42.

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E V E L Y N

Die Tränen glitten pausenlos meine Wangen hinunter. Fielen auf meine Hose. Sie hinterließ nasse Flecken. Die Tränen sagten mir deutlich, dass ich wieder alles zerstört habe, was noch zu retten gewesen war. Doch ich habe es ruiniert. Weil ich immer an mich dachte. Ich dachte nicht an die anderen. Ich hintergehen Menschen und verschweige es ihnen.

Ich kann nicht mehr.

"Zachary." Schluchzend drehte ich mich zu meinem Verlobten und legte weinend meine Hand auf seine trainierte Brust. Mit großen Augen blickte er zu mir und verlangsamte das Tempo des Autos.

"Evelyn, Baby, was ist los? Wieso weinst du?" Schnell fuhr er an die Seite und drehte sich komplett zu mir um. "Nicht weinen, Evelyn." Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mir sanft auf die Stirn.

Wenn er wüsste, was ich alles verborgen hielt, würde er mich nicht mehr Küssen. Er würde auf mich herabsehen. Wie es doch eigentlich alle taten. Und genau jetzt merkte ich auch, dass ich es doch eigentlich von Anfang verdiente.

Ich schadete meinem Umlauf.

"Ich muss dir was erzählen." Ich krallte mich in sein weißes Hemd, beugte mich komplett zu ihm und weinte in sein Hemd rein. Beruhigend strich er mir über den Kopf und fuhr meinem Rücken immer wieder hinauf. Langsam ließ das Beben ab. Nur leise schluchzer drangen aus meiner Kehle.

"Weine nicht. Es macht mich echt verrückt, bitte hör auf." Zärtlich küsste er meine Tränen aus dem Gesicht. Ich fühlte mich so unendlich schlecht, während er mich küsste, und ich ein Geheimnis mit mir mittrug. Ich musste es ihm einfach erzählen.

"Als ich vorhin mit meiner Freundin Achterbahn gefahren bin, wurde ich von einem Jungen auf die Lippen geküsst." Vorsichtig senkte ich meinen Kopf zu seiner Hose. "Und ich wollte das gar nicht, aber ich konnte auch nicht sehen, wer das war. Du musst mir echt glauben, dass ich das nicht wollte." Die Tränen waren plötzlich verschwunden, alles was ich nun wollte war, dass er mir glaubte. Auch wenn es nur einigermaßen die halbe Wahrheit war.

Meine Atmung stockte, als ich sein Schnellschlagendes Herz spürte. Oje. Er war wütend. Er atmete schwer aus. Blitzschnell hatte er mein Kinn wieder nach oben gedrückt und ich blickte eingeschüchtert in seine Augen, die böse funkelten.

Mit schweren Atem stützte ich mich mit meinen Handflächen an seinen Oberschenkeln ab, während er mich immer näher zu sich zog.

"Du wurdest geküsst." Meinem Rücken lief ein kalter Schauer hinunter. Seine Stimme so tief. "Und was hast du getan?" Ich schluckte.

"Ich wollte ihn von mir drücken, aber ich konnte nicht." Grob drückte er mich von sich, startete zornig das Auto und beschleunigte. Erschrocken krallte mich an den Sitz und sah aus dem Fenster. Wir rasten fürchterlich schnell, so das alles ab uns vorbeiglitt. Und schon spürte ich, wie mein Magen anfing zu rebellieren.

Was hatte er vor?

×××

"Überwachungskameras, sofort." Der Polizist zitterte nur so ängstlich vor sich hin und schüttelte den Kopf. Zachary schlug knallend seine große Hand auf seinen Arbeitstisch, worauf der Polizist erschrocken von seinem Platz aufsprang.

Wir waren in der Zentrale und Zachary wusste, das hier alles beobachtet wurde.

"Das geht nicht, wer sind sie überhaupt?" Mit großen Augen blickte ich zwischen ihnen beiden immer wieder her. Ich konnte es überhaupt nicht fassen, dass Zachary mit mir zusammen zur Polizei Zentrale gefahren ist, um nun Überwachungskameras anzufordern. Wir wurden auch nicht aufgehalten. Nein. Wir wurden in Empfang genommen, als wäre Zachary ihr Boss gewesen.

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