Düstere Vergangenheit

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Eine sanfte Bewegung lässt mich aufwachen und ich hebe verschlafen den Kopf. "Schlaf weiter. Ich muss nur aufstehen und anfangen, alles für den Tag vorzubereiten.", meint Sebastian leise und ich sehe ihn müde an. "Hm?" Ich bin komplett verpeilt. Der schwarzhaarige lächelt leicht und streicht mir über den Kopf. "Schlaf, Alex. Es ist alles gut." Langsam sinkt mein Kopf wieder nach unten und trifft auf ein Kopfkissen. Dennoch bleiben meine Augen leicht offen und ein verschlafenes Lächeln bringe ich zustande. Sebastian beim Anziehen zuzusehen, hat schon etwas. Auch, wenn nichts passiert ist. Nachdem er sich die Schuhe angezogen hat, rückt er sich seine Krawatte zurecht und beugt sich noch einmal zu mir hinunter. "Ich sage es ein letztes Mal. Schlaf." Seine behandschuhte Hand streicht an meiner Wange entlang und erst jetzt fallen mir die Augen zu.

"Miss Kindred? Es ist Zeit für-" "ICH BIN WACH!", rufe ich und sitze senkrecht im Bett. Starre gerade aus und erst dann zu einer leicht verschreckten May-Rin. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Reines anstarren. Erst dann atme ich aus und lächle. "Tut mir leid. Schlechter Traum.", murmle ich und lehne mich nach vorn, ehe ich gähne. Also wenn ich es noch für morgen ändern kann, dann hätte ich gern Sebastian als Wecker. Brummend streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht und gähne noch einmal, ehe ich zum Bettrand rutsche. "Übrigens... ich bin doch am Leben.", bringe ich noch raus und grinse die Brillenträgerin an. Diese muss sich die Emotionen offensichtlich zurückhalten und ich breite meine Arme aus. "Umarmung?" Jap, Umarmung. Auch sie weiß von den Dimensionen und was genau ich bin. Es ist komisch, erst einmal ein dreiviertel Jahr zu niemandem etwas zu sagen und jetzt wissen es Ciel, die ganzen Angestellten, Undertaker, Grell ein bisschen und Cedrik. So viele auf einmal...

Irgendwann beruhigt sich May-Rin auch wieder und richtet sich auf. "Es tut mir untertänigst leid, Miss Kindred.", murmelt sie niedergeschlagen und ich schmunzle. "Also erstens steigen wir auf du und Alex um. Und zweitens ist doch alles gut! Oder hast du irgendetwas falsch gemacht? Die Umarmung kam von meiner Seite. Und selbst, wenn sie nicht von meiner Seite aus gekommen wäre... Ich komme aus einer Dimension, in der Umarmungen durchaus kein Problem sind." Die Brillenträgerin nickt und richtet sich ihre Brille. "I-In Ordnung. Das Frühstück dürfte nun bereit stehen und-" "Ich verlange eine Erklärung!" May-Rin und ich sehen auf die Seite und sehen Grell. Ein ruhiges Lächeln zu der Bediensteten, während ich um das Bett herum gehe. "Grell. Ich sage es nur einmal bevor ich austeste, ob dieses Messer, dass ich von meinem Vater bekommen habe, nicht nur die Dimensionen spalten kann, sondern auch als Mordwaffe fungiert. Ich stehe hier im Nachthemd vor dir. Darunter komplett nackt. Also wenn du dich nicht freiwillig aus meinem Zimmer verziehst, werde ich nachhelfen."

Schlussendlich hat er einen saftigen Tritt in seinen Hintern bekommen, ehe ich mich umgezogen habe. Das Messer werde ich ab jetzt immer bei mir haben. Ich bräuchte nur noch so etwas wie eine Hülle dafür. Mit Grell und May-Rin im Schlepptau, gehe ich zum Speisezimmer und trete ein. "Morgen...", brumme ich und bevor Sebastian fragen kann, ob alles in Ordnung ist, stürmt der rothaarige rein. Der schwarzhaarige tritt einen Schritt auf die Seite und Grell fliegt auf den Boden. "Ich wünsche Euch einen guten Morgen, Miss Kindred." Scheinbar sind wir nur so privat, wenn wir allein sind. Interessant zu wissen. "Habt Ihr wohl geruht?", fragt er und ignoriert Grell komplett. Zufrieden strecke ich mich kurz und setze mich auf den Stuhl. "Wie ein Stein. Wunderbar.", erwidere ich lächelnd und sehe zum Earl. Nun mit einer um einiges besseren Laune, weil ich daran denken muss, dass ich halb auf Sebastian gepennt habe. "Guten Morgen, Earl Phantomhive!"

Während des Frühstücks besprechen wir, wie es weiter geht. Das, was er unbedingt noch erledigen wollte, scheint gestern vollbracht worden zu sein und er mit Sebastian nun voll und ganz der Rettung meiner Art zur Verfügung steht. Ich bin froh. Wirklich froh! Klar, mit Undertaker kommt man weit. Aber die Fähigkeiten von Sebastian und Ciel an seiner Seite zu wissen, ist dann trotzdem noch einmal ein Boost der extra-Klasse. Wir machen aus, dass wir uns nach dem Frühstück fertig machen, um zu Undertaker zu fahren. Der Kerl dürfte schon wach und bei der Arbeit sein. Dass ich wieder Kaffee bekomme, ist einfach nur wahnsinnig genial! "Sagt, Earl Phantomhive..." Ich trinke einen weiteren Schluck des schwarzen Goldes. "Wo habt Ihr Cedrik unterkommen lassen?" Denn diese Frage schwirrte schon lange in meinem Kopf. Aber Fragen konnte ich nur noch nicht. "Bei Lau. Ihr solltet ihn kennen."

Entgeistert presse ich meine Lippen aufeinander. "Ich hoffe für ihn, dass er das mit dem Opium komplett weggelassen hat.", zische ich und sehe in die Tasse. "Cedrik... hatte eine lange Zeit Probleme mit der Opiumsucht." Stille. Selbst Ciel scheint gerade innerlich etwas... unsicher zu sein. "Nein. Er wurde nicht aggressiv, wenn er... also fast nicht." Ihn nicht ansehend, lege ich eine Hand an meinen Nacken. Einmal hat er mich gewürgt, weil ich ihn auf Entzug gesetzt habe. Als er wieder bei Sinnen war, hat er sich sofort entschuldigt! Gut. Den ein oder anderen Schlag musste ich noch einstecken, aber das wars. Mehr war da nicht. "Also wurde er gewalttätig. Auch Euch gegenüber." Schlichtend, hebe ich meine Hände und lächle. "Nicht viel! Ich... Das war zum Aushalten! Und seitdem ich ihn von dem Opium weggebracht habe, ist er überhaupt nicht mehr so!" Die Skepsis in Ciels Auge ist spürbar. Ich hab Cedrik gerade in die Scheiße geredet, oder?

"Er hat Euch gewürgt, so wie Ihr Euch an den Hals gefasst habt. Und ich würde auch noch sagen, dass er Euch geschlagen hat." Seufzend starre ich wieder auf den Kaffee. "Es ist vorbei. Jetzt ist er nicht mehr so. Das muss reichen." Meine Laune ist wieder auf dem Tiefpunkt angekommen. Das ist ein dunkler Teil unserer Zeit hier. Einer von wenigen, aber die gibt es immer und überall. "Ist er weiter gegangen?" Ich hebe meinen Kopf und sehe den kleinen an. Nicht wirklich begeistert. "Ihr wisst, dass Euch das nichts anzugehen hat, oder?", frage ich und meine Augen werden schmal. "Aber nein. Weiter habe ich ihn nicht kommen lassen." Ciel legt den Kopf schief. "Also hat er es versucht." Diesmal kann ich meine impulsive Handelsweise nicht mehr unterdrücken. Ein lauter Knall ertönt, als ich auf den Tisch schlage. Das Geschirr klirrt. "Er HAT es versucht!", zische ich und stehe auf. "Genau, wie es andere versucht haben! Aber die habe ich verprügelt. Die Nase gebrochen. Und ich glaube sogar einmal war ein Bein dabei." Ich atme tief durch und beruhige mich. "Und wenn Ihr mich bitte entschuldigt. Mir ist der Hunger vergangen." Ohne ein weiteres Wort zu sagen, gehe ich an dem rothaarigen und den Bediensteten vorbei aus dem Speisezimmer.

Die Jagd nach dem Dolch - Der erste TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt