Teil 6; Die Wirkung des Feuerkrauts 1/2

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Aus Dianas Sicht:
Sirays Schrei riss mich aus meiner Trance, in der ich die meiste Zeit ins Leere gestarrt hatte.

„Verdammt!", stieß ich hervor, rappelte mich auf und kniete mich dann ein Stück weiter drüben, neben ihm hin. „Ray!", rief ich schockiert und schüttelte ihn verzweifelt: „Verdammt, Ray!!", doch er reagierte nicht im geringstem. Das hatte noch gefehlt, dass ich Siray fast umbrachte. Ich hatte nicht nur mich selbst in Schwierigkeiten gebracht, als ich so tat als wäre alles okay. Sondern auch Siray, indem ich ihm die falsche Dosis des Krauts verabreicht hatte, was nie hätte passieren dürfen!

Ich schnappte mir sofort meine Tasche und wühlte wie eine Wahnsinnige darin herum."Wo ist dieses Zeug?!!", fluchte ich und warf schließlich frustriert die Tasche an die Wand. Das konnte doch nicht sein! Jetzt da jede Sekunde zählte fand ich es nicht! Ich trug es doch immer in meiner Tasche mit mir!

Fluchend stand ich auf und hätte am liebsten geschrien, doch Lupus schaute mich bereits mit angelegten Ohren verunsichert an, sodass ich es bleiben ließ.Frustriert, dass ich dieses Zeug, das ich nun wirklich mal dringend benötigte, nicht dahatte, machte ich mich daran Siray wieder auf den Rücken zu drehen. Dann wickelte ich die Verbände in Windeseile wieder ab und entfernte die Kräuter die auf seinen Wunden lagen. Am liebsten hätte ich die Verbände einfach heruntergerissen, damit es scneller ging, doch das funktionierte mit diesen leider nicht.Außerdem bräuchte ich sie ja noch, da das nicht mein letzter Patient sein würde.

Nachdenkend was ich nun tun sollte, fuhr ich mir mit meinen Fingern durch die Haare, bevor ich zu meiner Tasche lief, um die Flasche mit Wasser hinaus zu holen. Anschließend schüttete ich das Wasser geleichmäßig über sein zerfetztes Gewand, bis diese Flasche leer und die zweite ebenfalls fast völlig geleert war.
"So das sollte reichen um ihn abzukühlen", meinte ich und machte einen Schritt von ihm weg, um das Werk zu sehen, das ich vollbracht hatte. Aber ich konnte nicht viel mehr für ihn tun. Ich hatte das Gegengift nicht hier und bis ich oben in meiner Hütte und wieder zurück wäre, hätte das Gift ihn schon umgebracht, falls ich ihm denn wirklich eine zu große Dosis des Krautes gegeben hatte.Ich hoffte, dass dies nicht der Fall war und ich ihm nur so eine Übermenge gegeben hatte, dass sein Körper noch damit klar kommen würde. Allerdings war ich so von meinen Schmerzen abgelenkt gewesen, dass ich es nicht einmal mitbekommen hatte! Schuldbewusst verband ich danach all seine Wunden wieder und gab ihm schmerzlindernde Kräuter damit er wenigstens keine Schmerzen mehr hatte.

Gewissensbisse plagten mich. Ich kaute an meinen Fingernägeln herum, die sowieso schon total abgekaut waren, während ich seinen sehr schwachen Atemzügen aufmerksam lauschte.Irgendwann lehnte ich mich ein Stück von ihm entfernt gegen die Wand und bewegte meinen Kopf nervös auf und ab. Da ich jede Minute darum bangte, dass er sterben könnte. Schließlich vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und begann vor mich hin zu Brabbeln: "Es tut mir leid, dass ich dich vergiftet habe, das war ein Missgeschick, das nie hätte passieren dürfen. ... Das ist genau dasselbe Kraut das dir das Leben gerettet hatte, als du fast tot da draußen am Steinboden gelegen hast. Und dennoch bringt es dich jetzt fast um. ..."

Dann war Stille. Niemand redete mehr, kein Mucks war zu hören.
Ich war alleine mit meinen Gedanken die mich als schuldig befanden.Sie machten mich runter und trieben mich in den seelischen Wahnsinn."Bitte bleib am Leben!", dachte ich laut, während ich nervös mit meinen Händen spielte und schon wieder damit anfangen wollte an meinen Fingernägeln zu kauen.

"Du siehst echt blass aus..", sagte Sirays schwache und kratzige Stimme.Ungläubig, dass das gerade wirklich Sirays Stimme war und mir meine Einbildung nicht nur einen Streich spielte, drehte ich meinen Kopf langsam zu ihm. Doch er war wirklich wach und bei Bewusstsein. Zwar sah er nicht besonders gut aus und warf mir einen mehr als missmutigen Blick mit seinen müden Augen zu, was mich verwirrte, da er gerade noch besorgt geklungen hatte.
Aber dennoch freute ich mich von Herzen ihn lebendig zu sehen, da es auch viel schlimmer hätte ausgehen können, was ich aus Erfahrung wusste.

Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen und hätte ihn so festgedrückt, dass ihm mit Sicherheit die Luft weggeblieben wäre, doch diesen Gedanken verwarf ich ganz schnell wieder. Stattdessen blickte ich ihn mit einem strahlenden Lächeln an, glücklich darüber, dass er noch unter den Lebenden weilt und mein Missgeschick, ihn nicht umgebracht hatte.

Es war schlimm genug, dass ich vor Jahren dieses Kraut zum ersten Mal gefunden und ausprobiert hatte. Damals ging es einige Male gut, was mich im Nachhinein wirklich mehr als verwunderte, denn ich wusste damals noch nicht, dass dies das giftigste Kraut aller Zeiten ist. Doch irgendwann nahm ich zu viel, weil ich es gut meinte, ein Fehler, der einem Tier das Leben kostete.

Ich schnaufte, bei diesen Gedanken, betroffen aus und lehnte mich für einen Augenblick mit dem Rücken gegen die Wand. Doch niemand außer mir schien zu wissen, dass man Feuerkraut in der richtigen Dosis als schnell heilendes Kraut verwenden konnte.

Siray starrte mich mit mürrischem Blick an, doch auch wenn ich nicht hinschaute, spürte ich seinen Blick auf mir. Schuld breitete sich erneut immer weiter in meinem Inneren aus. Ich schluckte schwer und legte meine Hände vors Gesicht, weil mir die Tränen bereits in die Augen stiegen.Ich hielt es nicht länger aus!

Ich machte mich so klein wie ich konnte, winkelte meine Beine an und legte meinen Kopf mit den Händen noch immer vors Gesicht haltend darauf."Weinst du etwa?", kam Sirays ärgerliche Stimme.Ich reagierte nicht auf das was er sagte, und schluchzte so leise es ging weiter.Siray atmete genervt aus und seufzte schließlich.

"Komm her.", sagte er so gut es ging aufmunternd mit seiner kratzigen Stimme. Überrascht hob ich den Kopf und schaute ihn mit meinen verweinten Augen an, doch er lächelte einfach nur. "Na, komm schon her.", sagte er lächelnd, mit einer leichten zu ihm herwinkenden Handbewegung.Als keine Reaktion von mir kam, weil ich nicht verstand, was ich bei ihm sollte, versuchte er sich selbst aufzusetzen.

"Was?... warte!.. du musst liegen bleiben!", sagte ich etwas lauter, während ich aufsprang und den einen Schritt zu ihm hinübereilte, damit er auch auf jeden Fall liegen blieb."Du bist so stur.", sagte er, nachdem ich ihn wieder zurück auf den Boden gedrückt hatte."Stimmt gar nicht", widersprach ich ihm mit leicht weinerlicher Stimme und wischte mir mit meinem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht, woraufhin er leicht lachte und mich dann anlächelte.

"Es tut mir leid,... ich...", begann ich zögernd, nicht wissend, wie ich mich am besten bei ihm entschuldigen sollte, immerhin hatte ich ihn fast umgebracht!"Ich weiß! Das sagtest du schon", unterbrach er mich, bevor er nach meiner Hand griff, die immer noch an seiner Schulter lag und diese leicht drückte.

"Siehst du, mir geht es gut, ich bin noch lange nicht tot. Da braucht es schon mehr als ein paar blöde Kräuter um mich zu töten. Also kein Grund zu weinen.", sagte er lächelnd, und strich mir währenddessen mit seinem Daumen über meinen Handrücken, bevor ich auch nur den Mund öffnen konnte um verwirrt zu fragen, wann ich mich denn bei ihm entschuldigt hatte.

"Aber... ich...", wollte ich entgegnen, denn ich hatte bereits ein Tierleben auf dem Gewissen und es hätte nur ein wenig mehr gebraucht dann wäre das Leben von Siray ebenfalls beendet gewesen. Für immer! Dann hätte er keinen einzigen Atemzug mehr gemacht, mich kein einziges Mal je wieder missmutig angeschaut und nie mehr angelächelt.

"Kein Aber!" unterbrach er mich schon wieder und lächelte immer noch so unverschämt lieb, was ich überhaupt nicht verdient hatte, dass ich fast wieder in Tränen ausbrach. "Ich werde mich dafür revanchieren, dass du mich versucht hast umzubringen. Ich kann aber nichts garantieren.", sagte er frech lächelnd, woraufhin ich ihm einen leichten Schlag mit der Hand verpasste, die er gerade noch gehalten hatte.

"Aua..", gab er von sich, woraufhin ich mich sofort aufrichtig entschuldigte und er lauthals zu lachen begann, da er nur so getan hatte als ob."Du bist so gemein", sagte ich spielerisch, während ich meine Arme vor der Brust verschränkte und meine Schmolllippe aufsetzte. Woraufhin er nur noch mehr zu lachen begann und ich mit ihm lachte.

Berg MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt