Kapitel 23

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Ich hatte einen der Schlüssel besorgt und steuerte ohne Umwege auf Legolas' Zelle zu. Ich hatte mich die vergangenen Tage ein wenig mit ihm unterhalten und im Moment schien er die Person zu sein, mit der ich am ehesten reden wollte. "Hey", begrüßte ich ihn kurz und sperrte ohne zu zögern die Tür auf. Er erhob sich etwas überrascht. "Also wenn ich Euch jetzt gehen lasse, was würdet Ihr tun?", fragte ich, während ich einen Schritt zurück trat. "Heißt das Ihr wollt mich aus dieser Zelle befreien oder aus dem Schloss werfen?", fragte er etwas amüsiert, doch schien schnell zu bemerken, dass mir etwas Ernstes auf dem Herzen lag. "Mein Volk wird nach Valinor reisen", sagte ich knapp. Er hob etwas überrascht seine Augenbraun. "Und Ihr zählt Euch selbst nicht zu Eurem Volk?" Ich sah ihm kurz in die Augen, bevor ich den Augenkontakt nicht mehr halten konnte und mich wegdrehte. Als ich die ersten Schritte tat folgte er mir sofort.

"Ist es nicht meine Pflicht mitzureisen?", fragte ich, als wäre es für mich schon längst klar. "Ich denke, dass bei so einem Thema Ihr für Euch selbst entscheiden solltet", antwortete er andächtig und verschränkte leicht seine Arme vor seinem Oberkörper. Ich seufzte leise und schlug den Weg in den Garten ein. Es war zwar kalt, doch ich hatte schließlich immernoch meinen Mantel und mit einem eigentlich Gefangenen zu einfach zu reden, während alle Elben gerade aufgeregt ihre Sachen zusammensuchten, war vermutlich auch nicht die schlauste Entscheidung.

"Ich habe die Verantwortung. Ich muss sicherstellen, dass sie heil ankommen", murmelte ich und vermied weiter den Blickkontakt. "Ich denke, dass weit mehr Personen, als nur Ihr dazu befähigt sind, sie zu führen. Außerdem werden doch sicher auch andere hier bleiben", lächelte er sanft und hielt ohne Probleme meinem schnellen Gang schritt. "Warum sollte jemand hier bleiben?", fragte ich und runzelte ein wenig meine Stirn. Hier war kaum ein Habitat für ein Leben zu wenigen. "Warum wollt Ihr bleiben?", konterte er sofort und ich sah ihn für eine Sekunde lang an. "Ich fühle mich noch nicht bereit", sagte ich in einem etwas anklagenden Ton, doch in dem Moment hatte ich nicht wirklich Legolas damit angesprochen, sondern eher mein pflichtbewusstes Selbst.

Die Mundwinkel des Prinzen zuckten kurz, worauf er siegesbewusst seinen Kopf abwandte und sich auf den Gang vor ihm konzentrierte. Ich kniff meine Augen ein wenig zusammen. Die letzten Sekunden, die wir zu der Glastür brauchten sagte keiner von uns mehr ein Wort. Ich nickte kurz als ein Zeichen von Dankbarkeit, als er mir die Tür aufhielt und mich zuerst rausgehen ließ. Sofort stieß mir die Kälte entgegen und ich kuschelte mich ein wenig mehr in meinen Mantel. "Ihr solltet allerdings nicht bis zur letzten Sekunde warten, um jemandem diese Aufgabe zu überreichen", führte Legolas unser Gespräch fort und folgte mir zu dem kleinen Teich. Ich antwortete zunächst nicht und schaute auf die unruhige Wasseroberfläche.

"Ihr habt meine Frage immernoch nicht beantwortet", murmelte ich, als ich ein paar Sekunden gewartet hatte, worauf er sich ein wenig versteifte. Er hatte mir absichtlich keine Antwort gegeben. "Ich muss noch mit Gimli darüber sprechen." "Man hätte ihn schon fast bei Euch einsperren können so oft ward ihr zusammen", lächelte ich und versuchte ihm sein Geheimnis zu entlocken. Alleine schon, dass er meiner Frage auswich zeigte mir bereits, dass er gar nicht mehr nach Valinor wollte. Sonst würde er nicht zögern es zu sagen und der Zwerg hatte schließlich ebenfalls noch den Plan - zumindest wenn sein Freund zustimmte.

Er zögerte offensichtlich lange und wog ab, ob er mit mir darüber sprechen konnte. "Vielleicht bin ich auch Eurer Meinund und lasse meine Freunde alleine ziehen", antwortete er schließlich leise mit starrem Blick auf das Wasser. "Ich dachte Ihr wolltet nach Valinor, sonst wäred Ihr doch nie losgezogen?" "Nachdem alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft des Ringes von uns gegangen waren und ich auch nicht mehr wirklich eine starke Verbindung zu meinem Königreich gespürt habe, haben Gimli und ich beschlossen diese Reise anzutreten. Schließlich wollte er auch noch einmal Herrin Galadriel sehen, von welcher er Einlass erhoffte", erzählte er und wurde währenddessen immer sicherer.

Ich unterbrach ihn nicht und sah ihn erwartungsvoll an, als er eine Pause einlegte. "Ich denke nicht, dass der Unfall eine Laune des Meeres war. Die anderen Elben, welche noch vor dem Anbruch des vierten Zeitalters diese Reise angetreten haben, wurden auch beschützt. Ich denke die Erkenntis, dass es noch viel mehr auf dieser Welt gibt, das ich noch nicht gesehen habe, oder von dem ganz Mittelerde nichts weiß, hat meine Meinung geändert." Ich nickte leicht und wusste nicht so recht was ich darauf antworten sollte. Eigentlich wollte ich ihm einen Platz in meinem Reich anbieten, doch welches Reich?

"Es tut mir Leid für die ganzen Sachen, die ich getan habe. Es stimmt, Ihr hattet jedes Recht zu Euren Entscheidungen und ich muss ehrlich zugeben, dass man jemanden wie mich in meinem Königreich anders behandelt hätte", nahm er mir glücklicherweise meine Antwort ab und überraschte mich gleichzeitig ein wenig damit. "Nun, ich schätze jetzt habt Ihr keine Gefangenschaft mehr zu befürchten, da wir alle nach Valinor ziehen", murmelte ich leise und etwas traurig. Ich kannte nur das Leben in diesem Reich, mit diesen Leuten und das sollte alles durch eine Entscheidung zu Ende gehen? Was sollte ich eigentlich tun, wenn alle weg waren? Ich wollte nicht wirklich nach Mittelerde, doch hierbleiben konnte ich genauso wenig. Alles in mir sehte sich nach meinem alten Zuhause, doch das war vermutlich schon längst von Orks überrannt.

Eines war allerdings klar: Wenn ich wirklich hierbleiben würde, dann würde ich Rodwen suchen bis ich sie lebend oder tot gefunden hatte.

Die Bürden Einer Königin // Hobbit & Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt