2. Kapitel

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,,Sie haben ihr Ziel erreicht." Sagte die freundlich nervige Stimme des Navis, als wir die Auffahrt zu unserem Haus hinauf Fuhren. Hinter uns schloss sich das eiserne Tor und hinderte die Paparazzi daran auf unser Grundstück zu kommen. Mal ehrlich, war es deren einziger Job, Menschen auf den Geist zu gehen? Ich konnte mich an keinen Tag erinnern, wo sie nicht vor dem hohen Zaun unseres Grundstücks standen, um ein Foto von uns zu machen! Ich seufzte bei dem Gedanken, dass es wahrscheinlich immer so seien würde! Wahrscheinlich sogar noch mehr, wenn meine Großeltern zurücktreten würden und meine Eltern König und Königin von Norwegen werden würden. Und du zur Kronenprinzessin flüsterte eine leise Stimme in meinem Kopf. Daran will ich noch gar nicht denken! Antwortete ich der Stimme. Bis vor ein paar Jahren, war es noch gar nicht sicher gewesen, ob ich wirklich Kronenprinzessin werden konnte. Denn normalerweise gab es immer nur einen Kronenprinz, doch meine Großeltern hatten sich entschieden, diese Tradition zu modernisieren und mich zur ersten Kronenprinzessin vom königlichen Hause von Norwegen werden würde. Bis heute, war ich mir nicht sicher, ob ich froh oder traurig darüber sein sollte. Mittlerweile war unser Auto zu stehen gekommen, kurz atmete ich noch einmal tief ein und machte mich innerlich auf das Blitzlichtgewitter gefasst. Dann setzte ich mein Fake Lächeln auf und stieg aus dem Auto. Wie gewohnt ging es sofort los, Fotos, Fotos, Fotos. Gerade wir Kinder waren beliebtes Futter für die Presse. Es verging kaum ein Tag, indem kein Foto, von mir, meinem Bruder oder von meinen Cousins in der Zeitung war. Und es war ja nur Norwegen der etwas von uns wissen wollte. Wie war es wohl in England, wo die ganze Welt zuschaute? Doch mittlerweile hatte ich mich so gut es ging daran gewöhnt. Lächelnd sah ich in die Masse und winkte ein bisschen, bevor ich mein Gepäck aus dem Kofferraum holte. Auch mein Bruder und meine Eltern zeigten sich zur Show. Lächeln, winken, wieder Lächeln. Gerade meine Mutter zeigte sich besonders freundlich, was sie aber auch irgendwie musste. Meine Mutter war ursprünglich Deutsche und als sie meinen Vater heiratete war es ein großer Skandal in ganz Norwegen. Nicht nur kam meine Mutter nicht aus Norwegen, sondern war sie auch noch eine ganz normale Frau mit einer ziemlich starken Partyvergangenheit. Mein Vater hatte sie auf einem Reiterhof kennengelernt, wo sie als working student gearbeitet und mein Vater die Ferien verbracht hatte. Die beiden hatten sich verliebt und meine Großeltern hatten den beiden auch ziemlich schnell ihren Segen gegeben zu heiraten. Bis es allerdings zur Heirat kam, dauerte es noch fünf Jahre. Doch nun waren die beiden schon seit sechzehn Jahren glücklich verheiratet und waren in ganz Norwegen als Traumpaar bekannt. Meine Mutter hatte zum Glück ein Sprachtalent, was ich glücklicherweise von ihr geerbt hatte, und so hatte sie ziemlich schnell norwegisch gelernt. Bei den Regeln des Königshauses hatte es etwas länger gedauert, doch mittlerweile verhielt sie sich wie eine richtige Prinzessin!

,,Ansgar, Maja, wie schön euch wieder zu sehen!" Aegir Bjørndalen, ein hochgewachsener, bulliger Mann, mit braunen Haaren und Augen lächelte als wir unser Haus betraten. Er war der Sicherheitschef, der kompletten Königsfamilie und außerdem noch ein alter Freund von meinem Vater. ,,Hallo Aegir." Lächelte mein Vater und schüttelte seine ausgestreckte Hand, bevor die beiden sich kurz umarmten, dann wendete sich Aegir an uns ,,Na wie waren die Sommerferien?" fragte er. ,,Super." Grinsten wir beide gleich Zeiten. ,,Das freut mich." Er lächelte. ,,Warum bist du hier? Doch ganz bestimmt nicht um uns nur Hallo zu sagen, richtig?" ,,Richtig, Harold und Agda sind da." Erklärte Aegir. ,,Was machen den meine Eltern hier?" fragte mein Vater verwirrt. ,,Ich weiß es nicht." Aegir hob die Schultern ,,Sie sind im Wohnzimmer." Erklärte er uns und setzte sich in Bewegung. ,,Hoffentlich ist nichts passiert!" sagte meine Mutter sorgenvoll und lief etwas schneller hinter Aegir her. Auch ich war besorgt, es passierte selten, dass uns meine Großeltern besuchten, sie hatten oft viel zu tun und verbliesen das Schloss selten zu ihrer Freizeit. Trotzdem stand ich meiner Großmutter sehr nahe, schon oft war ich und mein Bruder über das Wochenende bei ihr geblieben, gerade als wir noch jünger waren, weil meine Eltern irgendwo hinmussten. Sie hatte immer ein offenes Ohr für mich und außerdem die besten Kekse der Welt! Wir hatten die Tür zum Wohnzimmer erreicht, Aegir klopfte. ,,Herein." Rief eine Stimme die stark nach meiner Großmutter klar. Mein Vater öffnete die Tür und wir traten alle herein. ,,Ansgar!" Rief meine Großmitter erfreud, als sie meinen Vater sah, freudig stand sie auf und umarmte ihren Sohn. Auch mein Großvater, ein hochgewachsener Mann mit leichtem Bierbauch und der nur noch an der Seite und am Hinterkopf noch weiße Haare hatte, stand ebenfalls auf, gab meinem Vater jedoch lediglich die Hand. ,,Maja, Talea, Kai, ach es fühlt sich an als hätte ich euch Jahre lang nicht gesehen!" meine Großmutter lachte und umarmte erst meine Mutter, dann Kai und dann mich herzlich. Während ich sie drückte flüsterte sie ,,Ich hab dir was mitgebracht." Und zauberte zwei Kekse aus ihrer Tasche. Das Lächeln auf meinem Gesicht wurde breiter, während sie erst mir und dann Kai einen Keks gab. ,,Danke Grandma!" mampfte ich und umarmte sie noch einmal glücklich. ,,Nichts zu danken." Grinste sie. ,,Aber jetzt einmal ehrlich, wieso seid ihr hier?" fragte mein Vater nachdem sich alle ausreichend begrüßt hatten. ,,Darf ich nicht einmal meine Enkel besuchen?" fragte meine Großmutter fragend ,,Aber du hast recht, das ist wirklich nicht der Grund wieso wir aus Oslo gekommen sind. Setzt euch doch." Sie wies auf die Couch. Während wir uns alle auf die Couch setzten, nahm Aegir auf einem Stuhl nahe der Tür Platz. ,,Nun," begann meine Großmutter zu reden ,,Wie ihr wisst sind Harold und ich nicht mehr die jüngsten. Der ganze Stress ist nichts mehr für uns, und da wir jetzt schon auf die neunzig zugehen und nun schon seit fast sechzig Jahren zusammen regieren, haben wir beschlossen" meine Großmutter atmete tief ein ,,zurück zu treten, um Platz für die neue Generation zu machen." ,,Was?" mein Vater blickte seine Mutter überrascht verwirrt an ,,Ihr wollt zurück treten?" ,,Natürlich nicht mit sofortiger Wirkung." Beeilte sich Königin Agda von Norwegen zu sagen ,,Du musst deine Ausbildung ja noch abschließen und Talea soll noch zumindest ihr sechzehntes Lebensjahr genießen können. Doch danach." Sie stoppte. ,,Aber wieso jetzt?" fragte meine Mutter. ,,Harold hatte... Probleme mit seinem Herzen. Wenn er weiter machen würde, könnte es sein das sein Herz stehen bleibt. Der Arzt sagte es läge am Stress." Erklärte meine Großmutter langsam ,,Vater, geht es dir gut?" Ansgar blickte seinen Vater erschrocken an. ,,Mir geht es gut." Brummte dieser ,,Keine Sorge." ,,Wann hattet ihr den geplant... zurück zu treten." Fragte meine Mutter nach kurzem Schweigen. ,,Nächstes Frühjahr wollten wir es dann offizielle machen. Natürlich müsste Ansgar jetzt schon anfangen uns zu helfen, um erstens seine Ausbildung fertig zu machen und zweitens, um Harold zu entlasten." Antwortete meine Großmutter. ,,Das geht ja noch." fand Mamma. Mein Vater nickte auch wenn er sehr nachdenklich aussah. ,,Fahrt ihr heute schon wieder zurück oder bleibt ihr noch bis Talea's Geburtstag?" ,,Wir bleiben natürlich, es sei denn, ich habt keinen Platz für uns." Lächelte meine Großmutter. ,,Ich denke wir finden schon ein Plätzchen." Lächelte Mamma ,,Ich gehe gleich das Gästebett beziehen." ,,Bleib doch, das könnte doch Louise machen. Es ist so lange her, dass ich euch gesehen habe!" ,,Na gut, ich sag Louise Bescheid." Meine Mutter nickte noch einmal kurz zum Abschied und verschwand dann. ,,Tief in ihr, ist sie immer noch die Maja Müller aus Deutschland." Lächelte meine Oma ,,Ihr habt eine tolle Mutter!" sagte sie zu uns ,,Sie hat etwas geschafft woran viele Scheitern. Sich selbst zu bleiben, selbst wenn sie wohl die zweit meist gefragte Frau Norwegens ist." ,,Wer ist denn die meist gefragte Frau in Norwegen?" fragte mein Bruder grinsend neben mir. ,,Na ich, was denkt ihr denn!" lachte meine Großmutter und zwinkerte uns zu. ,,Sagt mal Ansgar, wie lief es eigentlich mit..." begann sie mit meinem Vater ein langweiliges Erwachsenengespräch indem sich auch bald mein Großvater ein mischte, jedoch mit deutlich weniger Worten, als meine Großmutter. ,,Eigentlich sind unsere Großeltern komplette Gegenteile, oder?" fragte mein Bruder auf einmal leise. ,,Stimmt." Stimmte ich ihm zu. Während meine Großmutter immer zu jedem Scherz aufgelegt war, fast die ganze Zeit redete und gefühlt immer lächelte, war mein Großvater eher ruhig, redete nicht viel und wirkte meist etwas grummelig. Als kleines Kind war er mir immer ein bisschen unheimlich, bis wir einmal einen Nachmittag ganz allein zusammen verbracht hatten. Wir waren den ganzen Tag draußen und er brachte mir das Bogenschießen mehr oder weniger bei, fast alles was ich heute konnte, hatte er mir beigebracht. Als es dann dämmerte, machte er mir eine heiße Schokolade und wir setzten uns hinaus in den Park wo wir dann abwechselnd die Sterne betrachteten und Mensch ärger dich nicht spielten. Er hatte einen derben Humor und war vielleicht etwas komisch, doch er hatte eine gute Seele und war ein liebender Großvater. ,,Aber Gegenteile ziehen sich ja bekanntlich an." Ich grinste ihn an.

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