Teil 4; "Wo sind die Wölfe?"

538 27 10
                                    

Aus Dianas Sicht:
Wie konnte es passieren, dass alle drei Wölfe verschwinden?Bei Cloudy und Rainy hätte ich es mir denken können, aber was Lupus betrifft, hatte ich anderes erwartet, weil er immer gut auf unsere tierischen Patienten aufgepasst hatte.Gut möglich, dass es daran lag, dass dieser Patient ein Mensch war, aber warum saß er dann neben ihm als ich in die Höhle kam? War das alles nur Zufall? Hatte Lupus Hunger verspürt und nur darauf gewartete, dass der junge Mann seinen schweren Verletzungen erlag, um ihn dann zu fressen, weil ich ihm beigebracht hatte, dass man Menschen nicht beißt und erst recht nicht frisst, solange sie am Leben sind?Oder war da doch was dran, an meiner innerlichen Vermutung, dass Lupus den jungen Mann zu mögen schien? Aber warum sollte er dann von seiner Seite weichen?

Ich war wieder auf dem Weg den Berg hinauf, auf der Suche nach den dreien, während ich mir all diese Gedanken machte. Da kam ich auch schon bei den kleinwüchsigen Bäumen vorbei, in denen sich der gut gekleidete Mann versteckt gehalten hatte um mir aufzulauern. Weshalb ich dieses Mal einen großen Bogen um sie machte, als könnte er jeden Moment zwischen den Bäumen hervorschnellen und mich packen.

Erleichtert atmete ich aus, als ich diesen Bereich hinter mir hatte, wobei sich einige Schritte später meine Müdigkeit durch ein Gähnen bemerkbar machte, da ich überhaupt nicht geschlafen hatte.

Was ist auf diesem Berg bloß los? So viel Action bin ich nicht gewöhnt. Ich will wieder meinen ruhigen Berg zurück. Wo kein Mensch einen anderen jagt oder jemand es auf meine Wölfe abgesehen hat!

"Wo sind sie nur meine Wölfe?", fragte ich mich innerlich verzweifelt, nachdem ich fast schon planlos lange Zeit umher gelaufen war um sie zu finden. "Wo ist mein Rudel!!", entkam es meinem Mund in der Form eines Schreies.Erschrocken, dass ich das gerade unbeabsichtigt geschrien hatte, hielt ich mir eine Hand vor den Mund. Andererseits war es auch schon egal, jetzt konnte ich auch noch mehr schreien. Doch auch wenn ich wollte, es kam kein Ton mehr aus meinem Mund, ein Kloß der sich in meinem Hals bildete war schuld daran.

"Ich war in meiner Kindheit viel zu lange alleine gewesen, bis ich schließlich Lupus fand. Seitdem waren wir einander nicht von der Seite gewichen und gingen durch dick und dünn", ließ ich meine Vergangenheit in meinem Inneren Revue passieren, während ich auf meine Knie gesunken war und mein Gesicht in meinen Händen vergraben hatte.

Doch dass ich ihn nun nicht mehr fand, das konnte einfach nicht sein! Aufgelöst stieß ich ein Jaulen aus ganzer Seele aus, sodass der Ruf durch die Berge echote. Unaufhörlich machte ich aus Leibeskräften weiter, um meine geliebten Gefährten wieder zu finden, bis ich das unverkennbare Jaulen von Lupus in der Ferne wahrnahm.

Schlagartig rappelte ich mich auf und rannte in die Richtung, von der es gekommen war. Prompt stürzte ich in meiner Hektik, was mir gerade sowas von egal war, da nur Lupus Jaulen im Moment eine Bedeutung für mich hatte. Mir rannen nur so die Tränen die Wangen hinunter, während ich über Felsen, Stein, und Geröll hinweg stieg um zu ihm zu gelangen.Erneut jaulend um seinen Standpunkt besser Orten zu können und kurz darauf kam Lupus Antwort. Dieses Mal schwang jedoch Furcht in seiner Stimme mit, was mich in Aufregung versetzte, weil er das nur tat, wenn er ernsthaft in Gefahr war.

Ich brauchte nur noch den schrägen Hang hinauf zu klettern und bei den Steinen aufzupassen die öfters wegrutschten und andere Steine mit sich hinabkullern ließen, dann war ich auch schon da. Doch was ich sah ließ mein Herz vor Schreck aussetzten.

Lupus der bei Cloudy und Rainy stand war von einigen Leuten umringt, die wie Bauern aussahen, und einer davon hatte tatsächlich eine Mistgabel auf den Berg mitgenommen, stellte ich entgeistert fest.Sie hatten ihre Waffen auf die drei Wölfe gerichtet und waren nur noch einen Katzensprung von ihnen entfernt.

Als hätte jemand bei mir jeglichen Verstand abgeschaltet, lief ich ohne Angst verletzt oder gar getötet zu werden los, rempelte einen Mann zur Seite und stellte mich dann schützend vor mein Rudel, soweit das möglich war.

Die Leute schauten mich überrascht und verwirrt an, sie hatten wohl noch nie jemanden gesehen, der sich für Wölfe einsetzt. Kampfesbereit schaute ich ihnen in die Augen, sollten sie auch nur Anstalten machen sich meinem Rudel zu nähern, dann könnten sie was erleben. Denn ich war der Anführer dieses Rudels und ich hatte die Pflicht sie zu beschützen, komme was wollte, ich würde meine geliebten Wölfe, Gefährten und treuen Begleiter niemals kampflos aufgeben, auch wenn ich mich dafür gegen Meinesgleichen stellen musste.

"Fasst sie nicht an!", rief ich jähzornig."Was ist sonst?", fragte einer spöttisch und trat mit seiner Waffe in der Hand vor."Sonst kann ich für nichts garantieren", sagte ich kampfeslustig, während die Wut in meinen Fingern kitzelte, ihnen allen eine saftige Lektion zu erteilen.Die Bauern schienen allerdings nicht gerade überzeugt zu sein, denn einer nach dem anderen trat nach vorne, bis wir beinahe eingekesselt waren. Fieberhaft überlegte ich wie ich uns da wieder herausbringen konnte, es reichte schon, wenn nur die Wölfe entkamen. Aber mir fiel keine schlaue Lösung ein unbeschadet davon zu kommen, also saßen wir in der Klemme!

"Was soll's", dachte ich mir, und sprang ohne viel darüber nach zu denken auf einen Mann mit Schwert zu, weil ich wusste, ich würde es mir sonst anders überlegen, da mein unterfangen viel zu leichtsinnig war.

Aus Reflex hob der Mann sein Schwert und ich kreuzte es mit meinem bloßen Arm um mich davor zu schützen, doch man sah ihm an das er es nicht kommen gesehen hatte.Natürlich kassierte ich dafür eine saftig blutende Wunde, aber es hatte sich ausgezahlt, denn alle Augen waren auf mich gerichtet und so konnten die Wölfe beinahe unbemerkt das Weite suchen. Und diejenigen die es bemerkten, konnten erst reagieren, als sie schon außer Reichweite waren.Weiterhin waren die meisten Augen auf mich gerichtet, allerdings musste ich ebenfalls schauen, dass ich hier verschwand! Der Mann vor mir schaute mich immer noch verdutzt an, also nutze ich die Gelegenheit und trat ihm gegen seine Kronjuwelen, woraufhin er sich krümmte und ich an ihm vorbei schlüpfen konnte.Ich lief was das Zeug hielt als ich hinter mir jemande rufen hörte: "Lasst sie nicht entkommen, sie hat unserem Mittag-, Abend und Frühstück zur Flucht verholfen! Das lassen wir uns nicht gefallen!"

Umdrehen würde ich mich bestimmt nicht, einfach weiterlaufen war die beste Option.Da schweifte mein Blick zu meinem blutenden Arm. Der Schmerz hatte noch nicht vollständig eingesetzt, weil das Adrenalin noch wie verrückt durch meine Adern gepumpt wurde, aber das würde nicht ewig so bleiben, außerdem würde mich die Blutspur verraten die ich hinterließ. Also müsste ich mir schnell etwas einfallen lassen!

"Also gut was hatte ich in der Tasche?", fragte ich mich gedanklich und wollte zu meiner Tasche greifen, die wie gewöhnlich an meiner Schulter hing, doch dort war keine. Na toll..., die hatte ich in der ganzen Sorge um die Wölfe in der Höhle liegen gelassen. ...Dann blieb nur eines!

Mit schnellen Bewegungen zog ich mir mein Oberteil beim Laufen aus, wickelte es über meinen blutenden Arm und zog ihn so fest wie ich konnte.Erst einmal musste ich diese Leute loswerden und dann würde ich einen kurzen Abstecher in meine Hütte machen um Sachen wie Verbandszeug, eine Decke, meine Jacke und ein neues Oberteil zu holen.

Um die drei Wölfe müsst ich mir keine Sorgen mehr machen, denn ich wusste, Lupus war ein vorsichtiger Wolf. Er wusste was er tat, allerdings tat auch er mutige und dumme Sachen, wenn es darum ging die zu beschützen, die er liebte. Vermutlich war das auch der Grund warum er in diese missliche Lage geraten war, in der er fast als Fleisch am Spieß geendet wäre.

Hinter mir erklangen auch schon wieder die Stimmen meiner Verfolger, doch mir lag ein Lächeln auf den Lippen. Denn ich hatte das geschafft, was ich wollte, und der Rest würde mir auch gelingen, da war ich mir sicher, denn niemand kannte den Berg hier so gut wie ich.

Berg MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt