Eine erstaunliche Nachricht

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Hin und wieder wird der Wallach nervös, aber ich kann ihn relativ schnell beruhigen. So, auch jetzt wieder. Er reißt seinen Kopf hoch und geht zurück. "Hey, hey! Es ist alles gut!", rufe ich und gehe ihm nach. Die Zügel in meinen Händen. Er bleibt stehen. Das weiße ist in seinen Augen zu sehen und die Ohren spielen nervös herum. Vorsichtig lege ich eine Hand auf seine Nüstern und kraule dort ein wenig. "Sh... ich bin ja da... es ist alles gut..." Meine Stimme ist leise und seine Ohren gehen nach vorn. "Wir sind gleich aus dem Wald draußen, okay? Alles ist gut..." Noch ein wenig unruhig, scharrt er auf dem Boden, schnaubt dann aber und schüttelt seinen Kopf. Und ich? Ich stehe voller Pferderotze und mit geschlossenen Augen da.

"Miss? Alles in Ordnung?", kommt es von hinter mir und ich drehe mich um. Öffne leicht meine Augen und sehe ihn an. Nicke. "Ich probier grad... was Neues... fürs Gesicht aus.", brumme ich, ehe ich das Hemd hebe und mir somit mein Gesicht abputze. Pferdeschnodder ist halt nicht unbedingt toll. "Ich hätte Euch ein Taschentuch geben können.", meint Sebastian und ich sehe zu ihm, bevor ich mir noch einmal über das Gesicht reibe und das Hemd fallen lasse. "Dann wäre das ja voller Pferderotz. Ne, ne. Das Hemd muss ich heute eh noch waschen!" Ein kurzer Blick an mir hinunter. "Und mich am besten gleich mit...", füge ich murmelnd hinzu und bringe den Fuchs wieder dazu, zu gehen. Immer wieder klopfe ich auf seinen Hals und habe ihn im Blick. Kann so die ersten Anzeichen der Nervosität sehen und gegen sie ankämpfen. Was auch immer ihn so nervös macht. Wahrscheinlich der Teufel neben ihm. Kann ich ihm nicht verdenken.

Am Waldrand angekommen, atme ich erleichtert auf. "Danke... Vielen Dank! Ich wäre wahrscheinlich noch tausendmal an der gleichen Abbiegung falsch gegangen!", bringe ich raus und grinse den schwarzhaarigen neben mir an. Dieser neigt seinen Kopf und lächelt leicht. "Ein weiterer sicherer Gang, Miss.", erwidert er nur und ich steige schnell auf. Richte die Zügel, und steige richtig in die Steigbügel rein. "Er war wahrlich sicher, Mister Michaelis." Ein breites Grinsen erscheint auf meinem Gesicht, als ich seine kurze Irritation sehen kann. Immerhin kenne ich seinen Namen, ohne ihn danach gefragt zu haben. "Man macht seine Hausaufgaben, wenn man gerettet wird." Ich neige meinen Kopf. "Alexandra Ashe Kindred, mein Name. Falls Ihr Euch gewundert habt." Stille. Wieder nicke ich. "Noch einmal vielen Dank, Mister Michaelis und hoffentlich eine gute Heimreise! Entschuldigt noch einmal meine Dummheit. Vielleicht sehen wir uns ja wieder!"

Bevor er etwas sagen kann, bringe ich den Wallach dazu, im Stand loszugaloppieren und bringe ihn schnell auf die Geschwindigkeit, die er als höchste schafft. Irgendwie hatte ich wieder ein ungutes Gefühl und lieber bin ich schnell weg und Sebastian kümmert sich darum. Er kann das. Ich nicht. Mein Gesicht hellt sich wieder auf und ich genieße den Galopp, ehe ich den Fuchs zu einem gemütlichen Trab bringe und die Stadt sichtbar ist. Mein Magen meldet sich und ich bekomme Hunger. Gut. Ich will nicht wissen, ob die beiden gerade im Haus zugange sind. Soll ich essen gehen? Ja, ich geh essen. Ganz spontan. Mit... Pferderotze auf dem Hemd. Verdammt. In ein gehobenes Restaurant komme ich nicht. Gut... irgendeine Bar wird das schon richten. Ich kenne ein paar, deren Gäste etwas... fragwürdig sind. Da sollte ich nicht auffallen.

Nachdem ich den Fuchs wieder zurück gebracht habe, gehe ich schnurstracks zu einer Bar, an der ich es ausprobieren würde und habe tatsächlich kein Problem, dort mein Essen zu bestellen. Ich bestelle mir noch ein Bier dazu, da der Tag dann doch etwas... interessant war und sich eh schon dem Abend zuneigt. Es tut gut, etwas im Magen zu haben und ich esse gemütlich, während ich nebenbei das kühle Bier trinke. Mir macht das überhaupt nichts aus. Cedrik wäre schon längst unterm Tisch und würde irgendetwas vor sich hin lallen. Der hält einfach nichts aus. Ich lehne das ein oder andere Angebot ab, mir ein neues Bier zu kaufen und futtere zu Ende. Der Braten mit den Klößen hat unwahrscheinlich gut geschmeckt und die Soße war der Hammer. Mein Lob an den Koch wird weitergegeben und ich zahle. Ich sitze noch ein bisschen gemütlich herum und kann nicht umhin, ein paar Leuten zuzuhören, während ich mir doch noch ein weiteres Bier hole.

"Morgen? Der Phantomhive-Bengel wird sich sicherlich über den Besuch freuen!", brummt einer und lacht. Oho? Was hören meine kleinen Lauscher denn da? "Sei Still, du Idiot!", zischt ein anderer und sie werden leiser. Die Männer am Nebentisch sehen sich um, doch ich trinke unauffällig mein Bier zu Ende. "Also gut. Vormittag oder-" "Morgen Nacht, du hirnloser Hurensohn! Wie oft denn noch?" Wow... beleidigt ihn nicht gleich...! Ich bin schon in der Konversation drin und rede gedanklich mit. "Nehmt die Waffen mit. Passt auf das Weib auf! Die kann verdammt gut mit den Waffen umgehen. Und der Koch auch!" May-Rin und Bard. "Und der kleine erst!", fügt ein anderer hinzu. "Der ist echt stark... wie ein Monster!" Ah... Finny. "Vergesst die Schlangen nicht. Das ist da wie eine Festung!" Snake. "Und der Butler erst...!" Sebastian. Nettes Gespräch. Ich stehe auf, bringe den Krug zurück und mache mich noch einmal zum Stall auf.

Dort lasse ich mir mit dem restlichen Geld ein anderes Pferd geben. Eine braune Stute. Mit Stuten hatte ich zwar noch nie so meine guten Erfahrungen gemacht, aber was solls. Die werden schon wissen, was sie tun! Ich lasse mir noch genau den Weg zum Anwesen der Phantomhives erklären und bedanke mich. Im Abendlicht, welches die Umgebung in rötliches Licht taucht, da die erneut aufgekommenen Wolken abgezogen sind, rase ich mit der Stute den Weg entlang. Wieder zu dem Wald, in dem ich war. Dann links. Weiter. An der nächsten Abbiegung rechts. Dann wieder links. Noch einmal links und dann sollte ich das Anwesen schon bald sehen können. Immer wieder wiederhole ich diese Wegweisungen und hoffe, dass die mich da nicht umbringen. Und, dass sie mir glauben! Das ist nämlich auch noch so ein Punkt, der problematisch werden könnte.

Ich ignoriere die Äste, die in mein Gesicht peitschen und kleine Wunden hinterlassen. Das gleiche auf meinen Unterarmen und Händen, wobei die Unterarme von den Verbänden geschützt werden. Immer wieder schnalze ich und treibe die Stute weiter an. Komm schon... Ich muss da hin! Und zwar so zackig, wie es nur geht. Die Warnung, dass morgen in der Nacht wohl etwas passieren soll, würde ich gern so schnell wie nur irgendwie möglich weitergeben. Und vielleicht kann mir Sebastian bei Nacht helfen, wieder zurück zu kommen. Den Weg zur Stadt habe ich jetzt schon wieder vergessen. Mein Hirn ist einfach nur auf den Hinweg konzentriert und hat keine Kapazität, sich etwas anderes zu merken. Das ist eines meiner Probleme. Lügen? Kein Ding. Innerhalb von ein paar Sekunden habe ich eine glaubhafte Lüge. Manipulieren? Oh, bitte. Ein Kinderspiel. Aber das Gedächtnis einschalten? Meh.

Die Jagd nach dem Dolch - Der erste TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt