10. Kapitel

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Eine Stunde später lief ich den Flur des Westflügels entlang. Ich hatte meine Reithose und mein T-shirt gegen einen dunkelblauen Pulli und eine schwarze Hose getauscht, meine Haare hatte ich offengelassen und in meiner Hand hatte ich zwei Tüten norwegische Chips mit Schokoladen Geschmack außerdem noch eine Packung getrocknete Molte Beeren, eine Delikatesse aus Norwegen, sie war schwer zu sammeln, da sie normalerweise in Hohen Gebirgen wuchsen, daher war sie recht teuer, doch zum Glück wuchs eine der wenigen Planzen die im Wald wuchsen, in einem Wald in der Nähe von unserem Sommersitz, so konnten wir sie gut ernten. Fröhlich öffnete ich die schwere Holztür hinaus auf den Schulhof. Die Sonne verblasste gerade am Himmel und tauchte alles in ein Schönen Licht. Die Party würde in etwa zehn Minuten auf dem Heuboden der über dem Stall war beginnen. Was Mamma und Pappa wohl gerad machten? Oder Kai. Ich vermisste seine Art, wie er mich immer aufzog, grinste oder mich von etwas verrücktem versuchte abzuhalten. Selbst wenn ich kaum zwei Tage hier war, fühlte es sich an, als wäre schon mindestens drei Monate vergangen. Wie sollte bloß ein ganzes Jahr werden? Meine Hand tastete nach der Kette, die mir Grandma geschenkt hatte und die ich jeden Tag trug. Vorhin hatte ich noch mit Grandma telefoniert und sie hatte mir aufgegeben bis zum nächsten Mal wenn ich sie wieder anrief, dass Gefrieren von Dingen und die Bündelung von Wasser aus der Luft zu lernen. Heute Nacht, nach der Party, wollte ich mal mit Narvik es versuchen. Mittlerweile hatte ich den Stall betreten, ein paar Pferde, die noch im Stall waren, hoben den Kopf, liesen ihn jedoch gleich wieder fallen. Ehrlich gesagt war ich beeindruckt, wie schnell sie sich an mich gewöhnt hatten, immerhin kannten mich die meisten erst wenige Stunden. Ich war etwas zu früh, deswegen lies ich mir Zeit und lief langsam die Boxentüren entlang. Die meisten Pferde waren nachts draußen, doch manche mussten drinnen bleiben, entweder weil sie der Kälte nachts nicht standhalten konnten, ihre Besitzer Angst hatten sie könnten sich verletzen oder irgendein andere Grund. Leise fuhr ich mit meinen Fingern über die Stäbe der Boxen entlang, Box 12, Box 14, Box 16. Kurz blickte ich in Narviks Box, sie war, wie erwartet, leer. Der Rappe war ganz andere Temperaturen gewöhnt und hatte auch ein ganz anderes Winterfell als die anderen Pferde hier. Immerhin war die konstante Temperatur im Winter bei uns etwa - 10 Grad, an einem normalen Tag, und da die Pferde so gut wie immer raus durften, sahen manche Pferde eher wie Isis, noch nicht wie edle Warmblüter aus. Plötzlich donnerte ein Huf gegen eine Wand, ich zuckte zusammen und sah mich suchend um, das Geräusch kam aus dem anderen Ende des Stalls. Langsam ging ich in die Richtung wo das Geräusch herkam, bis ich schließlich die letzte Box auf der rechten Seite erreichte. Es war Colorado, der weiße Hengst schlug immer wieder mit seinen Hinterhufen gegen die Boxentür, die hinaus auf den Paddock führte. Etwa einen Meter von seiner Box entfernt, beobachtete ich den Hengst und las neben bei, was auf seinem Schild stand: Colorado, 8 Jahre, Besitzer- Sara de Riverada, Vater Calimero Carlos, Mutervater- Noise of Silence. Während ich das las, zog ich die Augenbraue hoch und nickte leicht. Calimero Carlos und Noise of Silence waren ziemlich gute Dressur und Springpferde. Calimero Carlos hatte insgesamt im Springen vier Mal Olympia gewonnen und war zwei Mal Weltmeister geworden. Noise of Silence war in der Dressur insgesamt drei Mal in der Olympia gewesen, zwei Mal Gold, einmal Silber. Beide Pferde jedoch galten als schwierig und temperamentvoll, was sie leider auch, an ihre Nachfahren vererbten, zusammen mit ihrem Springvermögen und ihren beeindruckenden Gängen. Ich hatte einmal sogar gelesen, dass Calimero Carlos erst als unreitbar galt und danach sogar nur einen Reiter auf seinem Rücken geduldet hatte. Mit diesem hatte er jedoch großes verbracht. Mittlerweile schien mich Colorado bemerkt zu haben, denn er hatte aufgehört gegen die Holztür du treten, die erstaunlich stabil war, und sah mich nun aus seinen dunklen Augen an. ,,Hey." Sagte ich. ,,Was willst du." Fragte der weiße Hengst außer Atem, trotzdem brachte er es fertig, drohend zu klingend. ,,Die Frage ist eher, was willst du?" gab ich unbeeindruckt zurück. ,,Raus." War seine Antwort. ,,Raus... hm... raus aus der Box, raus aus dem Stall, raus in die Welt. Was für ein raus?" fragte ich. ,,Raus, hier!" er deutete auf alles um ihn herum. ,,Ich hab keinen Bock mehr hier drin zu sein, während die anderen auf der Koppel sind und Spaß haben." Sehnsüchtig sah er aus dem Fenster. ,,Hm." Machte ich ,,Weißt du wieso du nicht raus darfst." Fragte ich. ,,Nein weiß ich nicht. Ich hab nie was gemacht." Rief Colorado und scharrte ärgerlich mit den Hufen, als ich nur die Augenbraue hoch zog, wieherte er ,,Wirklich nicht, ich weiß du denkst ich bin irgend so ein Rüpel, aber ich hab noch nie irgendwas gemacht." ,,Okay, okay. Ich rede mal mit Sara ob sie dich mal rauslässt. Auch wenn sie mich killen wir." Den letzten Satz murmelte ich nur, doch Colorado hatte ihn trotzdem gehört ,,Sara würde nie jemanden umbringen, sie ist die beste Freundin der Welt." Protestierte er. Überrascht sah ich den weißen Hengst an ,,Du magst sie?" fragte ich verwundert ,,Aber sie, sie ist doch immer so kühl zu dir und..." ich verstummte. Colorado senkte den Kopf ,,Ich muss mich einfach nur noch mehr anstrengen, dann wird sie mich schon loben. Das muss sie einfach. Ich bin nur noch nicht gut genug." Sagte er leise und ich starrte ihn einfach nur an. Wie konnte das sein? Wie konnte er so willig sein, jemanden stolz zu machen, der ihn anscheinend noch nie gelobt hatte und nett zu ihm war? ,,Nun ja, ich werde mit Sara reden." Sagte ich nachdem ich mich wieder zusammengerissen hatte ,,Aber ich kann nichts versprechen!" Der Hengst schnaubte nur und mich machte mich auf den Weg, die Leiter hinaufzusteigen. Mittlerweile war ich schon ganz schön spät dran! Drei Minuten zu spät begrüßte ich schließlich Laila, Julia und die beiden Zwillinge. ,,Tut mir leid, dass ich zu spät bin." Entschuldigte ich mich. ,,Machst du Witze? Wegen drei Minuten musst du dich doch nicht entschuldigen." Lachte das eine Mädchen, ich glaube es war Anna, oder doch Vanessa, und grinste mich an ,,Komm ich zeig dir, wo du das Essen hinmachen kannst!" ,,Dürfen wir hier oben eigentlich sein?" fragte ich betont beiläufig während ich die Chips und die Beeren auf einen Heuballen platzierte, der als Tisch umfunktioniert wurde. ,,Klar, allerdings dürfen wir hier erst aber der zehnten hin, da die Hechter sonst schiss kriegt, das wird zu blöd sind und Feuer mit nach oben nehmen." Grinste das blonde Mädchen ,,Sorry das ich frage, aber bist du jetzt Anna oder Vanessa?" fragte ich. ,,Vanessa." Lachte sie ,,Du kannst mich daran erkennen, dass ich meistens goldene Ohrringe anhabe, Anna hat immer silberne an, es sei denn, wir Ärgern mal wieder die Lehrer, dann haben wir bronzene an." Ich musste grinsen ,,Ganz schön organisiert bei euch." Meinte ich ,,Man muss sich vorbeireiten." grinste Vanessa. ,,Da hast du auch wieder recht." Stimmte ich ihr zu. Nach und nach trafen auch die anderen aus unserer Klasse ein, alle hatten etwas mitgebracht. Bald häuften sich Chips, Gummibärchen, Laila hatte sogar Magdalena, der Köchin, ein paar Kekse abgeschwatzt und Schokolade auf dem Strohballen. Mittlerweile war es draußen komplett dunkel und Julia machte bunte LED Lämpchen an, was die Stimmung noch einmal etwas hob. Tim hatte sein Handy mitgebracht, auf dem er nun über kleine Lautsprecher ein paar Lieder spielte. Manche räumten ein paar Heuballen, die hier überall verteilt waren, entweder als Sitze oder Tische, zur Seite und fingen an zu tanzen. Andere, darunter Julia, Laila und ich, zogen sich in Versteck hinter den Strohballen zurück und tranken dort ihre Limo, die Aischa mitgebracht hatte. ,,Wisst ihr, was ich heute gehört habe?" fragte Anna, mit silbernen Ohrringen, die sich nach einer Weile zu uns gesellte die sich nach einer Weile zu uns gesellte. ,,Nö, wieso?" fragte Laila neugierig. ,,Es soll noch jemand neues zu uns kommen. Ich glaube ein Typ." Anna sah uns aufgeregt an, als erwarte sie, wir würden nun schreibend aufspringen, doch diese Reaktion blieb aus. Laila zuckte nur die Schultern, Julia zog die Augenbraue hoch und ich sah sie einfach nur fragend an. ,,Jetzt kommt schon, zwei neue in einem Jahr, dass gab's seit zehn Jahren nicht mehr!" ,,Stimmt." Nickte Julia ,,Weißt du sonst noch was über den neuen?" ,,Leider haben die danach schnell das Thema gewechselt. Aber ich weiß das der Neue zu ihren deinem Lehrer gehört UND das er irgendwas zur Vorführung am Ende das Jahres beitragen soll." ,,Welche Vorführung?" fragte ich neugierig. ,,Am Ende jedes Schuljahres machen die verschiedenen Klassen eine Aufführung." Erklärte Laila ,,Dort zeigen sie den Eltern ihrer Reitkünste. Meistens spielen wir irgendein Stück auf dem Pferd vor. Letztes Jahr gab es berittenes Ariel und davor Mulan." ,,Meist beginnen die Proben so etwa nach den Herbstferien." Fügte Anna noch hinzu. ,,Ah, cool." Murmelte ich, ob ich in den Herbstferien wohl nach Hause flog? Wahrscheinlich. Wir laberten noch ein bisschen, bis wir schließlich nach drei Stunden uns auf den Weg zurück in unser Zimmer machten. Eigentlich wollte ich mich gleich auf den Weg zu Narvik machen, doch Laila zog mich einfach mit. In unserem Zimmer angekommen zogen wir uns um und machten uns bettfertig. Mittlerweile war es schon fast halb zehn. Hoffentlich schlief Laila schnell ein, sonst würde es zu spät werden! Doch meine Sorgen waren zum Glück unbegründet. Kaum hatte ich Laila eine gute Nacht gewünscht, so war sie auch schon eingeschlafen. Sicherheitshalber wartete ich noch ein paar Minuten bis ich mir sicher war, dass sie auch wirklich schlief. Dann stand ich lautlos auf und streifte mir einen Pulli und eine dünne Jogginshose über. Mir würde zwar wahrscheinlich nicht kalt werden, doch nur im Schlafanzug wollte ich auch nicht herumlaufen. Zum Glück konnte man unser Fenster öffnen, ohne Probleme sprang ich hinaus ins Freie. Sofort umschloss mich kalte Nachtluft und ich atmete durch. Kalt war mir nicht. Das war es nie. Barfuß schlich ich über das Gras in Richtung Stall. Wie schön es hier doch war. Der Springbrunnen plätscherte leise und irgendwo im Wald rief ein Käuzchen. Sonst war es stille, aber auch nur einen Moment, dann wieherte ein Pferd ,,Hey, Die Stelle gehört mir." Ich musste grinsend, wie anders man doch Tier rufe war nahm, wenn man sie verstand! Kurz darauf erreichte ich die Koppel und schlüpfte unter dem Zaun durch. Die Pferde hatten kleine Gruppen gebildet indem sie entweder zusammen grasten oder schliefen, ein Schecke hatte sich sogar in dem kleinen Unterstand niedergelegt und im Liegen. Leise um die Pferde nicht zu erschrecken, wobei sie mich sowieso schon längst bemerkt hatte, schritt ich zu Narvik, der ruhig auf mich zu kam. ,,Guten Abend großer." Lächelte ich leise und strich ihm über das schwarze Fell. Jetzt in der Nacht, verschwand der Rappe fast komplett mit seinem Umfeld, zumindest für normale Augen, meine hatten sich erheblich verbessert, so konnte ich auch in tiefster Nacht gut sehen. Generell hatten sich meine Sinne wirklich verstärkt, wieso nun genau, und wie das sein konnte, musste ich Grandma ein anders Mal fragen. ,,Wollen wir anfangen?" fragte der Wallach. Als Bestätigung nickte ich ,,Aber lass uns noch etwas weiter weg gehen, nur um ganz sicher zu sein, dass uns niemand sieht." Meinte ich. ,,Okay, willst du?" fragte Narvik und deutete auf seinen Rücken ,,Immer!" grinste ich und schwang mich ohne Probleme auf seinen bloßen Rücken. Schnell wechselte Narvik vom Schritt in den Galopp und wir ritten ganz ans andere Ende der Koppel. Hier standen auch schon ein paar Bäume, so waren wir komplett sichtgeschützt. ,,Danke." Sagte ich und glitt von Narviks Rücken herunter. ,,Fang an." Meinte mein Lieblings Rappe und schaute mich erwartungsvoll an. Als Bestätigung amtete ich tief durch und stellte mich neben Narvik. Deswegen hatte ich ihn mitgenommen, bei ihm konnte ich mich viel besser entspannen, und das war wichtig, um mich zu konzentrieren. Ich schloss meine Augen und versuchte die Luft zu spüren, das Wasser in ihr zu bündeln. Mehr automatisch hob ich meine Hand, und dann plötzlich spürte ich das Wasser. So stark, dass ich kurz zurückzuckte. Das Wasser war nicht an meiner Hand, doch ich spürte das Wasser, als hätte ich meine Hand in einen Fluss getaucht. Langsam öffnete ich meine Augen und musste ich zusammen reißen nicht los zu quicken, es hatte geklappt. Etwa eine Handvoll Wasser schwebte vor mir in der Luft. Okay, jetzt konzentriert bleiben und langsam das Wasser bewegen. Sagte ich zu mir selbst und bewegte meine Hand leicht nach rechts. Das erste Mal passierte gar nichts, doch das zweite Mal wich das Wasser wirklich zur Seite. Mein Lächeln breitete sich über das ganze Gesicht aus, bis es schließlich bis an beide Ohren ging. Als ich das Wasser jedoch in einen Ball formen wollte, viel es mir aus der Hand und platschte auf den Boden. ,,Mist." Fluchte ich. ,,Ach komm schon, für das erste Mal war es doch schon ganz gut." Meinte Narvik. ,,Für das erste Mal schon, aber immer wenn ich das Wasser in irgendeine Figur formen will, fällt es mir aus der Hand." murrte ich. ,,Versuch es doch mal am Bach." Sagte Narvik aufmunternd. ,,Bach, wo gibt es denn einen Bach?" fragte ich verwundert. ,,Bach ist eigentlich schon zu viel, es ist eher etwas Wasser, was eben durch den Wald fliest, ich zeig es dir." Meinte Narvik und trottete los. Kurz darauf stand ich vor dem Bach. Es war wirklich nicht wirklich ein Bach. Der Untergrund war an dieser Stelle einfach etwas tiefer, so floss dort, wenig, doch glasklares Wasser seinen Weg. ,,Das ist super." Meinte ich erfreut und versuchte gleich Mal etwas Wasser aus dem Rinnsal zu holen. Dieses Mal dauerte es jedoch etwas länger, doch schließlich flog wieder etwas Wasser vor mir. Dieses Mal versuchte ich das Wasser nicht mit meinen Händen zu formen, sondern stellte es mir lediglich im Kopf vor. Und siehe da, langsam formte sich aus dem Wasser ein Ball. Bevor ich dieses jedoch gefrieren konnte, klatschte dieser jedoch schon wieder zurück wo er herkam. ,,Na immerhin." Murmelte ich und versuchte es gleich nochmal, dieses Mal konnte ich den Wasserball drei Sekunden in der Luft halten, bis er wieder zurück ins Wasser fiel. Zwei Stunden übte ich noch, wobei, eher eine Stunde. Immer wieder machte ich eine kurze Pause und tollte mich Narvik herum. Als mein Handy schließlich null Uhr zeigte, schwang ich mich auf Narviks Rücken und galoppierte zurück zur Schule.

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