Neue Erkenntnisse

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Meine Augen gehen auf und ich bin mir sicher, dass ich mir gerade irgendwie den Arsch abfriere. Das ist übrigens mein erster Gedanke. "Scheiße, ist das kalt...!", zische ich und setze mich auf. Sehe mich um. Ein weißes Laken rutscht von meinem Gesicht. Ich blicke nach unten. Ich bin nackt unter dem Laken, nicht wahr? Nachdem ich nachgesehen habe, bin ich mir sogar sicher. Die Muttermale des Dolches sind immer noch da, aber die Wunden an den Unterarmen und dann wahrscheinlich auch im Gesicht, verheilt. Eine Lampe erhellt den Raum. Um mich herum sind mehrere Bahren. Alles scheinbar Leichen. "Okay. Wenn einer von Euch noch aufsteht, bin ich weg.", brumme ich und springe von dem Tisch runter. Wickle mir das Leichentuch um den Körper und gehe zur Tür. Nichts hinterfragen. Einfach nur machen. Alles wird gut. Wenn ich anfange zu hinterfragen bin ich am Arsch.

Auf dem Gang angekommen, sehe ich mich wieder um. Auch hier brennen Lichter und ich kann Stimmen vernehmen. Linke Türe. Ungefähr 10 Meter von mir entfernt. Gegenüber einer... Treppe? Habe ich mir so nicht immer Undertakers private Räume vorgestellt? Ich sehe wieder an mir runter und zucke mit den Schultern. Würde zumindest passen. Ich öffne die Tür einen Spaltbreit und linse nach draußen. "Ja... Ihre Beerdigung bezahle ich." "Was? Nein! Sie war wie eine Schwester für mich! Alex würde mich umbringen, wenn sie wüsste, dass ich jemand anderen ihre Beerdigung bezahlen lasse!" Ciel und Cedrik scheinen sich gerade über die Kosten einer nicht stattfindenden Beerdigung zu streiten. Ich höre es mir noch einen Moment an, ehe ich die Tür komplett aufreiße. "BLAST DIE BEERDIGUNG AB! ICH LEBE!", rufe ich lachend und höre im nächsten Augenblick ein dumpfes aufprallen. Da ist uns Cedrik doch glatt aus den Latschen gekippt.

Entgeistert verziehe ich das Gesicht. "Da kommt man von den Toten zurück und dann das.", brumme ich und gehe, nur mit dem Leichentuch bekleidet, zu Cedrik. "Hey, Undertaker. Tagchen, werter Earl und hallo Mister Michaelis.", begrüße ich sie so nebenbei und gehe neben dem ohnmächtigen Kerl in die Hocke. "Cedrik, du Idiot. Wach auf!", zische ich und schnipse ihm gegen die Stirn. "Miss... Kindred?" Lächelnd sehe ich zu dem kleinen Ciel hoch. "Jap?" Vollkommen baff, versucht er, irgendwelche Worte zu finden. Ich winke nur ab. "Ich erkläre Euch nachher alles. Jetzt erst einmal hätte ich gern, dass er aufwacht und ich kurz nach Hause kann, um mir was anzuziehen." Kichernd, lehnt sich Undertaker über die Theke aus Särgen. "Also bisher ist noch nie ein Gast einfach so gegangen! Immer wieder was neues!", ruft er und lacht in seiner typischen Manier.

Es braucht doch tatsächlich eine gute halbe Stunde, bis Cedrik wieder aufwacht und ich ihn jetzt schon gar nicht mehr von mir weg kriege. "Du warst tot! Du warst tot!", ruft er immer wieder und ich seufze. "Jap. Ich weiß. Sterben fühlt sich übrigens scheiße an. Zumindest erschossen werden." Pause. "Und ein Dolch ist auch scheiße." Von Sebastian bekomme ich immer wieder komische Blicke zugeworfen, die er auch Undertaker zuwirft. "Ey. Undertaker hat nichts damit zu tun. Ich bin keine Doll, okay?" Wieder wende ich mich Cedrik zu. "Wärst du jetzt so lieb und würdest mich los lassen? Ja, mir ist kalt. Aber ich hätte trotzdem gern normale Kleidung. Und die gibts nur daheim." Ein kurzes amüsiertes Schnauben. "Oder beim Earl." Immer wieder drückt Cedrik mich um sicher zu gehen, dass ich wirklich da bin, ehe ich ihn zum Kleider holen schicke. Und zwar zwangsweise.

Er zischt wie eine Rakete aus der Tür und knallt sie hinter sich zu. Kopfschüttelnd sehe ich ihm hinterher. "Familie... Mehr kann man nicht sagen...", brumme ich und sehe dann zu Sebastian. "Na? Froh, dass ich doch nicht tot bin?", frage ich und strecke ihm die Zunge raus, ehe ich Lachen muss. "Es ist durchaus erfreulich, dass Ihr dem Tode entkommen seid, Miss Kindred.", erwidert er ruhig und ich ziehe eine Augenbraue hoch. Seufzend lasse ich den Kopf hängen, ehe ich ihn wieder hebe. "Klar. Du bist ein Teufel, Sebastian. Aber... könntest du wenigstens Emotionen vorspielen? Willkommen fühle ich mich nicht wirklich.", gebe ich zu und verschränke die Arme. Überraschte Stille. Von allen drei Parteien werde ich angestarrt. Von Ciel perplex. Von Sebastian misstrauisch. Und von Undertaker amüsiert, ehe er das Lachen anfängt. "Oi! Von einem ehemaligen Shinigami will ich jetzt nichts hören!", rufe ich ihm zu und spüre schon den Luftzug. Und auch die langen Fingernägel an meinem Hals, die mich durchaus aufspießen könnten.

Dennoch bleibe ich ruhig. "Darüber wollte ich noch mit euch allen reden.", gebe ich von mir und sehe zu Ciel. "Obwohl ich mir bei Euch noch nicht so sicher bin. Seid Ihr ein Dämon, oder nicht...?" Im selben Moment hebe ich einen Finger in Richtung Sebastian. "Abab! Nein!" Mit einem vorwurfsvollen Gesichtsausdruck sehe ich zu dem Teufel, dessen Augen rot glühen. "Ich hab mein Leben erst wieder. Ich wills jetzt nicht schon wieder verlieren. Also untersteh dich." Auch Ciel deutet an, dass sich Sebastian wieder beruhigen soll und sieht mich dann skeptisch an. "Und Ihr werdet uns sicherlich erzählen, woher Ihr das alles wisst, nicht wahr?" Lächelnd nicke ich. "Stand auf dem Plan, ja. Das große, wieso ich wieder am Leben bin Ding... erzähle ich erst, wenn Cedrik wieder da ist und ich meine Kleidung hab. Ist hier nämlich Arschkalt."

Ich erzähle ihnen genau das gleiche, was ich auch schon Cedrik erzählt habe. Die Dimensionen. Dass ich in meiner alten ermordet wurde. Woher ich sie genau kenne und dass ich hier schon ein dreivierteltes Jahr lebe. Ohne, dass es scheinbar jemandem aufgefallen ist. Zumindest keinem Shinigami, sonst wäre ich schon längst aus dem Verkehr gezogen worden. Cedrik kommt zwischendurch rein, aber setzt sich nur und lauscht der ihm bereit bekannten Geschichte. Erst, als ich geendet habe, hole ich mir die Kleidung, ziehe mich im Gang um und komme wieder zurück in den Hauptraum, den Undertaker mittlerweile der normalen Außenwelt verbietet, in dem er abgeschlossen hat.

Von Undertaker habe ich auch etwas zu trinken bekommen und der Messbecher ist auch schon wieder leer. "Gut. Nachdem Punkt eins erledigt ist, komme ich zu Punkt zwei." Ich sehe in die Runde, zu der sich auch Cedrik gesellt hat. Die anderen drei Wesen, Ciel ist tatsächlich schon ein Dämon, finden es nicht so prickelnd, dass er alles weiß. Aber nehmen es hin. "Oder braucht jemand eine Pause, damit Punkt eins überhaupt verdaut werden kann?" Stille. Undertaker, der in seiner Shinigamiform auf dem Sargtresen sitzt, ist auch entspannt. Zufrieden nickend, trete ich einen Schritt zurück. "Also gut. Wenn ihr bei Punkt eins schon gezweifelt habt, ob ich überhaupt die Wahrheit sage, wird euch das folgende wahrscheinlich aus den Socken hauen. Da würde ich eher glauben, dass Teufel real sind. Aber... Hier sind wir.", bringe ich raus und fange an, alles zu erzählen, was ich weiß. Von Mutter Natur, Gevatter Tod und Zaroy. Und, dass ich ihn irgendwie aufhalten muss, da er all jene meiner Art töten will.

Die Jagd nach dem Dolch - Der erste TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt