Ein Tag im Monat - Alec (3)

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Ich hole mir die Akte des Bewerbers aus meiner Schublade und lege sie geschlossen auf meinen großen Schreibtisch. Isabelle, meine Schwester und Sekretärin, hat mir mitgeteilt, dass sie einen Mitarbeiter feuern musste und wir dementsprechend jemand neues benötigen. Sie hat mir einen Stapel von Bewerbungen auf den Tisch gelegt, die ich jetzt nach und nach abarbeite, nur leider sind wir bereits bei der letzten Mappe angekommen, für die ich mich noch einmal zusammenreißen muss. In letzter Zeit gibt es diesen einen Tag im Monat nicht mehr, ich konzentriere mich voll und ganz auf die Arbeit. Das kleine Missgeschick von vor wenigen Wochen habe ich bereits vergessen und bin nun froh, dass ich schlimmeres vermeiden konnte. So etwas darf bestimmt nicht wieder passieren.
Ein unsicheres Klopfen an meiner Tür lässt mich von meinen Gedanken hochschrecken. Ich werfe einen kurzen Blick auf die Zettel vor mir und erhebe mich anschließend mit gerunzelter Stirn aus meinem Stuhl. Magnus Bane. Ich dachte, der Name wäre seltener.

Die helle Holztür zu meinem Büro öffnet sich und Isabelle betritt den Raum mit einem mir leider bekannten Mann.
„Izzy, du kannst gehen, ich werde allein mit dem Mann sprechen." Ich richte meinen schwarzen Anzug und die silberne Armbanduhr an meinem rechten Handgelenk, bevor Isabelle verständnislos nickt und mein Büro verlässt. Ich setze mich und gebe Magnus ein Zeichen, meinem Beispiel zu folgen.
„Was tust du hier?", frage ich kalt und werfe einen Blick auf die Uhr. Halb sechs Uhr abends.
„Ich möchte mich für die Stelle bewerben, was sonst?" Unschuldig betrachtet er mich. Wüsste er nur was dieser Blick mit mir macht.
„Ich habe dir gesagt, dass wir uns nicht weiter treffen können und das wusstest du auch davor bereits. Also, weiß dein Arbeitgeber davon?" Ich bleibe stur, es wäre dumm von mir, ihn in meiner Firma anzustellen, wenn ich bereits mit ihm abgeschlossen habe. Ich durchblicke seinen Plan und weiß genau, er wird nicht funktionieren. Das mit uns wird nicht funktionieren.

„Ich hoffe doch, du bist mein Arbeitgeber.", grinst er selbstsicher und überschlägt seine Beine übereinander.
„Wie hast du mich gefunden?"
„Ich muss zugeben, es war nicht so einfach wie ich es mir vorgestellt hatte, aber mit Hilfe meiner besten Freundin-"
„Jemand weiß davon?", unterbreche ich ihn harsch und springe augenblicklich von meinem Stuhl auf, um mich dem Fenster zuzuwenden. Wenige Sekunden später spüre ich eine Berührung an meiner Schulter und fahre abrupt um, um plötzlich dicht vor Magnus zu stehen.
„Sie sagt es nicht weiter, ich weiß es."
„Ich verstehe nicht, warum du hier bist. Bitte geh." In den vielen Jahren habe ich gelernt, meine Mimik und meine Emotionen zu kontrollieren, weswegen ich weiß, dass niemand um mich herum wissen kann, wie es mir geht. Bei Magnus bin ich mir nicht sicher.

„Und ich verstehe nicht, warum du dich so sträubst. Was hast du zu verlieren? Was opferst du für unsere Beziehung? Dein kaltes Image? Das gefällt ohnehin niemanden." Er hebt seine Stimme, weswegen ich ihm einen strengen Blick zuwerfe. „Wie kommst du auf die Idee, dass ich von jemandem gemocht werden will.", murmele ich belustigt und fange mich sofort wieder. „Schon einmal auf die Idee gekommen, dass du für mich nie mehr als ein One-Night-Stand warst?"
„Das stimmt nicht, ich sehe es in deinen Augen und in deiner Körpersprache. Dein Mund und deine Augen widersprechen sich. Warum hättest du sonst eine Ausnahme bei mir gemacht?" Flehend betrachtet er mich und ich weiß, es braucht nicht mehr viel, bis er aufgibt. Leider weiß ich auch, dass ich anschließend einen neuen Bewerber brauche.
„Weil ich deinen Körper wollte. Ich kenne dich doch gar nicht."
Gerade als Magnus erneut ansetzt, um etwas zu sagen, klopft es an der Tür. „Herein." Ohne meinen Blick von meinem Gegenüber zu nehmen, öffnet sich die Tür und ich kann erkennen, dass Isabelle in dem Türrahmen steht.

„Dann ist er es also?", erkundigt sie sich, doch ich schüttele den Kopf. „Er wollte gerade gehen."
„Aber Alec, es gibt sonst niemanden, der sich dafür beworben hat und Magnus ist doch sehr charmant." Sie wirft ihm einen vielsagenden Blick zu, von dem ich mich angewidert abwende. Wenn er sie auch nur irgendwie berührt hat, kann er was erleben.
„Wir finden sicher jemand anderes, aber Mr. Bane hat einfach nicht die richtigen Fähigkeiten für den Job."
„Aber-"
„Die Entscheidung steht fest. Führe ihn bitte nach draußen." Ich wende mich von ihnen ab und lasse mich auf meinem Drehstuhl nieder, während Isabelle mit Magnus mein Büro verlässt.


Als ich den nächsten Tag in die Arbeit komme, begrüßt mich ein bekanntes Gesicht und drückt mir einen schwarzen Kaffee in die Hand.
„Was soll das?", frage ich, während ich den heißen Kaffeebecher vorsichtig in die Hand nehme und Magnus einen fragenden Blick zuwerfe. Ich bin zu erschöpft, um mich darüber aufzuregen, weshalb ich beschließe, später mit Isabelle zu sprechen.
„Izzy hat mich eingestellt, sie ist hinreißend. Sie ist deine Schwester, nicht?" Er geht neben mir her auf dem Weg zu meinem Büro.
„Ich weiß, solche Informationen bekommen deine One-Night-Stands nicht, aber wir sind doch Kollegen." Magnus zwinkert mir zu und haltet mir die Glastür auf, da ich keine Hand frei habe. Ich nicke ihm dankend zu und stelle meine Tasche samt Becher auf dem Tisch ab.
„Wir sind keine Kollegen, ich bin dein Boss und ich verwette mein Leben darauf, dass du dir den Vertrag nicht durchgelesen hast, weil du zu versessen darauf bist, in meiner Nähe zu sein." Meine Tonlage ist nicht zu streng wie sonst und durch weiten sich Magnus' Augen erschrocken.

„Ich bin nicht versessen darauf, in deiner Nähe zu sein.", versucht er sich herauszureden, doch ich weiß schon, wie er denkt. Und jetzt, wo er in meiner Firma arbeitet, habe ich ihn in meiner Hand.
„In dem Vertrag steht, dass es zwischen keinem der Angestellten eine Beziehung geben darf, denn Gefühle lenken bloß ab und trüben die Sinne.", erkläre ich fest und nehme den Becher Kaffee, um einen Schluck zu trinken. „Aber danke für den Kaffee, Mr. Bane." Ich wende mich von ihm ab und schmunzele in mich hinein, während Magnus lautlos den Raum verlässt. Er hat seinen früheren Job für nichts und wieder nichts aufgegeben. Vielleicht hat er recht und ich habe Gefühle für ihn, es wird nicht leicht, ihn auf Abstand zu halten, aber mein Ehrgeiz ist viel stärker und ich würde diesen nie für ein paar unbedeutende Gefühle aufgeben.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 04, 2021 ⏰

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Malec Oneshots & Short storys (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt