Prolog

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Kühle Luft umstrich mein Gesicht und ließ eine Strähne, die sich aus der Kapuze des roten Umhangs geschummelt hatte, tanzen. Zwar war es schon fast April, doch die Kälte des Nordens würde sicher noch eine Weile halten. Leise schnalzte ich und der Rappe unter mir begann sofort eifrig zu traben. Fast von selbst lief er den altbekannten Weg entlang, bis wir schließlich eine große Wiese erreichten. Das Gras war von dem langen Winter noch etwas erschöpft, doch es begann schon langsam wieder grün zu schimmern. Ein Wind bauschte auf und ließ meinen Umhang und die nachtschwarze Mähne meines Pferdes flattern. Ich parierte den Rappen durch und ließ meinen Blick über die Landschaft schweifen. Nichts. Außer mir war kein menschliches Leben oder etwas von menschlichem Einfluss zu sehen. Nur Natur. Ewig weite Grasflächen. Und das Meer. Wenn man genau hinsah, konnte man es als schmaler Streifen am Horizont glitzern sehen.

Plötzlich warf der Rappe unter mir den Kopf hoch und fing an zu tänzeln, ich spürte jeden seiner Muskeln, die unter mir gespannt waren, als wären sie Sprungfedern. ,,Ruhig Narvik.", murmelte ich und fasste die Zügel kürzer, dann lehnte ich mich etwas nach vorne und schnalze leise. Aus dem Stand schoss der Rappe los. Der Fahrtwind riss an meinem Umhang und ich senkte den Kopf etwas, damit mir die Kapuze nicht vom Kopf flog. Unter mir arbeiteten die Beine des Rappens wie eine Maschine. Galopp. Galopp. Galopp. Tief beugte ich mich über den Hals des Pferdes unter mir und gab ihm freie Hand. Seine schwarze Mähne flatterte mir ins Gesicht und ich musste die Augen zusammenkneifen, sonst hätte ich nichts mehr gesehen. Ein feines Lächeln schlich sich auf meine Lippen, während wir so dahin rasten. Das Gras flog nur so an uns vorbei, während wir dem Horizont entgegen galoppierten.

Fahrtwind lies meinen Umhang hinter mir her flattern und ich roch den Geruch von Erde, der sich mit dem Salz des Meeres vermischte. Viel zu schnell entdeckte ich das Ende unserer Galoppstrecke und so saß ich wieder tief in den Sattel ein und verlagerte mein Gewicht nach hinten. Sofort wurde mein Rappe langsamer und parierte durch. Anmutig schritt er weiter, bis ich ihn schließlich komplett zum Stehen brachte. Und das war auch besser so, denn wenige Meter vor uns ging es knapp vierzig Meter runter. Wellen zerschellten mit einem Rauschen an den Felsen und Möwen flogen kreischend herum. Der unverwechselbare Duft von Salz, Wasser und Algen stieg mir in die Nase. Tief atmete ich ein und aus. Dies war einer der Momente, die einfach unvergesslich waren. Die Sonne stand schon recht tief am Himmel und dieser färbte sich langsam rosarot. Wieder fegte ein Wind über die Klippen und brachte meinen Umhang zum Schweben, dieses Mal passte ich nicht auf, dass meine Kapuze nicht herunterfiel, sondern ließ sie mir vom Kopf pusten. Sofort quoll hellblondes Haar heraus und ließ sich spielerisch vom Wind herumtreiben. Ich schloss die Augen und genoss einfach den Moment.

ICE HEART - Reitinternat FedersteinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt