Teil 20; verschleppt

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Aus Dianas Sicht:
„Ray!", schrie ich ihm verzweifelt nach, während ich dabei zusah wie Siray die Schlucht hinunterstürzte. Am liebsten wäre ich ihm hinterher gesprungen, doch der Mann hatte mich bereits wieder in seinen Fängen und ließ mich nicht mehr los, egal wie sehr ich mich auch wehrte.

Wie konnte das nur passieren? Es war doch ich, die durch meinen Versuch mich loszureißen, um Siray davon abzuhalten sich gefangen nehmen zu lassen, hinunterstürzen sollte! Ich wusste das es sein Tod wäre, wenn Seth ihn gefangen nehmen würde! Und nun war ich schuld, dass er dort unten lag! Er hatte mich gerettet und war selbst dabei in die Tiefe gestürzt.

Meine Atmung ging unruhig, während ich die Schlucht hinunter starrte.„Es war wohl besser, dass er dort unten war und ich hier oben, mir würde Seth vermutlich nichts tun... oder mich zumindest nicht gleich umbringen", dachte ich und blickte daraufhin von der Schlucht weg.

„Falls du noch leben solltest, wir nehmen deine Geliebte mit! Wenn du in 2 Tagen nicht in meinem Schloss sein solltest, wird sie vor aller Augen gehängt werden", rief Prinz Seth, die Schlucht hinunter. „So viel dazu...", dachte ich und schrie dann ebenfalls etwas die Schlucht hinunter, da Siray nicht mal im Geringsten daran denken sollte mir zu folgen: „Wehe du kommst um mich zu retten, das wäre dein Tod!". Ich war nicht sicher ob Siray tatsächlich noch am Leben war oder es noch lange sein würde, da ich dieses Mal nicht zur Stelle wäre um ihm mit dem Feuerkraut erneut das Leben zu retten.

Mein Blick auf Sirays Tasche fallend, machte ich einen Ruck nach vorne um meinen Fuß vor seiner Tasche abzustellen, zur Verwunderung des Mannes der mich immer noch fest hielt. Dann verpasste ich der Tasche auch schon einen Stoß mit meinem Fuß in Richtung Abgrund, damit Siray wenigstens eine Chance hatte zu überleben, mit der Decke und meiner Jacke darin, wobei die Glasflasche bei dem Aufprall vermutlich in alle Einzelteile zerspringen würde.Dann hörte ich auch schon das Geräusch der aufschlagenden Tasche am Boden der Schlucht.

„Und was dich betrifft, meine Schöne, dich nehme ich als meinen ganz besonderen Gast mit in mein Schloss", sagte Seth grinsend, während ihm sein verletzter Arm gerade von einem anderen Mann verbunden wurde. „Ich bin zwar ein schwaches Mädchen, aber dennoch bin ich noch lange nicht taub", gab ich bissig zurück, da ich bereits gehört hatte was er mit mir vorhatte.

„Da hat sich Siray aber ein stures Mädchen zugelegt", meinte er lachend und kam dann zu mir nachdem sein Arm fertig verbunden war. „Der große Kratzer auf deiner Wange ist wirklich viel zu schade für so ein hinreißendes Geschöpf wie dich", sagte er mit einem Lächeln das mich anwiderte, während er mit seinem Finger neben meiner Verletzung entlang fuhr, die er mir selbst zugefügt hatte. Ich blickte ihn lediglich böse an, denn er würde mich ganz bestimmt nicht rumbekommen, egal was er versuchen sollte, denn mein Herz schlug alleine für Siray!

„Abmarsch", gab Seth den Befehl. Mir wurden zur Sicherheit noch Handfesseln angelegt und dann setzten sie sich auch schon alle in Bewegung.

„Ist das Schloss nicht mindestens 3 Tage von hier entfernt?", fragte einer der Männer den Prinzen. „Ganz recht", meinte er lachend und begründete dann seine vorherige Aussage als er sagte Siray solle in 2 Tagen im Schloss sein, sonst würde ich gehängt werden: „Ich wollte herausfinden wie sehr er dieses Mädchen liebt, wenn er feststellt, dass er nur 2 Tage Zeit hat, aber mindestens 3 brauchen würde.Da kam in mir die Frage auf was er tun würde: einfach aufgeben, oder sich trotzdem die Mühe machen ins Schloss zu kommen um seine Geliebte zu befreien."Danach begann er hämisch zu lachen und warf mir einen Blick zu, wohl wissend, dass ich alles mit angehört hatte.

„Dieser...!! Am liebsten würde ich ihm in seine Kronjuwelen treten und ihn dann an irgendeinen Baum ketten, wo ihn keine Menschenseele finden würde.", dachte ich und blickte wutentbrannt zu ihm.

Den restlichen Tag gingen wir bis zum Sonnenuntergang durch, bis der Prinz schließlich anhielt und den Befehl gab, dass wir genau hier die Nacht verbringen würden. Woraufhin die Männer ihre Sachen ablegten, die sie mit sich trugen, sofort ausschwärmten und ihren Aufgaben für das Nachtlager nachgingen, als hätten sie es schon tausendmal gemacht.

Der Mann, der dafür zuständig war, dass ich nicht abhauen würde, zog indessen ein Seil um einen der Bäume und befestigte es schließlich an meinen Handfesseln, damit ich nicht wegkonnte.

Nach kurzer Zeit kamen die Männer die in den Wald ausgeschwärmt waren, wieder mit Ästen zurück und entfachten kurz darauf bereits ein Lagerfeuer. Dort saßen sie und aßen an ihrem Proviant, den sie mit sich getragen hatten, bis einige von ihnen aufstanden und anfingen ein improvisiertes Zelt aus langen dicken Ästen, Leder, Fell und Laubblättern zu errichten.

Ich bekam schließlich auch einen kleinen Happen zu essen, den ich allerdings nur anstarrte, da ich keinen Hunger hatte. Alle meine Gedanken lagen nur bei Siray.Ob er wohl noch lebt...? Ich schluckte schwer, bevor ich starrend erneut in meinen Gedanken versank: „Wie schlimm sind wohl seine Verletzungen?... Und werde ich ihn je wieder sehen?" Da stockte ich und schluckte erneut schwer um dem Kloß entgegen zu wirken der sich in meinem Hals zu bilden begann.„Siray kann nicht tot sein! Und ich werde ihn... ganz bestimmt!... irgendwann wiedersehen,... wenn sich all das hier gelegt hat.", zwang ich mich selbst zu denken und schaute von meinem Essen auf, um all das hier zu sehen, das sich beruhigen musste. Doch das war eine ganze Menge! Seth würde nicht von einem Tag auf den anderen vergessen was Siray getan hatte. Und ihm seine Taten vergeben würde er schon gar nicht. Also würde es wohl einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, bis ich Siray vielleicht wiedersah... was wohl bis dahin aus mir werden würde?

Mir darüber Gedanken machend, was Seth wohl mit mir machen würde, wenn Siray nicht auftauchen und mich retten würde, da ich ihm ja hinterher gerufen hatte, dass er es unterlassen sollte, glitt ich langsam in einen unruhigen Schlaf, in dem ich ausschließlich Erinnerungen durchlebte in denen Siray lächelte oder lachte, doch es war keine Spur von einem der vielen Streits die wir gehabt hatten, kein Vorwurf, keine Anschuldigung, keine Besorgnis... nur Siray und die Weiten seines Lächelns.

Der nächste Tag brach an und die Männer waren schon dabei alles zusammenzupacken, als mir der Aufpasser einen leichten Tritt gegen meinen Rücken gab um mich auf zu wecken. Wiederwillig stand ich auf und streckte mich kurz bevor es auch schon weiter ging.

Den ganzen Tag, mit nur einer kurzen Mittagspause, gingen wir bis zum Abend durch. Meine Füße allerdings fingen beireits Mittags zu schmerzen an und mein Bauch krampfte sich zusammen, da er den gestrigen Tag nichts mehr zu Essen bekommen hatte. Meine Gedanken waren trotz meiner schmerzenden Füße zu nichts anderem fähig als sich zu fragen, ob Siray wohl noch lebte und ob ich ihn je wiedersehen würde... Mehr als diese beiden Dinge gingen in meinem Kopf nicht vor. Sie kreisten unaufhörlich in meinem Verstand, bis wir schließlich mal wieder mitten in einem Wald anhielten und die Männer ihr Lager aufschlugen, woraufhin ich mich erschöpft gegen einen Baum sinken ließ, meine Augen schloss und meinen Kopf ebenfalls gegen den Stamm des Baumes lehnte.

„Siray wird nicht kommen...", dachte ich, die Hoffnung bereits aufgebend, dass ich ihn je wiedersehen würde.

„Ich passe auf sie auf", nahm ich Seths Stimme wahr, und wie sich daraufhin die Schritte meines Aufpassers entfernten und der Prinz neben mir Platz nahm. Ich behielt meine Augen jedoch weiterhin geschlossen.

„Du glaubst wohl nicht, dass Siray kommt um dich zu retten.", meinte Seth ruhig, woraufhin ich erstarrte und meine Augen schlagartig öffnete, weil genau das meine Gedanken gewesen waren. Ich versuchte ruhig zu bleiben und meinte so überzeugend wie ich konnte: „Nein, Siray wird kommen!" Als ich das jedoch bereits von mir gegeben hatte wurde mir bewusst das es genau das war, was Seth wollte. Er wollte Ray unter allen Umständen in seine Finger bekommen und ich...

Ich ließ meinen Kopf wieder sinken. Ich wollte einfach nur, dass Siray an meiner Seite war... Doch das Beste wäre, wenn er ganz weit wegbleiben würde, um sein eigenes Leben zu bewahren.Seth lachte nur über meine Reaktion und stand unterdessen wieder auf, da er anscheinend nur gekommen war um mich zu ärgern.

Auch an diesem Abend aß ich nichts,... da ich keinen Appetit hatte und mein eingekrampfter Bauch das Ganze auch nicht besser machte.

Am nächsten Tag wachte ich auf und stellte fest, dass ich es irgendwie geschafft haben musste einzuschlafen. Kurz danach trieb mich mein Aufpasser an, da alle Männer bereits los gingen. Doch mein Körper war träge und irgendwie kraftlos... was kein Wunder war, da ich überhaupt nichts gegessen hatte.

Nach einer Stunde des Gehens war es mir schließlich zu viel und es platzte förmlich aus mir heraus. „Siray!", schrie ich verzweifelt, damit Ray endlich bei mir sein würde! Weil mich nur noch der Gedanke an Siray weiter vorantrieb!Meinem Aufpasser gefiel das gar nicht, was ihn veranlasste mich grob zu packen und mir den Mund zuzuhalten.

„Lass sie los. Sie soll so viel schreien wie sie will.", sagte Seth mit einer Handbewegung, der nicht stehen geblieben war, sondern nur seinen Kopf nach hinten gedreht hatte.

Seth wartete nur darauf das Siray zu ihm kommen würde und ich hatte nichts Besseres zu tun, als nach ihm zu rufen!...

Der Aufpasser ließ wieder von mir ab und verpasste mir einen Stoß, der mich zum Stolpern brachte. Woraufhin ich stumm weiter ging, während mein Herz und mein Verstand sich unaufhörlich einen Kampf lieferten und keiner davon zu gewinnen schien, es war einfach nur aussichtslos!

Einen Schritt vor den anderen setzend, ging ich den Weg unter dem Antrieb meines Aufpasser. Doch meine Beine würden mich nicht mehr lange tragen, ich war bereits unsicher was meine Schritte betraf, weshalb ich mich konzentrieren musste um nicht zu stürzen.

Irgendwann war dann der Punkt erreicht an dem ich keine Kontrolle mehr über meinen Körper hatte und er einfach kraftlos zu Boden sank. Gleichzeitig fing ich an wegzudämmern, während ich Seths Stimme wahrnahm, die sich immer weiter von mir entfernte bis sie schließlich verstummte.

Berg MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt