Kapitel 27 - Kelzo

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Kelzo starrte gelangweilt aus dem Fenster, während Utek ihn die ganze Zeit an brüllte.

„Was soll ich mit einem Hauptmann, wenn er die meiste Zeit abwesend ist? Ich zweifle so langsam an deiner Loyalität! Zwei Wochen warst du abwesend und nun erscheinst du hier, als ob es dein gutes Recht wäre, einfach so zu verschwinden! Deine Loyalität scheint wirklich abhanden gekommen zu sein. Kann es sein, dass du heimlich mit dem Feind gemeinsame Sache machst? Mit den Rebellen, die meinen Rücktritt fordern?"

Bisher hatte Kelzo das Geschimpfe mit einer Engelsgeduld ertragen. Wie sagte man so schön in der anderen Welt? Ach ja. Es ging ihm am Arsch vorbei, was Utek da von sich gab. Er hing seinen eigenen Gedanken nach und ließ Utek reden!

Aber der letzte Satz holte ihn nun wieder in die Wirklichkeit zurück.

„Du zweifelst an meiner Loyalität? Habe ich dir je dazu einen Grund gegeben?"

Er hatte sehr leise gesprochen.

Doch das genügte schon, um Utek die Schamesröte ins Gesicht zu treiben.

„Nun ja, natürlich nicht!" Er räusperte sich. „Aber irgendwie denke ich, du bist nicht mehr so mit Eifer bei der Sache, als am Anfang!"

Kelzo sah wieder aus dem Fenster und beobachtete das Treiben unter ihm. Die Burg, auf der Utek zurzeit residierte, glich einem Schlachtfeld. Überall lagen immer noch die Trümmer der Schlacht herum, die vor fünf Jahren stattgefunden hatte. Kelzo hatte sie noch anders in Erinnerung. Damals hatte er, Kelzo, sie für Utek erobert. Obwohl sie schon ein gewisses Alter gehabt hatte, war sie in einem sehr guten Zustand gewesen. Sie lag zentral in Lesara und war mit allem Komfort ausgestattet, die man in Lesara erwarten konnte. Aber Utek hatte es geschafft, sie innerhalb von wenigen Jahren verkommen zu lassen. Es kümmerte ihn einfach nicht, was aus den Gebäuden wurden, die er durch Schlachten bekam.

Kelzo versuchte sich gleichgültig zu geben, aber innerlich kochte er vor Wut!

Utek hatte sich mit den Jahren immer mehr als ein Versager herausgestellt. Auch wenn er immer noch glaubte, er würde ein Teil der Prophezeiung sein, so wusste Kelzo mittlerweile, dass er es eben nicht wahr. Utek wusste nicht einmal, was in dieser Prophezeiung stand. Er hatte nur ein paar Stichworte aufgeschnappt und sich seine eigene Wahrheit geschaffen.

Kelzo versuchte ein Lächeln zu unterdrücken.

In gewisser Weise war Utek ein Teil der Prophezeiung. Er war das Böse, das besiegt werden würde. Und Kelzo freute sich nun auf diesen Moment.

Er wusste nicht mehr genau, wann er angefangen hatte, an Utek zu zweifeln. Aber aus den Zweifeln wurde schnell Gewissheit.

Utek räusperte sich erneut und riss Kelzo so aus seinen Gedanken.

„Hörst du mir überhaupt zu? Ich habe dich gefragt, wo du die letzten Wochen warst?"

Kelzo hob eine Augenbraue, was Utek zusammen zucken ließ. Auch wenn er sonst nicht der Hellste war, wusste er doch ganz genau, dass er es sich mit einem Nachtelf nicht verscherzen durfte. Nicht nur, dass sie gefährlich waren, sie standen auch zueinander und würden sich gegenseitig nie im Stich lassen. Sollte Utek es sich wirklich mit Kelzo verscherzen, musste er gleich mit einem Schwund in seiner Armee rechnen. Immerhin waren an die hundert Nachtelfen unter seinem Kommando.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, was es dich angeht, Utek. Ich war mir nicht im Klaren, dass du mich hier so dringend gebraucht hättest."

Utek schluckte hart, während Kelzo wieder aus dem Fenster in die Ferne starrte.

Es war von Anfang an eine Abmachung zwischen den beiden gewesen, dass der Nachtelf Utek zwar gehorchte, aber seinen Freiraum benötigte.

Utek nahm einen Schluck Wein.

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