Prolog:

195 13 3
                                    

28. März 2014

„Und du hast Iron Man einfach so verprügelt?", fragt Austin, der seinen Arm um Laila gelegt hat.

„Sie will darüber sicher nicht reden. Und ganz sicher nicht mit dir.", zischt Laila und schüttelt seinen Arm weg. „Ignorier ihn einfach."

Die beiden haben mich morgens aus dem Bett geschmissen, um in einem Frühstückskaffe gemeinsam zu frühstücken, weil sie im Laufe des Tages und abends keine Zeit finden. Beide arbeiten viel und haben sich nun auch noch verlobt, wobei sie ihre Freizeit in die Vorbereitungen der Hochzeit stecken. Und trotz, dass ich mir immer wieder sage, dass ich das, was sie haben, nicht haben kann, ist es das, was ich schon immer wollte.

Vor mir liegt Rührei mit Speck, das ich doch so gerne mag, aber beim Anblick mir jetzt nur noch schlecht wird. Evan sitzt neben mir und schlürft  still  an seinem Orangensaft. Er ist kein Morgenmensch und kennt sowas wie Frühstücken überhaupt nicht.

Evan. Er ist immer noch der Kopf der Organisation und war bereits in vielen anderen Ländern, wie Kuba, Indien, Haiti und sogar auch Wakanda. Er rettet die Welt auf einer ganz anderen Weise, wie ich, und bekommt leider weniger Ansehen dafür. Durch mich kam er eigentlich nach Wakanda. Dort half er Waisenkindern. Von König T'Challa ist er stets willkommen.

Äußerlich, wie auch innerlich, hat er sich kaum verändert. Mit seinen siebenundzwanzig Jahren hat er es unnormal sehr weit im Leben geschafft und ich bin froh, dass er noch ein guter Freund von mir ist.

Viele würden mir den Rücken zuwenden, aber die drei nicht. Nicht die drei.

„Ma'am, könnten Sie das etwas lauter stellen?", fragt ein älterer Mann, der an der Theke seinen Kaffee trinkt und bereits seinen fünften Toast mit Marmelade verschlingt.

Die etwas dickliche Bedienerin des Frühstückskaffees seufzt kurz auf, stellt den mittelgroßen Fernseher in der Ecke trotzdem lauter und wischt dabei die Theke ab. Doch was den älteren Mann interessiert, interessiert sie auch bald. Sogar wir werden stumm und lauschen dem Fernseher nach.

Vor genau drei Jahren hat sich in New York eine verehrende Katastrophe ereignet, bei denen viele Menschen ums Leben gekommen sind. Noch bis heute überwacht ein Joint Venture zwischen Stark Industrie und der Regierung der Abteilung der sogenannten „Damage Control" die Erfassung und Aufbewahrung außerirdischem und exotischen Materialien. Laut Experten schätzte man, dass nach dem Alienangriff über 1.500 Tonnen von exotischen Materialien um New York herum verteilt liegen."

Es taucht altes Videomaterial von damals auf, als Menschen in New York um ihr Leben rannten und die Nachfolgen dann erschüttert waren; eingestürzte Gebäude, Schutt und Asche auf den Asphalt verstreut und die Sirenen der Polizei und Krankenwagen, die durch jede Straße in New York hallten.

Ich bekomme augenblicklich Gänsehaut, wenn ich nur daran denken muss, dass ich damals genau mittendrin war. Das mit New York wird nie alt werden. Die Menschen reden immer noch davon, als wäre es erst vor einigen Stunden passiert. Denn vergessen kann und darf man es nicht. Zu ehren von denen, die ihr Leben gelassen haben.

„Die haben damit wohl nie abgeschlossen.", murmelt Austin und rührt gelangweilt in seinem Kaffee.

„Was denkst du denn?" Laila löst sich wieder von seinem Arm. „Da haben Aliens die Welt angegriffen, Austin. Und noch immer haben die ihre gerechte Strafe nicht erhalten."

Sie schaut zu mir, das weiß ich, denn ich schaue nach unten und lasse mein Frühstück endgültig stehen. Mir ist der Appetit nun komplett vergangen. Und das schon eigentlich seit dem Moment, als wir das Frühstückskaffee betretet haben.

Ich spüre, wie eine peinliche Stimmung zwischen uns vier zu beginnen droht und Evan den beiden einen mürrischen Blick zuwirft, denn normalerweise sollten sie wissen, dass ein Thema tabu in meiner Runde ist. Aber das, was Laila gesagt hat, ist mir auch schnell entgangen, als die NEWS einschalten und der ganze Frühstückskaffee von einer Sekunde zur anderen ruhig wird.

„In Queens wurde am frühen Abend das Delmar Sandwiches durch eine Explosion zerstört. Zuvor wurde ein Banküberfall eines Geldautomaten durch Queens schillernder einzigen Verbrechensbekämpfer verhindert: den Spider-Man. Während der Spider-Man versuchte den Überfall zu verhindern, wurde eine mächtige Druckwelle ausgelöst, die die kleine Bodega auf der anderen Straßenseite erfasste. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt."

Ein Lächeln macht sich in meinem Gesicht breit. Der Junge aus Queens hilft seiner Nachbarschaft und wird dafür auch belohnt. Dass niemand, außer den Avengers weiß, wer er wirklich ist, ist schon in Ordnung. Er will seine Identität geheim halten und ich bin ihm da behilflich. Ich wünschte mir, ich hätte mir auch von Anfang an eine Maske aufgesetzt.

„Spider-Man...", lacht Austin leise. „Was für ein Name."

Laila stützt beide Ellenbogen am Tisch ab. „Ich find' den Namen cool. Passt zu ihm."

„Ja, weil er auch so herum schwingt von Gebäude zu Gebäude." Austin nimmt sein Handy heraus und gibt irgendetwas auf YouTube ein. „Seht ihr, der hat ein ganzes Auto zu fassen bekommen."

Auf dem Video von einem Passanten aus Queens gefilmt, entdeckt man Spider-Man, der von einem sehr hohen Gebäude nach unten schwingt und ein noch schnell fahrendes Auto mit beiden Händen zu fassen bekommt, welches fast von einem LKW erfasst wurde.

„Du hast doch gegen ihn gekämpft, Freya?", fragt Austin und alle drei werden still, so wie der Mann an der Theke, der sich zu uns umdreht und hofft, dass wir es nicht bemerken.

Ich schaue Austin an und er weiß, dass er das nicht hätte fragen sollen, aber seine Neugier ist leider zu groß. Sogar Evan, der die ganze Zeit still ist, und versucht solche Themen aus dem Spiel zu lassen, schaut neugierig zu mir.

„Äh, ja... in... in Deutschland..."

„Wie lange ist das jetzt her?", fragt Evan.

„Fast einen Monat..."

„Und wie geht's dir?"

Er ist der erste von ihnen, der mich diese Frage stellt. Und es freut mich wirklich, dass sich jemand wie Evan sich wirklich darum kümmert, wie es mir geht – neben meiner Mutter natürlich.

„Besser.", lächele ich. „Viel besser..."

...Glaub' ich jedenfalls.

Und es ist auch keine Lüge. Ich fühle mich wirklich besser – körperlich. Aber mental fühle ich mich einfach nur noch müde.

Was den Avengers widerfahren ist, hätte niemals passieren sollen und dennoch ist es passiert. Weil jemand den Avengers Unrecht gegeben hat. Und irgendwie muss ich Zemo auch Recht geben. Ohne uns wäre seine Familie noch am Leben. Ohne uns würden sich viele Dinge, wie Hydra, oder andere Menschen nicht bedroht fühlen und sich nicht vor uns erheben wie große Schachfiguren, denen wir den Weg abschneiden müssen.

Ohne uns wäre die Welt viel besser dran.

Oder auch nicht.

Freya: RagnarokWo Geschichten leben. Entdecke jetzt