Kapitel 12

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Als ich mich wieder aufrecht hinstellte, erkannte ich, dass Legolas sein Essen bereits abgestellt hatte und mich erwartungsvoll anschaute. Ich atmete etwas widerwillig durch, doch nickte dann. Geräuschlos schlich der Prinz noch ein wenig weiter vor und zog die Wache, ohne ihr eine Chance zum Schreien zu geben, nach hinten auf den Boden. Seinen Fuß stellte er auf seine Kehle, sodass er unfähig war einen Ton von sich zu geben. Ich zog ihm mit einer Bewegung seinen Helm ab. Zum Vorschein kam tatsächlich ein Mensch, doch zumindest kein Korsare auf den ersten Blick hin, das hieß allerdings, dass die Menschen aus Gondor es geschafft hatten meine Wachen zu überwinden. Wir wurden früher sehr oft angegriffen, öfter als alle anderen Völker Ardas und niemals war etwas derartiges passiert, also wie konnte das gleich zwei Mal hintereinander geschehen? Zuerst die Korsaren und dann das?

Der junge Mann schlug verzweifelt gegen Legolas' Bein, um Luft zu bekommen. Mit der anderen Hand versuchte er etwas aus seiner Tasche zu holen. Ich legte dem Elben leicht eine Hand auf seine Schulter, worauf er seinen Griff etwas lockerte und ich für den Menschen die rote Platte aus seiner Tasche holte. Als ich sie mir genauer besah, atmete ich etwas erlöst aus. Es war eines von meinen Siegeln, was es zwar immernoch nicht in Ordnung machte, dass er hier war, doch es zumindest ein bisschen erklärte.

"Sind noch mehr von dir da?", fragte ich und hockte mich zu ihm hinunter. Er brachte nur ein schwaches Nicken hervor. Ich seufzte leise und nickte Legolas zu, welcher seinen Füß entfernte, worauf sein Kopf schwach zur Seite fiel. "Ich habe nicht alle Bewohner aus Umbar vertrieben. Er ist einer der Ehemaligen und das ist mein Siegel, welches ich ihnen überreicht habe", erklärte ich leise und streckte dabei meinen Kopf aus der Tür hinaus auf den Gang. "Aber warum verkleidet er sich dann?", fragte Legolas, welcher es mir gleich tat. Der Mensch war ohnmächtig geworden.

"Das ist eine gute Frage, aber er wurde sicher wegen dem Siegel in das Schloss gelassen", antwortete ich, auch, um ein wenig die Sicherheit meines Schlosses zu verteidigen. Ich beugte mich schnell noch mal zu dem Eindringling und nahm ihm den Schlüssel ab. Eigentlich konnte er schließlich gleich hier liegenbleiben. Nach einem schnellen Blick nach links und rechts trat ich selbstsicher hinaus, sodass die anderen Wachen keinen Verdacht schöpften und schloss dann die Tür, nachdem Legolas sich zu mir gesellt hatte. Ihm war mein Plan sofort klar.

Mir kam eine Idee in den Sinn, worauf ich auf eine der Wachen zukam und sie mit "Es sind anscheinend ein paar Menschen verkleidet als Wachen unterwegs. Hol Verstärkung" auf Quenya ansprach. Soweit ich wusste sprachen die Elben aus Mittelerde nur Sindarin, wobei wir immernoch oft Quenya verwendeten. Ich hatte den etwas verwirrten Blick der Wache fast schon erwartet, doch ich konnte nicht im Gang eine Schlägerei anzetteln, während noch viel mehr von ihnen in der Nähe sein konnten.

"Verstehst du mich?", fragte ich also weiter auf Quenya, worauf sich sein Blick nicht wirklich klärte. "Seid Ihr bereit?", fragte ich an Legolas gewandt, wobei ich einen Ton anschlug, der den Plan nicht verriet. Dieser zögerte eine Sekunde, vermutlich um meine Worte zu entziffern, doch nickte dann. "Geht es dir nicht gut?", fragte ich schließlich nicht mehr auf Elbisch die Wache und stellte mich auf besorgt. Ich hatte am Ende des Ganges noch zwei mehr Wachen entdeckt, welche gerade auf uns zukamen. "Tut mir Leid, meine Königin", antwortete der Mensch und griff sich sogar relativ glaubwürdig an seinen Kopf. "Dann geh dich ausruhen. Ich werde mich um eine andere Wache kümmern", lächelte ich und der Eindringling verbeugte sich leicht, bevor er auch schon Richtung Stiege davontorkelte. Ich nickte Legolas zu, welcher entschlossen zurückblickte. Ohne weitere Worte ging ich der Wache mit viel Abstand hinterher. Bis jetzt hatte ich in dem Gang fünf Wachen entdeckt, von denen ich allerdings nicht wusste, ob alle Menschen waren. Deswegen sollte ich erst einmal echte Elben als Verstärkung holen. Wir hatten immerhin beide keine Waffen, mit welchen ich es mir noch mal überlegt hätte.

Mit erhobenem Kopf schritt ich an den anderen Zellen vorbei, in welchen immernoch die Korsaren saßen und lagen, doch brav kein Wort von sich gaben. Die Fenster zu ihnen hinein waren meistens verschlossen. Nur hin und wieder konnte man einen Blick hinein erhaschen. Was wollten diese Menschen denn erreichen, wenn sie nicht mit den Korsaren verbündet waren?

Plötzlich sah ich aus dem Augenwinkel eine rasche Bewegung neben mir und ließ meinen Körper geschmeidig ausweichen, was das Schwert ins Leere stechen ließ. Als ich mich umdrehte sah ich Legolas, welcher sofort die angebliche Wache attackierte und ihr die Waffe schnell entwendet hatte. Ich wusste doch, dass er gut kämpfen konnte. Doch ich konnte mich nicht lange auf ihn konzentrieren, da bereits die zwei Wachen von hinten angerannt kamen und die andere, welche noch neben mir stand sofort ihren Komplizen unterstützte. Ich fing mit einem Tritt in seine Magengegend an, doch hatte vergessen, das ich immernoch ein Kleid trug, was den Tritt so stoppte, dass er auf seinen Oberschenkel traf. Doch davon ließ ich mich nicht rausbringen und holte einfach mit meiner Faust aus, welche ich in sein Gesicht schlagen ließ, während er gerade sein Schwert zog.

Etwas überrascht taumelte er kurz, Menschen waren es nicht gewohnt, dass Frauen kämpfen konnten, darauf war ich schon vor langem gekommen. Also nutzte ich das weiter aus und packte seine Hand mit einem festen Griff, worauf er aufschrie und das Schwert klirrend auf dem steinernen Boden aufkam. Ich konnte mir die paar Sekunden zum Aufheben nicht leisten, sondern holte lieber noch einmal von unten aus, sodass ich einen harten Schlag gegen sein Kinn traf, der ihn ausnockte.

Kurz warf ich einen Blick zu Legolas, welcher zwar zu tun hatte, doch nicht aussah, als hätte er irgendwelche Probleme. Also wandte ich mich den zwei anderen Wachen zu, welche fast bei uns angekommen waren.

Die Bürden Einer Königin // Hobbit & Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt