Das ein oder andere Gespräch

80 8 1
                                    

"Nein, nein! Du musst- Warte. Rück rüber! Kusch! Mach Platz!" Ich stoße Undertaker sanft weg von der Leiche und sehe ihn dann kopfschüttelnd an. "Ey. Du machst das schon länger und ich muss dir erklären, was das Ding ist?" Skeptisch sehe ich ihn an. "Lass die Lymphe. Das ist keine Veränderung wegen einem Tumor!" Dann wird mein Blick neugierig und ich greife einfach so in den Körper rein. "Alexandra! Das-" "Ist der Magen. Das krieg ich auch noch zusammen.", erwidere ich und hole etwas raus. Besehe es mir und ziehe die Augenbrauen hoch. "Nun gut. Das ist die Leber. Auch gut." Wie lustig sich das Ding einfach anfühlt. Ich muss das Lachen anfangen und grinse Undertaker an. "Willst du fangen?" Besagter Kerl versucht gerade, mich nicht umzubringen. "Alexandra. Lass den armen Gast in Ruhe!"

Mit einem Mal geht die Tür zum Leichen- und Sezierraum auf und ich erstarre. Mit der Leber in meiner Hand sehe ich zur Sebastian, welcher mich nur kurz mustert. Peinlich berührt, grinse ich und lege die Leber wieder zurück in den Kerl, den wir aufgeschnitten haben. Mein Körper zittert vom Lachen und ich versuche, es zumindest leise ablaufen zu lassen. "Nehmt sie mit. Sie hat keinen Anstand, was meine Gäste angeht.", brummt Undertaker und ich sehe ihn perplex an. "Sagt derjenige, der mir vorher ein Herz zugeworfen hat." Die Augen des grauhaarigen werden schmal. "Ich bin ausgerutscht." Herausfordernd hebe ich mein Kinn. "Aha. Und das mit der Zunge? War das etwa auch-" "Geh einfach, kleines Röslein. Oder ich stutz dir deine Dornen!", knurrt er. Dennoch ist zu sehen, wie ein Mundwinkel nach oben zuckt. "Ja, ja, ja. Ist ja gut. Lass mich wenigstens noch meine Hände waschen."

Nachdem ich nicht mehr so aussehe, als wäre ich in einer Schlachterei angestellt, folge ich Sebastian. Dieser holt mich tatsächlich ab. Diesmal aber mit einer Kutsche. Gemütlich sitzen wir drin und ich habe das Gefühl, einfach einschlafen zu können. "Sebastian?" Der schwarzhaarige blickt zu mir. "Was ist passiert, als ich... kurz weg war." Eine kurze Stille. "Zaroy ist verschwunden. Nicht einmal ich konnte ihn finden. Euer Master hatte einen Nervenzusammenbruch und hat nur noch wegen dem Verlust geweint. Es tut mir leid, dass ich nicht schnell genug war, um Euch zu retten." Ich winke ab. "Ist egal. Ich bin hier und du kannst nicht jeden retten. Auch, wenn du es versuchst. Das ist die Menschheit, Sebastian. Wir verblühen so schnell, wie wir aufgeblüht sind." Ich verstumme, sodass er weiter reden kann. "Ich bin dazu gekommen und habe Euch zu Undertaker gebracht, ehe ich Euren Master in das Haus begleitet habe. Mein nächster Weg ging zum jungen Herren, damit auch dieser Bescheid wusste. Die Bediensteten werden sich freuen, Euch wieder anzutreffen. Sie waren niedergeschlagen, die traurige Nachricht zu vernehmen."

Er legt ein Bein über das andere. "Wie Euer Master den folgenden Tag verbracht hat, darüber ist mir leider nichts bekannt. Im Anwesen ist es ruhiger zugegangen und der junge Herr hat einen Auftrag Ihrer Majestät bekommen. Die Nacht verlief ruhig und heute sind wir alle in das Bestattungsinstitut gekommen, um die Planung Eurer Beerdigung zu machen. Dass wir auf Euren Master gestoßen sind, war reiner Zufall. Und dann seid Ihr erschienen. Munter, wie immer." Kichernd lehne ich mich nach hinten. "Unkraut vergeht nicht. Und offensichtlich bringt man mich gar nicht um.", murmle ich grinsend und sehe in die roten Augen. "Und jetzt geht der ganze Mist erst richtig los, nicht wahr? Das ganze töten-Zeug. Die Jagd nach dem Dolch." Gähnend hebe ich meine Hand und verdecke meinen Mund. "Ihr könnt ruhig schlafen, Miss Kindred. Seid sicher, dass niemand Euren Schlaf stören wird." Tja. Ich nehme ihn beim Wort. Vorsichtig stehe ich auf, setze mich neben ihn und lasse mich einfach auf die Seite und auf seinen Schoss fallen. "Nachti...", bringe ich noch raus, richte mich ein wenig hin und bin fast augenblicklich fort.

Wache erst auf, als ich schaukle. Irritiert mache ich die Augen auf. "Habe ich Euch geweckt, Miss Kindred?", fragt Sebastian und ich hebe meinen Kopf. Sehe mich müde um. Wir sind irgendwo im Anwesen. "Alles... gut...", murmle ich und lege meinen Kopf wieder an seine Brust. Gähne, schlafe aber nicht mehr ein. "Es tut mir leid, wenn ich Euch einfach so hochgehoben habe. Dies ist eine Verletzung der Privatsphäre und-" "Sei still.", unterbreche ich ihn und sehe zu ihm hoch. Immer noch müde und mit halb offenen Augen. "Meinst du, dass ich in meiner alten Arbeit nicht angetatscht wurde? Ich wurde beleidigt. Mein Hintern scheint wohl ein gutes Ziel für Hände gewesen zu sein und ich hatte noch nie, außer in diesem Klinikum, also meiner alten Arbeit... so viel Probleme mit Händen an meinen Brüsten. Was du hier machst..." Leicht lächle ich. "Ist reines Verwöhnprogramm und läuft unter gehobene Klasse."

Sebastian nickt und es ist, als wirke er erleichtert. "Ich will mir nicht vorstellen wie es ist, in Eurer eigentlichen Dimension zu leben. Es hört sich dort sehr... rüpelhaft an, wenn ich mir diese Aussage erlauben darf." Amüsiert schnaube ich. "Du hast es ja ziemlich nett ausgedrückt. Der Leistungsdruck ist enorm, wenn man es zu etwas bringen will. Du musst viel wissen. Nicht nur das Allgemeinwissen muss hoch sein, sondern auch das Fachspezifische. Gute Manieren. Am besten mehrere Sprachen außerhalb des deutschen und englischen. Berufserfahrung in Feldern, in denen du keine Berufserfahrung haben kannst, ohne dort gearbeitet zu haben. Motivation und Flexibilität. Nebenbei laufen Rebellionen. Kriege. Hungersnöte. Ein komplett verrückter regiert Amerika und selbst die Kirche ist am hohldrehen. Noch Fragen?" Der schwarzhaarige blickt von mir auf den Weg vor uns. "Und Ihr seid trotzdem noch so, wie Ihr seid? Fröhlich. Aufopferungsvoll."

Er bringt mich in mein Zimmer und setzt mich dort ab. "Ich bin... vieles, wenn man mir die Chance lässt, meine Maske aufzusetzen. Ich komme aus mir raus. Ich rede mit fremden Leuten. Bringe Leute meinetwegen um, wenn es um meine Familie geht! Aber wie ich wirklich bin... interessiert generell wenig. Immer hieß es, man sollte so sein, wie man ist. Aber wenn ich so war, wie ich bin." Schulterzuckend sehe ich zu dem Finger, der immer noch in dem Essigglas auf dem Nachtkästchen steht. "Egal, was du in dieser Dimension getan hast, nie warst du gut genug. Warst du schlecht, wurdest du als Versager abgestempelt. Warst du gut, warst du ein Streber. Hast du etwas gern gemacht, war es gleich eine Sucht. Liebe ist dort so standhaft wie ein Blatt Papier in einem Tornado. Ein oder zwei Monate, dann gehen die meisten Beziehungen auseinander. Man hat nur rumgevögelt. Selten ist es schon geworden, dass man sich Zeit lässt. Dass man sich besser kennen lernt." Ich schüttle meinen Kopf und sehe wieder zu Sebastian. "Aber was solls. Das ist nur die Umgebung, in der ich aufgewachsen bin. Mit Tod. Falscher Liebe. Leeren Versprechungen und Leistungsdruck schon mit 10, oder wann auch immer die Grundschule fertig ist."

Die Jagd nach dem Dolch - Der erste TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt