19 Teil; Die Stunde der Wahrheit

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Aus Sirays Sicht:
Seit mindestens 4 Stunden waren wir jetzt schon wie wilde Tiere gejagt worden und haben es dennoch immer wieder geschafft zu entkommen. Doch dabei waren Cloudy und Rainy irgendwo auf dem Weg verloren gegangen, was Diana allein schon nervlich fertig machte. Doch dieses ganze Katz-und-Maus-Spiel packte noch einmal eine Schippe drauf! Unsere Nerven lagen mehr als blank!! Und dann rannten wir nun auch noch zu allem Überfluss in eine Sackgasse, weil wir ja unbedingt einen Berg hinauf mussten!

Vor uns eine Schlucht und seitlich Felswände, wie konnte es denn auch anders sein...

Nicht glauben wollend, dass wir in der Falle saßen und es nur eine Frage der Zeit war, dass Seth und seine Männer auftauchen würden, schaute ich die Schlucht hinunter die gar nicht so tief zu sein schien. Vermutlich würde man schwer verletzt überleben, wenn man dort hinunter fällt...

„Lupus ist weg!", rief Diana verzweifelt, während sie sich mehrmals um sich selbst drehte um auch wirklich keinen kleinsten Winkel zu übersehen, wo Lupus sich verstecken könnte. „Ich hoffe nur er findet Cloudy und Rainy...", murmelte Diana bedrückt vor sich hin und blickte den Weg zurück, den wir gerade gekommen waren.

Nicht auf ihre Sorge eingehend, da wir gerade wirklich andere Probleme hatten, ging ich, auf und ab, um verzweifelt eine Lösung für unser Problem zu finden. „Wie konnte das nur passieren?! Ich dachte du kennst dich auf dem Berg aus, immerhin wohnst du dort schon dein ganzes Leben!", warf ich Diana schließlich vor.

„Was soll denn das jetzt heißen? Gibst du mir jetzt die Schuld, dass wir hier in eine Sackgasse gelaufen sind?! Und überhaupt sind wir von meinem Berg schon längst runter, falls es dir noch nicht aufgefallen ist!! Hier unten im Tal war ich noch nie in meinem ganzen verdammten Leben!", verteidigte sie sich. „Wenn du nicht dein ganzes Leben auf dieser Bergspitze verbracht hättest und auch mal einen Fuß ins Tal gesetzt hättest wüsstest du, dass das Leben hier unten kein Zuckerschlecken ist! Hier gibt es keine Gnade, nur Macht, Geld und Verderben! Jeder einzelne Tag ist ein Überlebenskampf, um beim König nicht in Missgunst zu fallen und dafür geköpft oder gehängt zu werden!!", gab ich lauthals zurück.

„Achso ist das... jetzt ist auf einmal der König derjenige der alle umbringt! Entscheiden kannst du dich auch nicht!", meinte sie verächtlich.

„Es sind beide!... Nein die ganze Königsfamilie!!",gab ich aufgebracht zurück.

„Als hätten wir nichts Besseres zu tun als uns jetzt gerade, hier, in einer Sackgasse nur darauf wartend das Seth kommt und uns was auch immer antut, über so einen belanglosen Mist zu streiten!", schrie Diana mich an.

„Na wenigstens versuche ich eine Lösung zu finden! Im Gegensatz zu dir, du machst dir nur Sorgen um deinen geliebten Schoßhund!"

„Jetzt bist du wieder der Held, der alles zum Besseren wendet, oder wie?!" schrie sie aufgebracht: „Du suchst eine Lösung? Na gut, ich habe gleich drei für dich!! Zurückgehen, die Felswände hinaufklettern oder einfach die Schlucht hier hinunterspringen! Du wirst ja sowieso sterben und ich vermutlich auch, also macht das sowieso keinen Unterschied!", schrie sie mir entgegen.

„Niemand hat dich gezwungen deinen Berg zu verlassen! Du könntest immer noch dort oben sein! Also warum bist du nicht oben auf deinem ach so tollen Berg geblieben, wo alles besser ist?!!", entkam es wutentbrannt meinem Mund.„Ist das dein verdammter Ernst", schrie sie fassungslos zurück, während ihre Augen glasig wurden.

Dann herrschte kurz Stille und ich schluckte schwer, bei dem Anblick von Diana wie ihr langsam eine Träne nach der nächsten ihre Wangen hinunterlief. Es war nie meine Absicht gewesen ihr das an den Kopf zu werfen, ich liebte sie und es gab nichts Schöneres als sie hier an meiner Seite zu haben!

„Ich habe meinen verdammten Berg verlassen um dich zu lieben!", schrie sie mir unter Tränen zu. „Du Spinner!", fügte sie laut, zu Boden blickend hinzu. Dann drehte sie sich weg von mir.

„Das... ich...", begann ich stockend, doch ich suchte nach den richtigen Wörtern. Denn eine einfache Entschuldigung würde es nicht wieder gut machen. „Entschuldigung, es tut mir leid, ich... ich habe es nicht so gemeint.... " sagte ich voller Reue, ihr diese Wort an den Kopf geworfen zu haben, da mir die richtigen Worte einfach nicht einfallen wollten.

Sie drehte sich wieder zu mir und sah mich mit ihren verweinten Augen an. Mein Herz krampfte sich bei ihrem Anblick zusammen, am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen und ihr gesagt, dass wir sicher waren und nie wieder davonlaufen müssten... Das jedoch wäre eine mächtige Lüge gewesen. Jedoch wollte ich ihr sagen, dass ich sie über alles liebte! Und so griff ich nach ihrer Hand, blickte ihr in die Augen und setzte sanft an: „Ich..."

Weiter kam ich nicht, da unterbrach mich eine nur allzu bekannte Stimme. „Wie rührend, da kommen einem glatt die Tränen", sagte er spöttisch und ich wusste sofort, dass Seth uns endgültig gefunden hatte. Weshalb ich Diana schützend hinter mich schob und das Schwert hervorholte, das ich schon viel zu lange nur mit mir rumgetragen hatte.

Ich würde dieses Mal kämpfen! aber nicht für mich! Mein Schicksal hatte ich schon längst besiegelt, ich war dazu verdammt meinem qualvollen Ende in die Augen zu sehen. Doch Diana sollte frei sein und ihr Leben in vollen Zügen genießen. Sie war noch zu jung, als dass ihr Leben jetzt bereits ein Ende finden sollte. Zugegeben, ich war nicht viel älter, aber schließlich war ich selbst daran schuld!

„Bist wohl heute der Mutige, der seine Geliebte zu schützen versucht, obwohl du selbst weißt, dass es aussichtslos ist?!", sagte Seth, während er näherkam und zwei Schritte vor mir hämisch lachend zu stehen kam.

„Hör nicht auf ihn!", flüsterte ich zu Diana nach hinten, die sich verzweifelt an mein Oberteil gekrallt und ihren Kopf an meinen Rücken gepresst hatte. Ich war mir sicher es würde kein Leichtes werden mit all den Männern fertig zu werden, aber ich würde nicht aufgeben solange ich noch unter den Lebenden weilte. Bis zu meinem allerletzten Atemzug!

„Wieso machen wir es nicht so, wir zwei liefern uns ein Duell und wenn du gewinnst lassen wir deine Geliebte einfach laufen. Aber dich behalten wir trotzdem, du weißt ja, was dich erwartet!", sagte Seth grinsend.

Ich spürte Dianas Kopf wie sie ihn, hin und her drehte als würde sie mir sagen wollen ich solle diesen Deal nicht eingehen, doch es war schließlich nicht ihre Entscheidung. Es war meine! Und ich würde nicht zulassen, dass ihr Leben wegen mir beendet werden sollte.

„Ja, ich nehme den Deal an", sagte ich laut, während ich nach Dianas Händen auf meinem Rücken zurückgriff, um diese von meinem Oberteil zu lösen und ihre Hände ein letztes Mal zu fühlen, bevor ich sie bereits wieder losließ.

Den Blick allerdings hatte ich keine einzige Sekunde von Seth genommen. „Unterschätze einen einfachen Bürger nicht!", sagte ich meine ganze Konzentration auf Seth liegend, während ich mein Schwert hin und her schwang und nur darauf wartete das Seth sein eigenes Schwert ebenfalls in den Händen hielt damit ich ihn endlich in die Hölle schicken konnte! Ich hätte ja auch kein Problem gehabt schon vorher anzugreifen, doch dann wären seine Männer mit Sicherheit dazwischen gegangen und unser Deal wäre geplatzt. Ob er seinen Deal einhalten würde wäre sowieso fragwürdig... aber ich könnte all die Männer später auch noch fertig machen!

Endlich machte er einen Schritt nach vorne, woraufhin ich in den Angriff überging. Dabei wusste ich genau, was ich tat! Ich hatte nicht viele Talente, aber das war eines der wenigen die ich mehr als gut beherrschte. Und er würde schon noch sehen, was er davon hatte, sich mit mir duellieren zu wollen.

Geschickt tat ich anfangs so als wäre ich nicht gut darin mich mit einem Schwert zu duellieren, damit Seth sich in Sicherheit wog und ich ihn dann in aller Ruhe fertig machen konnte, während er total überfordert sein würde, weil es sich auf einen miserablen Gegner eingestellt hatte.

Ich ließ mich von ihm zurückdrängen und wich ihm absichtlich etwas tollpatschig aus, aber dennoch so, dass er mich nicht traf, bis ich mich schließlich absichtlich von ihm zu Boden bringen ließ.

„Du bist so schwach, ich hätte gedacht du wärst wenigstens mittelmäßig, aber das ist einfach nur jämmerlich", sagte Seth spöttisch während er mit seiner Schwertspitze in Richtung meiner Kehle hielt, so dass nur noch drei Finger dazwischen passten. Während ich im Hintergrund Diana wahrnahm wie sie hörbar angespannt die Luft einsog.

In einer Sekunde war ich wieder auf den Beinen und drängte Seth dieses Mal zurück. „Wie? Wie konntest du dich überhaupt so schnell regenerieren? Du hättest schwer verletzt, wenn nicht sogar tot sein müssen!", fragte Seth mit finsterem Blick, nicht verstehend wie ich so fit sein konnte obwohl ich damals den Felshang hinuntergestürzt war. Während er meine Schwerthiebe angestrengt abwehrte. „Das... Das wirst du wohl nie erfahren.", lachte ich und ging zum finalen Angriff über. Ich schlug mit meinem Schwert dort zu, wo er es nicht erwartete und landete einen Treffer auf seinem rechten Arm.

Überrascht über den Treffer, den ich gelandet hatte, taumelte er zurück und landete unsanft rücklings am Boden.

Ich wollte dem Ganzen ein Ende bereiten und Seth ein für alle Mal aus der Welt schaffen als ich einen der Männer hörte, die nur daneben standen und zusahen wie er laut drohend sagte: „Ergib dich freiwillig und lass deine Waffe fallen sonst töten wir dein Mädchen!".

Schlagartig drehte ich mich mit dem Schwert in der Hand zu Diana um. Ein Mann hatte sie in den Fängen und hielt ihr einen Dolch an die Kehle, während Diana leise wimmerte. Als sie mich jedoch sah, schrie sie: „Tue es nicht!", was den Mann veranlasste sie noch fester zu packen und den Dolch näher an ihre Kehle zu halten, damit sie es nicht noch einmal versuchen würde.

Mir blieb nichts anderes übrig als die Waffe fallen zu lassen. Ich liebte sie und ich würde nicht riskieren, sie in Gefahr zu bringen. So ließ ich mein Schwert abrupt fallen und ließ es zu, dass zwei Männer kamen um mir Handfesseln anzulegen.

Als ich allerdings Geräusche hinter mir hörte, die darauf hindeuteten das etwas vor sich ging, drehte ich meinen Kopf nach hinten. Was ich da sah versetzte mich schlagartig in Panik. Alles kam mir wie in Zeitlupe vor und doch passierte alles viel zu schnell. Diana schien sich irgendwie losgerissen zu haben und wurde in diesem Augenblick von dem Mann erneut gepackt und schlagartig zurückgezogen. Jedoch so stark, dass sie der Schlucht gefährlich nahekam.

Ohne selbst zu denken riss sich mein Körper wie automatisch von den Männern los, die mir auf der einen Hand bereits die Handfessel angelegt hatten. Woraufhin ich direkt auf den Abgrund zu rannte. Denn Diana war bereits hinuntergestürzt und hielt sich in diesem Augenblick verzweifelt oben an der Kante an, wobei sie ihren letzten Halt zu verlieren schien und somit in die Tiefe stürzen würde!

Ich ließ mich das letzte Stück über die Kieselsteine schlittern und sprang in letzter Sekunde den Abgrund hinunter um ihre Hand im Fallen zu packen, während ich meine andere Hand gezielt oben am Plateau platziert hatte um sie wieder hochziehen zu können.

Der scharfe Stein, an dem ich mich oben am Plateau festhielt, bohrte sich in meine Hand, sodass das Blut anfing meinen Arm hinunter zu rinnen. Ich wusste, dass ich sie nicht mehr lange halten konnte. Meine Kraft dazu aufwendend, dass ich ihre Hand zurück auf die Plattform nach oben bringen würde, rutschte meine andere Hand immer weiter ab...

Ich schaffte es ihre Hand dort hinauf zu bringen, wo der Mann der sie vorher in den Fängen gehabt hatte, ihren Arm auch schon packte und sie wieder hinaufzog. Während ich meinen Halt verlor und den letzten Augenblick dazu nutze „Ich liebe dich" mit meinen Lippen zu formen und ihr aus ganzem Herzen zuzulächeln, bevor ich ganz abrutschte und mich die Schwerkraft unweigerlich nach unten zog.

Berg MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt