Kapitel 8

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Als ich eintrat, konnte ich auf den ersten Blick erleichtert feststellen, dass es nicht so viele wie erwartet waren. Es waren ungefähr elf Elben vor mir, doch die Toten waren nicht unter ihnen und alleine die Anzahl der Verletzten reichte mir schon. Eine Heilerin entdeckte mich schnell und kam auf mich zu.
"Meine Herrin", sie verbeugte sich kurz, "es gibt nur wenige Schwerverletzte, die meisten sind Schnitte und leichte Verletzungen, sie werden bald wieder gesund sein." "Ich danke dir und möchte euch nicht länger stören", antwortete ich schnell und neigte meinen Kopf ein wenig. Ich fühlte mich etwas schlecht dabei die Heilerin von ihrer Arbeit abzuhalten.
Als auch sie sich noch mal verbeugte, machte ich mich wieder daran aus dem Raum zu gehen und auf die Suche nach meiner Stellvertreterin zu machen. Sie würde wohl wissen, dass ich hier irgendwo in der Nähe war, um nach den Verletzten zu sehen, also würde ich sie auch hier antreffen. Tatsächlich musste ich nicht lange suchen. "Arien!", rief die bekannte Stimme hinter mir und ich drehte mich etwas erleichtert um. Sie war wieder alleine und trat schnellen Schrittes auf mich zu.

"Es sind alle Überlebenden Korsaren eingesperrt worden. Wir haben sechs Verluste zu beklagen", sagte sie leise, um den Gesängen ihren Respekt zu zollen. Um nicht unnötige Geräusche zu machen, neigte ich meinen Kopf als Antwort. Es war wieder weniger als erwartet, ich musste wohl nur die schlimmsten Kämpfe gesehen haben.

Es war nicht nötig noch mehr zu sagen, also legte Rodwen mir schnell die Hand auf meinen Arm und ging dann. Ich stand noch kurz so da, um mir den sechs Leben bewusst zu werden und drehte mich dann um, um zu meinen Gemächern zu kommen. Ich dachte nicht, dass ich noch Schlaf finden würde, doch ich musste über das Geschehene nachdenken. Was sollte ich mit Legolas anfangen? Ein Teil von mir wusste, dass er wahrscheinlich die Wahrheit sagte, doch was hätte ich schon tun sollen? Ich musste mich als Königin auch behaupten und anders war das nicht möglich gewesen. Er war vielleicht ein Prinz, doch er war hier immernoch ein Gefangener und Fremder und würde nicht so mit mir umgehen.
Und Gimli? Was war, wenn er meine Lüge herausfand? Eigentlich würde ich durch ihn jetzt auch nicht so viel herausfinden können, er würde mir nur dasselbe wie Legolas erzählen, doch vielleicht würde er seinen Freund überzeugen mir die angeblichen Informationen zu übermitteln? Doch ich brauchte sie so schnell wie möglich! Vielleicht hatten sie noch irgendwo anders ein Lager oder planten den nächsten Angriff, doch wer sagte, dass er mich nicht einfach angelogen hatte?

Meine Gedanken schwirrten bis zum Sonnenaufgang in meinem Kopf herum. Ich hatte wieder normales Gewand angezogen und auf dem Weg den Befehl gegeben die Wachen zu verstärken, auch wenn eigentlich alle Ruhe gebrauchen konnten.
Das orange-gelbe Sonnenlicht flutete mein Zimmer und ließ mich der Zeit bewusst werden. Ich würde Legolas mal einen Besuch abstatten. Ich konnte nicht länger warten, falls ich etwas herausfinden konnte. Er sollte sich zwar seiner Situation bewusst werden in dem dunklen Kerker, doch das musste genügen.

Ich nahm mir noch einen kleinen Dolch und ließ ihn unter meinem Umhang verschwinden, falls er irgendwelche Dummheiten versuchen würde. Kurz stand ich überlegend vor meiner Krone, doch entschied mich dann dagegen. Wie er schon gesagt hatte, wusste er, dass ich die nicht die kalte, machtvolle Königin war, die ich bei unserer ersten Begegnung versucht hatte zu sein.

Ich atmete noch mal durch, bevor ich zwischen die dunklen, kalten Mauern der Kerker trat. Sie waren unter der Erde und hatten jeweils nur ein kleines Fenster mit Gitterstäben nach oben hin für Luft und Licht. Überraschenderweise drangen keine Schreie an mein Ohr, die ich bei den Korsaren erwartet hatte, doch mir sollte es recht sein. Ich nickte den Wachen kurz zu, als ich bei der Tür des Elben angekommen war. Durch das kleine geöffnete Fenster in der Tür, konnte ich ihn sitzend am hinteren Ende erkennen. Er hatte seine Beine angezogen und starrte auf den Boden vor sich.

Nachdem ich eingetreten war, stellte sich die Wache hinter mich. Sie hatte in ihrer Hand Bogen und Pfeil, den sie in sekundenschnelle abschießen konnte. Rechts von mir führten ein paar Stufen nach unten zu ihm, welche ich nun hinabschritt ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Aus dem Augenwinkel konnte ich wahrnehmen, dass er seinen Kopf gehoben hatte. Wir beide sagten kein Wort, bis ich mich vor ihm aufgebaut hatte und herrisch auf ihn herabsah.
"Ich habe Euren Freund besucht", fing ich an und beobachtete jede Reaktion in seinem Gesicht. Er bemühte sich offensichtlich keine zu zeigen. Einige Sekunden antwortete er mir nicht, was ich als Aufforderung zu sprechen entgegennahm.
"Ich denke Ihr wisst worauf ich hinaus will." "Ich dachte Ihr glaubt mir nicht", antwortete er schließlich mit etwas belegter Stimme und fing an wieder nach vorne zu starren. Der Kerker setzte ihm nicht so viel zu, wie er mir glauben machen wollte, da war ich mir sicher.
"Ich gebe Euch die Möglichkeit Euch zu beweisen, noch weiß Gimli nichts hiervon, doch ich bin gerne bereit Eure Strafe auf ihn auszuweiten. Ihr mögt unsterblich sein, doch ein Zwerg ist das nicht", sprach ich und verschränkte meine Arme vor meinem Körper. Ich meinte es ernst und er schien das auch zu verstehen, als sein Blick wieder an dem meinen hängenblieb und er überraschend schnell auf die Beine kam. Trotzdem wich ich keinen Millimeter zurück, ich hatte doch gewusst, dass es ihm nicht so schlecht ging.
"Das würdet Ihr nicht tun." "Es ist nicht meine persönliche Meinung, die in solchen Situationen gilt, es geht um das Wohl meines Volkes und da mache ich keine Ausnahmen. Ich habe das Land eines ganzen Volkes an mich gerissen, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen, glaubt ihr dann, dass ein Leben eines Zwerges oder das eines Elbenprinzens mir irgendetwas ausmacht?", fragte ich hart und war dabei fast ein wenig selber davon überrascht wie entschlossen ich klang. Anscheinend hatte das auch Legolas erreicht, dessen Augen ein wenig geweitet waren. Als er immernoch nicht antworten wollte, sah ich ihn nochmal böse an und ging dann wieder auf die Stiegen zu.
"Sie haben eine kleine Kolonie in den Grauen Bergen", murmelte er plötzlich, doch sah mich dabei nicht an. Ich blieb stehen und drehte mich kurz zu ihm um. Nachdem ich meinen Standpunkt so klar gemacht hatte, wollte ich das nicht mit einem 'Danke' wieder zerstören, weshalb ich einfach weiter ging und die Tür mit einem schweren Krachen hinter mir zufiel. Ich musste das sofort mit Rodwen besprechen. Die Grauen Berge südlich von uns gehörten nicht mehr zu meinem Königreich, doch wenn sie dort neue Stärke entfalten würden, dann wäre das definitiv eine Bedrohung.

Die Bürden Einer Königin // Hobbit & Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt