Am Nachmittag gehen wir wieder gemeinsam einkaufen, da er etwas spezielles kaufen möchte, was seine Kleidung angeht. Ich kann nur raten, dass es sich um die Frau handelt, mit der er sich in letzter Zeit öfters trifft. Sollte es mir möglich sein, so lasse ich die beiden im Haus eh generell alleine und verziehe mich. Er scheint Hals über Kopf in sie verliebt zu sein und ich möchte da nicht im Wege stehen. "Ich bin gleich wieder hier. Warte kurz! Es dauert nicht lange!", ruft er und stürmt schon fast in das Geschäft hinein. Kopfschüttelnd, aber mit einem Lächeln, sehe ich ihm hinterher und warte mit dem Korb draußen. Die Sonne wird von Wolken verdeckt und es sieht so aus, als würde es bald regnen. Aber dann wäre es halt so.
Ein spitzer Schrei und ich sehe sofort in die Richtung. Ein Mann kommt in meine Richtung gerannt. Eine Frau läuft ihm mit dem Kleid hinterher. "Haltet den Dieb! Meine Tasche!", ruft sie und mein Körper reagiert schneller, als mein Kopf es könnte. Ich schmeiße den Korb auf die Seite und renne hinter dem Mann her. Vielleicht bin ich eine Frau. Aber ich bin schnell. Zumindest im sprinten. Auf lange Strecken kann man mich in die Tonne treten. Ich hole alles aus meinen Beinen heraus und komme sogar näher. Soweit es geht, strecke ich meine Hand aus und kann einen Zipfel seines Ärmels erwischen, bevor ich über einen losen Pflasterstein stolpere. Somit fliege ich auf die Schnauze. Nicht aber, ohne ihn mit zu nehmen. Wie beide rollen für einen Moment, bis wir stehen bleiben und ich einen Augenblick brauche, um oben und unten wieder unterscheiden zu können.
Dennoch bin ich schneller auf den Beinen und schnappe mir die Tasche, ehe ich mich auf den Mann drauf setze. Den Arm auf seinem Rücken lege und ihn nach oben drücke, sodass dieser schon fast schmerzerfüllt aufstöhnt. Gemurmel brandet auf. Schaulustige haben sich eingefunden. "Lass mich los!", brüllt der Kerl und windet sich, doch ich drücke seinen Arm weiter nach oben. "Schnauze!", zische ich ihm zu und werde von der Wache abgelöst, die ihn fest nimmt. Offensichtlich wurden sie schon gerufen und haben nicht lange gebraucht. Die etwas fülligere Dame, dessen Tasche geklaut wurde, kommt zu uns gelaufen und ich kann ihr ihr Schmuckstück lächelnd übergeben. "Vielen, vielen Dank!", ruft sie und drückt die Tasche an sich, ehe sie mich besorgt ansieht. "Braucht Ihr einen Doktor?", fragt sie dann und ich runzle die Stirn, ehe ich meine Hand an meine rechte Wange lege und sie schnell wieder wegziehe, da es brennt. Schürfwunde.
Ich winke ab. "Alles gut. Das kostet nur wieder so viel und auf mich wird gewartet." Ärzte hier sind verdammt teuer. "Keine Widerrede! Ich bringe Euch zu einem guten Doktor! Jetzt und sofort! Kommt mit!" Überrumpelt, kann ich ihr nur folgen. Vor allem auch deswegen, weil sie mein Handgelenk in einem verdammt starken Griff hat. An sich dachte ich, dass hier alle adligen oder gut betuchten Damen und Herren ziemlich hochnäsig wären. Scheinbar ist dem nicht so. "Das ist das mindeste!", meint sie und zieht mich weiter. Die Schaulustigen teilen sich auf und verstreuen sich langsam aber sicher wieder. Und ich? Ich lasse mich einfach nur hinterher ziehen und habe aufgegeben. Ist das nicht normal, dass man einen Dieb fängt? Klar. In meiner Welt hätte man nur Anschiss von der Polizei bekommen. Wahrscheinlich. Aber hier... sollte es normal sein, oder?
