Aus Sirays Sicht:
Ich schleppte mich humpeln einen Waldrand entlang, während ich seufzend ein paar Tage zurückdachte, wie ich an dem Tag nach der ersten Nacht, nur deswegen gegen Mittag aufgewacht war, weil Lupus mir über mein Gesicht geschleckt hatte. Meine Muskeln hatten gestreikt und hätten sich auch am liebsten nie wieder von der Stelle bewegt.
Irgendwie hatte ich es jedoch geschafft meine Muskeln in Gang zu bekommen und mich weitergeschleppt. Bereits am Nachmittag war ich zusammengebrochen und mein ganzer Körper hatte so geschmerzt, dass ich am liebsten meinen Verletzungen erlegen wäre, wenn ich nicht gewusst hätte, dass das Leben von Diana in meinen Händen lag.
Die ganze zweite Nacht hatten mich meine Schmerzen wachgehalten und als die Sonne schließlich aufgegangen war, wusste ich, dass ich nicht weitergehen konnte... Mein Körper war schwer wie Blei und es wunderte mich, dass meine Kraft überhaupt noch zum Atmen ausreichte. Ich war am Ende... und ich hatte keinen Weg mehr gesehen weiter vorwärts zu kommen...
Doch Lupus hatte nicht aufgegeben und mich nicht an Ort und Stelle verrotten lassen.
Ich musste grinsen, als ich daran zurückdachte, wie Lupus von selbst die Decke um meine Brust gelegt hatte, um mich schließlich damit vorwärts zu ziehen.
Den ganzen Tag bis zur Dämmerung hatte er mich gezogen, dann hatte er sich neben mich gelegt und mich abgeschleckt als wäre ich ein langjähriges Mitglied des Rudels, das gerade krank war und gepflegt werden musste.
Auch die dritte Nacht hatte ich schließlich hinter mich gebracht. ich hatte zwar unruhig, um nicht zu sagen schrecklich geschlafen, weil ich einen verdammten Albtraum hatte in dem Seth dem Berg-Mädchen grinsend mit einem Dolch...! Schwer schluckend blieb ich einen Moment zu Boden blickend stehen.
Ich wusste zwar, dass es nur ein Albtraum gewesen war, doch es brachte mich um meinen Verstand und ließ mich vor Entsetzen die Luft anhalten.
Ich atmete einmal tief ein und aus, dann humpelte ich weiter. Ich wollte mich nicht mehr an jedes einzelne Detail meines Traumes erinnern, ich wollte ihn einfach wieder vergessen... aber trotzdem blieb er in meinem Gedächtnis hängen wie eine Fliege in einem Spinnennetz. Ich konnte nicht sicher sein, dass Diana unbeschadet war, ich musste es mit meinen eigenen Augen sehen! Mein Verstand würde bis dahin keine Ruhe geben... und mein Herz ebenfalls nicht!
Nun war ich schließlich hier, einen halben Tagesmarsch vom Schloss entfernt und machte einen Humpelschritt nach dem anderen, da mir mein Körper wieder erlaubt hatte meine Muskeln zu aktivieren und ich nicht mal daran denken würde aufzugeben, bevor ich jede noch so kleine Kraft in mir ausgeschöpft hatte. Lupus trabte langsam hinter mir her, mit den weißen Wölfen im Gefolge, als er plötzlich mit leicht rumorenden Wolfslauten stehen blieb. Woraufhin ich ebenfalls stehen blieb und mich zu ihm umdrehte.
Er blickte in den Wald hinein, auf eine Dickung von Tannen, als würde sich darin oder dahinter ein Tier verstecken. Ich wollte schon wieder weitergehen, weil ich dafür keine Zeit hatte, als ich sah wie ein Wolf, dessen Fell einen außergewöhnlichen Orangestich hatte, aus der Dickung kam. Wie angewurzelt blieb ich stehen und schaute dem Wolf entgegen, der auf uns zukam während hinter ihm noch mehr Wölfe auftauchten, die jedoch eine ganz gewöhnliche Mischung aus grau, braun und weiß in ihrem Fell aufwiesen.
