35.

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E V E L Y N

"Nein, ich habe sie stehen lassen. Meine Freundin wurde ins Krankenhaus gefahren, deswegen musste ich schnell los. Sie ist Nachhause gegangen, oder? Gehts ihr gut?" 

Ich biss mir in die Unterlippe und drückte mich von der Tür weg. Ich hätte es doch wissen müssen. Ich habe etwas übersehen, etwas Wichtiges. Es war doch klar, das Zachary Mary ausfragen würde. Mist!

Wie sollte ich mich nur herausreden?

"Ihr wart gar nicht shoppen?"

Und er klang wütend, sehr wütend. 

"Wir sind nicht dazugekommen, Zachary." 

Er hatte sein Handy auf Lautsprecher und ich konnte alles mitverfolgen. Als ein Ton ertönte, wusste ich, dass er aufgelegt hatte. Panisch sah ich mich im Flur um und sprintete blitzschnell in unser Schlafzimmer. Als Schritte ertönte, setzte mein schnell schlagendes Herz aus. Ich warf mich schleunigst auf das Bett und drehte mich in die Richtung der Fenster. 

"Hast du bereits gefrühstückt?", während er die Tür hinter sich schloss, drehte ich mich langsam zu ihm und nickte zögerlich. Er schob die Schublade der Kommode raus und wählte sich eine goldene Uhr aus, dass er sich ums Handgelenk schlang. 

Er sprach das Thema nicht, aber wieso?

"Und wieso liegst du noch im Bett?", er zog die Schublade zurück und drehte sich zu mir um. Ich schluckte. Mein Blick glitt zu seinen Lippen, die sich zu einem leichten lächeln bildeten. Zachary kam langsam näher an den Bettrand und sah meinen Körper entlang. 

Und ich erzitterte unter seinem Blick. 

Blitzschnell hatte er mein Knöchel gepackt und zu sich gezogen. Keuchend sah ich ihm in die Augen und weitete meine Augen, als er sich zu mir hinunterbeugte und sein Gesicht in meine Halsbeuge vergrub. Schnell atmend legte ich zittrig meine Hände an seine Brust, um ihn wegzudrücken, doch dies ließ er nicht zu. 

Er atmete schwer gegen meinen Hals und die Gänsehaut umhüllte meine Haut. Langsam nur ganz langsam ließ er seine große Hand von meinem Oberschenkel hinaufgleiten bis zu meiner Taille. Fest kniff ich meine Finger in sein Hemd und ließ einen Ton aus meiner Kehle herausdringen. 

Mit einer schnellen Bewegung hatte er meine Handgelenke gepackt und sie mir über den Kopf gelegt, während ich mich wimmernd unter ihm wand. Was hatte er nur vor?

"Ich will dich, Evelyn."

×××

"Tut mir leid für die Verspätung, Mr. Marshall."

Er nickte nur und deutete auf meinen Platz. Schluckend blickte ich zu meinem Sitzplatz und erschauderte, als Dylan jede Bewegung von mir beobachtete. Er starrte mich regelrecht an. Ich ließ mich auf meinen Platz fallen und sah geradeaus zur Tafel. 

Doch sein Blick brannte auf mir.

Was war etwas vorgefallen zwischen uns? Erwartete er von mir ein Dank?

"Hey, alles gut?", er knallte seine Hand auf den Tisch, zusammen zuckend riss ich meine Augen weit auf. Einige der Schüler drehten sich zu uns herum, aber das schien ihn nicht zu interessieren. Er war allein auf mich fokussiert. 

"Du hast mir einiges zu erklären, Evelyn Evans."

Steif nickte ich. Damit hatte er recht. Nur wusste er nicht, dass er nicht die Wahrheit bekommen würde, sondern eine ausgedachte Lüge. Wie in den Filmen, die ich sah. Notlügen.

"Wieso hast du dich verspätet?"

Ich senkte den Blick.

Weil er mich auf den Bauch gedreht hatte, mir den Rock heruntergezogen hatte und- 

"Verschlafen", murmelte ich. 

×××

Nebeneinander schritten wir zur Cafeteria. Ich sah mich immer wieder nervös um, kassierte fiese Blicke der anderen, während Dylan heimlich an einer Zigarette zog. Er schien gereizt zu sein, aber weshalb wusste ich nicht. Ob es an mir lag?

"Fang an, ich will alles wissen. Von A bis Z. Kleine Lügnerin", spuckte er aus und ließ sich auf den Stuhl fallen. Langsam setzte ich mich und schluckte hart. Er hat mich als eine kleine Lügnerin bezeichnet, aber anders hatte ich es doch nicht verdient. 

Ich sah bereits den Film vor mir. Er würde gegenüber mir Abneigung empfinden, sich zu den anderen schließen und gemeinsam wie ein Dreamteam mein Leben zerstören. Und alles, was mich am Leben halten würde, wäre Zacharys Liebe. 

Mein Kopf schwindelte von den Gedanken. Wieder ohne Freunde, ohne Freude und ohne Hilfe. Und das nur, weil ich Dinge verschwieg. Dinge, die eben gemein bleiben musste. Aber dieses Mal mussten die Karten auf den Tisch gelegt werden. 

Für die Freundschaft...

"Also, das mit der Adresse war gelogen." Er nickte und schloss wütend seine Augen. Unter dem Tisch nahm ich genau wahr, wie er seine Hände zu Fäusten ballte. 

"Ich wollte nicht, dass du siehst, wo ich wohne. Und mit wem", murmelte ich und strich mir eine lästige Haarsträhne aus dem Gesicht. Auf den schweren Part war ich nicht vorbereitet. Ich konnte das einfach nicht, nein!

"Und wer war dieser Mann?"

"Der Freund von meiner Freundin. Ich durfte bei ihnen einziehen, weil meine Eltern momentan unter Stress sind und ziemlich beschäftigt mit der Arbeit sind. Meine Freundin ist verlobt, sie heißt Mary und ihr Verlobter Mason wohnt auch darin. Dann kam ich noch dazu und der Freund von den beiden", redete ich mich hastig raus. 

Tief nahm ich Luft und sah ihm unsicher ins Gesicht. Er musste mir glauben. Er musste diese Lüge glauben. Er musste einfach...

"Verstehe, in Ordnung."

Ich atmete aus und lehnte mich beruhigt nach hinten. Ich habe es geschafft. Auch wenn ein schlechtes Gefühl in mir hochkam, fühlte ich mich erleichtert. Die Last auf meiner Schulter war verschwunden. 

"Und wieso standen diese breiten Männer um das Gelände, als was arbeiten denn deine Freunde?", er stützte sich mit dem Ellbogen am Tisch ab und sah mir in die Augen. 

"Sie haben zusammen eine Firma erbaut und die Männer dienen lediglich als Schutz, weißt du?", peinlich verhaspelte ich mich und senkte den Blick. 

"Du hättest nicht lügen müssen, Evelyn. Ich bin irgendwie enttäuscht." Rasch erhob er sich, zog damit die Blicke der Schülerinnen auf sich und mich ließ er verdutzt und einsam an den Tisch sitzen. Er setzte sich an den Tisch anderer Jungs und fing an zu plaudern. 

Autsch.

Mein Herz verzog sich krampfhaft und ich sprintete schleunigst ins Mädchen WC. Angekommen verschloss mich in einer der Kabinen und setzte mich auf die Schüssel. Zog meine Knie nah an mich heran und lehnte meinen Kopf gegen die Trennwand. 

Hatte ich mit diesen Halbwaren Geständnissen nun die freudige Freundschaft zerstört? Habe ich gerade in diesen Sekunden Dylan verloren. 

Wie ein Schlag in die Magengrube. 

"Warum muss ich alles zerstören? Meine erste fast richtige Freundschaft und das mit einem Jungen", murmelnd nahm ich tief Luft und heulte mir die Seele aus dem Leib. Als hätte ich mit dem Finger geschnippt. 

"Ich bin so dumm, dumm, dumm." Schlug wütend meinen Kopf gegen die Wand, ballte meine Hände zu Fäusten und schlug wieder meinen Kopf gegen die Wand. Mit mehr Kraft und Wucht. Ich wollte im Erdboden versinken. 

"Warum", weinte ich und ließ mich auf die Knie fallen. 

Alles, was ich wollte, war die Freundschaft. Sie fühlte sich doch richtig an, ich vertraute ihm. Aber ich musste alles versauen. Mit meiner dummen Dummheit. 

×××

Meint ihr, die Freundschaft ist zerstört? Wie findet ihr deren Verhalten? Votet& kommentiert ihr süßen Gummibärchen💕😍

Nightlovellyy💕

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