Stumm lasse ich die ganze Behandlung über mich ergehen und sehe zu, wie das Geld über den Tisch und in die Taschen des Arztes wandert, nachdem er mich komplett versorgt hat. Nicht nur die Schürfwunde im Gesicht, sondern auch die an meinen Unterarmen. Ein wenig bandagiert, aber verarztet, gehen wir aus dem Gebäude und die Dame verabschiedet sich, während ich nur dastehen kann und staune. Wow. Die ist echt großzügig. "Alex! Ich-" Schnaufen ertönt und ich sehe nach links. Cedrik kommt dahergelaufen und bleibt stehen. Beugt sich nach vorn und stützt sich auf seinen Oberschenkeln ab. Braucht wohl einiges, um Luft zu bekommen. "Wo... warst... du! Was ist... passiert?" Ruhig erkläre ich es ihm im schnelldurchlauf, während er wieder zu Atem kommt. Dann sieht er sich meine Unterarme und mein Gesicht an. "Tut es noch sehr weh?", fragt er und ich zucke mit den Schultern. "Frisch desinfiziert... was meinst du? Ich habe das Gefühl, in Flammen zu stehen!", erwidere ich nur.
Gemeinsam gehen wir wieder zurück. "Und du bist ihm einfach hinterher?", fragt er und ich nicke. "Wie eine gesenkte Sau. Sprinten kann ich. Aber nicht lange laufen. Entweder du kannst das eine, oder das andere." Ich sehe auf meine Unterarme und drehe sie herum. Verbände wickeln kann der Arzt, das muss man ihm lassen. "Und du wurdest zum Arzt gebracht. Wann kommt die Rechnung? Das war nämlich der teuerste Arzt der Stadt!" Zufrieden grinse ich. "Die Lady hat alles bezahlt. Ganz ruhig.", erkläre ich es und er sieht mich überrascht an. "Dir hat man einfach so was bezahlt?!" Nun ein wenig empört, schnaube ich. "Hey!" Cedrik lacht kurz. "Tut mir leid, aber... du siehst jetzt nicht unbedingt aus, als könnte man dir trauen." Ein wenig beleidigt sehe ich nach vorn. Das war jetzt schon hart. Normalerweise sagt man mir immer, dass ich aussehe, als könnte man mir als Fremde alles anvertrauen!
Eine Hand auf meinem Kopf lässt mich entgeistert auf die Seite blicken. "Hey, Alex. Ich hab dich gern. Echt. Und ich bin froh, dass dir nichts passiert ist. Wirklich!" Kurz wuschelt er durch meine Haare, ehe er seine Hand wieder sinken lässt. "Du solltest auf dich aufpassen. Es ist nicht immer jemand da, um dich aufzufangen." Ich muss das Lächeln anfangen und sehe zu ihm. "Ich erwarte nie, dass jemand da ist, um mich aufzufangen. Damals... In meiner Kindheit... Ich war immer alleine. Meinst du es war jemand da, um mich aufzufangen, wenn ich gefallen bin und ich war nicht bei meiner Familie?" Ich sehe wieder nach vorn. "Es war niemals jemand da um mir zu helfen, wenn ich auf falsche Freunde reingefallen bin. Wenn ich dachte, dass ich mich verstellen muss, um Freunde zu bekommen. Meine Eltern haben viel abgefangen. Aber noch lange nicht alles. Sie konnten mir nicht helfen, als mein großer Bruder abgehauen ist. Als ich mich um meinen kleinen kümmern musste, weil sie etwas anderes tun mussten. Und ja, sie mussten. Sie wollten so eine Verantwortung nicht unbedingt auf ein fünfjähriges Kind übertragen, aber es ging nicht anders."
Nach diesem kurzen Einblick in meine Kindheit, schnaube ich. "Ich habe mich schon so oft verletzt, Cedrik. Psychisch und physisch. Ich halte einiges aus. Was meinst du, wieso ich dir so oft bei einigen Problemen helfen konnte?" Der blondhaarige verzieht sein Gesicht. "Können wir das Thema wechseln? Das wird langsam echt deprimierend..." Lachend nicke ich. "In Ordnung! Schlag eins vor!" Während wir uns nun über das unterhalten, was er gekauft hat, bemerkt keiner der beiden, wie die roten Augen nun wieder von ihnen gehen. Die Aufmerksamkeit der gespitzten Ohren von ihnen genommen wird und sich ein gewisser schwarzhaariger Butler auf seinen Herren konzentriert. Aufgaben müssen eben erledigt werden. Und wenn er nun schon einen Dämonen als ewigen Herren hat, so wird er sich auch um ihn kümmern.
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Die Jagd nach dem Dolch - Der erste Tod
FanfictionAlex lebt friedlich und gemütlich in ihrer Welt. Hat ihre Freunde und eben normale Probleme. Wie kann man die Berufsschule am besten schwänzen, um mit ihrem besten Freund Ricky saufen zu gehen und so weiter. Doch ein Dolch in ihrer Brust lässt sie i...