höherem erzogen. Sie hatte zu Sorano gewollt. Hatte sie sehen wollen. Wie es ihr ging, ob sie noch lebte und in welchem Zustand sie sich befand. Besucher waren untersagt, aber das galt nicht für sie. natürlich galt das nicht für sie. Sie war mächtig. Sie war göttlich! Niemand konnte sie aufhalten. Niemand war dazu in der Lage.
Und dieser Sakebi! Sie hatte ihn vor Augen gehabt. Sie hatte sein Grinsen und seine abartige Fratze genau vor sich gesehen. Man vergriff sich an keiner Göttin. Man verletzte sie nicht und wenn doch....dann würde man es bereuen! Man würde ihm Respekt lehren, dass kein anderes Wesen es mehr wagte, sich gegen eine Göttlichkeit aufzulehnen! Sie war stark, sie war mächtig! Unbesiegbar, unsterblich! Für immer jung und zu allem bereit! Sie würde sich ihm stellen. Eine riesige Armee auf ihn hetzen! Ihn besiegen, ihm Respekt beibringen, ihn zerreißen! Sie würde ihn brechen! Sie sehnte sich nach Rache! Blutiger Rache und sie wusste, dass sie sie bekommen würde. Sie war unbesiegbar, unberechenbar und....dämonisch.
Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, rannte sie zu einem Gebüsch und übergab sich. Das war der Moment, an dem sie zerbrach.
Ihre Welt lag in Scherben zu ihren Füßen. Sie realisierte es. Tränen stiegen ihr in die Augen und rannen ihr Gesicht bis hin zu ihren Lippen hinunter. Ihre Kehle brannte von der Magensäure. Es war ein schreckliches Gefühl.
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Das Gift in ihrer Seele
ФанфикVor 35 Jahren sollte alles seinen Anfang nehmen, als aus Asche und Feuer ein mächtiger Dämon geboren wurde. Früh begann er damit, Untergebene unter sich zu scharen, die er für seine Zwecke benutzen konnte. Eine davon sollte Aiko sein. Eine Prinzessi...