Im Nu hatten sie uns eingekreist und es gab kein Entkommen mehr. Meine Gedanken rasten. Ich wusste, das diese Wölfe nicht so wie Lupus und die anderen beiden waren. Dies waren wilde, mit Sicherheit aggressive Wölfe, die nicht davor zurückschrecken würden uns mit Haut und Haaren zu fressen. Wir würden wohl ihr Mittag- oder Abendessen werden... und meine Reise würde damit ein jähes Ende finde.
Ich versuchte ruhig zu bleiben, obwohl mein Instinkt mir sagte ich sollte rennen, doch wohin? Es gab keine Lücke und auch wenn es eine gegeben hätte, bei der Größe dieses Rudels, wäre ich nicht weit gekommen! Das waren mindestens 30 Tiere, wenn es nicht sogar bis zu 40... Und ja, als Abendessen würden wir wohl nicht für alle Tiere ausreichen.
Die Wölfe knurrten uns mit gefletschten Zähnen an, als würden sie nur darauf warten, dass wir die Fassung verlieren und sie damit zu schlagen könnten. Ich sah mein Ende bereits auf mich zukommen, als Lupus auf einmal beschwichtigend mit seinem Schweif zu wedeln begann, während sich die beiden kleinen Wölfe ängstlich an ihn gedrängt hatten.
Der Wolf mit dem Orangestich in seinem Fell trat vorsichtig einen Schritt vor, während er mit dem Knurren und Zähnefletschen aufhörte und seinen Kopf schieflegte. Ich beobachtete Lupus und den anderen Wolf dabei, wie sie sich ein wenig näherkamen, sich beschnupperten und der orange Wolf des Rudels schließlich ein Heulen in den Himmel empor ausstieß. Woraufhin die anderen Wölfe ihre angriffslustigen Gesten einstellten und langsam wieder Richtung Wald trabten.
Auch Lupus und die beiden Kleinen machten sich Richtung Wald auf. Ich jedoch stand nur weiterhin wie angewurzelt da und blickte ihnen hinterher, da ich nicht wusste, was das zu bedeuten hatte.Lupus drehte sich noch einmal zu mir um, lief noch einmal zu mir und stupste mich weiter den Weg entlang, bevor er ein leises Abschiedswinseln von sich gab, um dann endgültig im Wald zu verschwinden.
„Mach's gut Lupus", murmelte ich vor mich hin, da ich nun verstand, dass dies ein Abschied war und ich nun meinen Weg alleine fortsetzen müsste. Er und die Kleinen würden mir mit Sicherheit abgehen...So macht ich mich weiter auf den Weg zum Schloss, verletzt und humpelnd, zerrte jeder Schritt an meinen Kräften, doch ich musste mich beeilen um mein geliebtes Berg-Mädchen vor Seth zu retten! Es war schwer... und die Schmerzen waren furchtbar... aber dennoch trieb es mich immer weiter in Richtung Schloss, weil Diana alles für mich war! Und ohne sie zu leben wollte ich keine weitere Sekunde!!
Als dann endlich die Burgmauern vor mir auftauchten, die die gesamte Stadt umschlossen, war ich so erleichtert, dass ich zu Boden sank.Doch hier draußen vor den Mauern liegen zu bleiben würde mir nichts bringen... Also rappelte ich mich ein letztes Mal auf und schleppte mich mit meinen allerletzten Kräften durch das Tor. Dort packten mich zwei Wachen die dort standen und den Eingang bewachten, links und rechts am Arm, da sie und auch der Rest der Stadt wussten wie ich aussehe und dass ich gesucht werde.
Doch das war mir in dem Augenblick sogar recht, denn bis ins Schloss hätte ich es mit Sicherheit nicht mehr geschafft.
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Berg Mädchen
AdventureEin Mädchen, alleine oben in den Bergen, ihre Mutter vor Jahren verschwunden, als auf einmal ein junger Mann auftaucht der ihre Hilfe benötigt und von irgendjemandem verfolgt wird. Mit dieser Begegnung ändert sich ihr gesamtes Leben und würde nie wi...