Doppeltes Glück?(5)

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Alec


Als ich die Augen aufschlage, ist es draußen bereits dunkel und das Zimmer wird bloß durch den leichten Mondschein durch das Fenster beleuchtet. Kurz brauche ich, um mich zu erinnern, wo ich bin. Ich drehe meinen Kopf nach links und sehe, dass Rafael nicht mehr neben mir liegt. Scheiße! Ich bin vor ihm eingeschlafen. Ich schlage mir die kleine Decke vom Körper und springe aus dem Bett auf, wobei ich leichte Rückenschmerzen wahrnehme. Ich sollte wirklich nicht in Rafaels kleinem Bett schlafen. Durch das schnelle Aufstehen wird mir, wie schon heute Morgen, schwindlig. Ich muss mich kurz am Türstock festhalten und setze meinen Weg dann mit schnellen Schritten Richtung Wohnzimmer fort.

Dort sitzt Rafael mit vielem leeren Süßigkeiten-Papier um sich herum und lässt sich mit großen Augen von dem Fernseher vor sich bestrahlen. Ich werfe einen Blick auf den Bildschirm, auf dem gerade eine Sex-Szene läuft. Und nicht nur eine harmlose aus irgendeinem Film, sondern eine aus Fifty Shades of Grey. Ich stürme zu der Couch, auf der Rafe sitzt und schnappe mir die Fernbedienung, um den Fernseher abzuschalten. „Nein!", springt er auf und versucht sich die Bedienung wieder zu schnappen, doch ich lege sie hoch oben auf ein Regal. „Wie lange schaust du schon?", frage ich ihn wütend, während ich den Lichtschalter betätige und mich mit verschränkten Armen wieder zu ihm drehe. Rafael zuckt nur mit den Schultern und lässt sich trotzig wieder auf seinen Hintern fallen.

„Du gehst jetzt schlafen!", befehle ich und schnappe ihn mir, auch wenn er sich mit Händen und Füßen wehrt. „Nein!", schreit er, während er wieder zu weinen beginnt. „Rafael, hör auf. Damit erreichst du nichts.", versuche ich ihn zu beruhigen – was sowas von scheitert. „Ich kann dir ein Buch vorlesen oder eine Geschichte erzählen. Oder ich singe dir ein Nachtlied. Schau, hier ist dein Teddybär und deine Kuscheldecke.", drücke ich ihm einen braunen, schon ziemlich mitgenommenen, Bären und eine bunte kleine kuschelige Decke in die Hand, doch er schmeißt sie weg. Verzweifelt mustere ich ihn, während auch mir die Tränen in die Augen steigen. Ich werde nie ein guter Vater sein. Ich kann das nicht.

Ich schnappe mir mein Telefon, das ich, bevor ich eingeschlafen bin, ja neben das Bett gelegt habe, und suche nach Magnus' Kontakt. „Alexander? Ist alles ok? Weint Rafael?", meldet er sich verschlafen. Kein Wunder, es ist schließlich bereits halb elf in der Nacht. „Kannst du ihn nicht irgendwie beruhigen? Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe, aber ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll.", flüstere ich verzweifelt, während ich höre, wie Magnus sich aufsetzt. „Lass mich mit ihm sprechen.", ist das einzige, das er sagt. Ich drücke wieder auf den Lautsprecher-Knopf und drücke Rafael das Telefon in die Hand. „Hier, sprich mit Daddy. Aber schmeiß mein Telefon bitte nicht durch den Raum.", murmele ich demotiviert und verlasse sein Zimmer.

Ich räume das leere Zuckerlpapier in den Müll und werfe einen Blick in das Fernsehprogramm. Ich denke, dass ich so um halb elf oder elf vormittags eingeschlafen bin, also sieht er das Programm seit schätzungsweise halb zwölf. Ich drehe noch einmal kurz den Fernseher auf, um zu sehen auf welchem Sender er war und schalte den Bildschirm sofort wieder aus. Ich weiß, dass Rafael nicht umgeschaltet hat, denn das versteht er noch nicht. Er kann nur auf und abdrehen – und ehrlichgesagt reicht mir das auch. Vielleicht hätte ich den Film mit Magnus angesehen, wenn er da gewesen wäre. War er aber nicht und stattdessen hat Rafael den Film gesehen. Anfangs war noch relativ kinderfreundliches Programm, bis viertel neun. Da kam der dritte Teil von Fifty Shades of Grey und danach der erste. Wenigstens hat er den nicht komplett gesehen.

Eine viertel Stunde später läutet plötzlich mein Telefon und ich springe auf, um zu sehen, was sie machen. Rafael liegt ruhig in seinem Bett und hat die Augen geschlossen, was mich einmal erleichtert durchatmen lässt. Schnell hole ich mein läutendes Telefon und verschwinde aus dem Zimmer, bevor ich die Tür vorsichtig schließe. „Wie hast du das geschafft?", frage ich leise, um zu verhindern, dass Rafael mich hört. Ich denke nicht, dass er schläft, aber leise sein ist trotzdem besser. „Ich habe mit ihm gesprochen, Alec. Er ist unglaublich müde.", erklärt Magnus und gibt mir keine Tipps, wie ich es vielleicht das nächste Mal besser machen könnte. Ich denke, dass er ziemlich sauer auf mich ist. Ich habe ihn geweckt, weil ich es nicht schaffe unser Kind zu beruhigen. Schon das zweite Mal heute.

„Ich habe versucht mit ihm zu sprechen, aber er wollte nicht zu weinen aufhören.", verteidige ich mich erschöpft. Ich gehe kurz ins Wohnzimmer, schalte dort das Licht aus und gehe in unser Schlafzimmer, um mich aus meiner Jeans und T-Shirt zu schälen. Ich lasse mich abgekämpft ins Bett fallen und halte mir mein Telefon wieder ans Ohr. „Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Verzeih mir bitte. Du kannst jetzt auch wieder weiterschlafen. Ich werde dich nicht weiter belästigen.", verspreche ich bedrückt und starre traurig auf die leere Seite des Bettes, welche normalerweise von Magnus gefüllt wird. „Alec, du brauchst dich doch dafür nicht zu entschuldigen! Und du belästigst mich auch nicht. Ihr belästigt mich niemals. Ihr könnt euch immer bei mir melden. Ich liebe euch, ich bin nur sehr erschöpft.", erklärt Magnus leise.

„Warum bist du eigentlich vorher eingeschlafen? So müde wirst du vom Nichtstun?", höre ich Magnus lächeln. „Nein, ich weiß nicht. Ich fühle mich einfach unglaublich fertig, wahrscheinlich vergeht das morgen wieder. Vielleicht habe ich mich bei Rafael angesteckt und bekomme ebenfalls Fieber.", überlege ich und ziehe mir die Decke bis zum Kinn. „Hoffentlich nicht. Dann kann ich dich doch nicht mehr küssen.", spaßt Mags kurz und wird dann wieder ernster. „Pass auf dich auf, Liebling. Was hat sich Rafael vorhin eigentlich angesehen, dass du so ausgerastet bist? Er hatte wirklich Angst.", murmelt mein Verlobter, während ich versuche, meine Augen offen zu halten.

„Es lief Fifty Shades of Grey. Und das nicht nur ein Teil. Außerdem bin ich überhaupt nicht ausgerastet. Ich war nur sauer, dass er mich wirklich einfach schlafen hat lassen und sich irgendetwas ohne meine Erlaubnis angesehen hat.", verteidige ich mich. „Alec, er ist vier. Was erwartest du? Außerdem wird er sich, wenn er älter ist, sowieso nicht mehr daran erinnern können. Aber es ist meine Schuld, ich habe es ihm vorhin gesagt, weil ich nicht dachte, dass du wirklich einschlafen würdest und nicht merken, wenn er aufsteht oder der Fernseher läuft. Wie tief hast du eigentlich geschlafen?", fragt Magnus verwirrt und mit leichter Besorgnis in der Stimme.

„Ich weiß auch nicht. Wie gesagt, wahrscheinlich werde ich krank oder so.", zucke ich leicht mit den Schultern. „Zum auskurieren können wir sehr gerne Fifty Shades of Grey ansehen.", höre ich Magnus verführerisch grinsen, was auch auf meinen Lippen ein Lächeln bildet. „Ob das so gut ist, wenn ich krank bin?", frage ich belustigt und schließe dann wieder meine Augen. „Glückshormone helfen immer. Und jetzt muss ich wieder schlafen. Gute Nacht, Schatz. Ich hoffe, wir sehen uns bald.", flüstert er. „Gute Nacht, Magnus.", erwidere ich ebenfalls leise und drücke noch auf den roten Knopf, bevor ich wieder in den Schlaf abdrifte.

Malec Oneshots & Short storys (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt