15 - Wieder zuhause

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15 - Wieder zuhause

Hope, Amélie und Amélies jüngere Schwester Louise hatten wenig Probleme, ihre Eltern zu finden, als sie am 23. Dezember in Hamburg aus dem Zug stiegen, denn nach sechs Jahren wussten sie auch ohne Absprache, wo die auf sie warten würden.

Andre und Annette Abent mit Leo sowie Marie und Lars Baer mit ihrem Sohn Matteo warteten geduldig etwas abseits und beobachteten die Menschen, die den Bahnsteig füllten, alle mit Koffern in der Hand, sich durch die Massen drängend, immer auf der Suche nach Verwandten oder Bekannten, die sie an Weihnachten besuchen würden. Andere versuchten, möglichst schnell in den Zug hinein zu kommen, um noch einen Sitzplatz für dessen Weiterfahrt nach Kiel zu ergattern.

Durch all diese Menschen drängelten sich jetzt auch die drei Cousinen und waren sehr erleichtert, als sie heil und mit allen Gepäckstücken bei ihrer Familie ankamen.

Marie Baer begrüßte ihre beiden Töchter mit großen Gesten und einem Schwall französischer Worte, den Hope nicht weiter definieren konnte als „liebevoll".

„Hopie!" Bevor Hope sich wirklich orientiert hatte, stürmte ein kleines dunkelblondes Etwas auf sie zu und schlang seine Arme überschwänglich um ihre Oberschenkel. Augenblicklich breitete sich ein riesiges Grinsen auf Hopes Gesicht aus und sie beugte sich herunter, um ihren Bruder auf den Arm zu nehmen.

„Mann, Leo, du bist ja mindestens einen Kopf gewachsen!", rief sie begeistert. Leo nickte großspurig.

„Fast zwei!", bestätigte er. Das hielt Hope jetzt zwar doch für ein bisschen übertrieben in zwei Monaten, aber das musste sie ihm ja nicht verraten. „Willst du meine Lokomotive sehen?", fragte er begeistert. Hope nickte. Sie hatte die letzten Tage ununterbrochen darüber nachgedacht, was sie da über Jela erfahren hatte und was es für ihre Freundschaft sowie für ihre Beziehung mit Grischa bedeuten würde. Von daher war ihr ein bisschen Ablenkung sehr willkommen und sie bemühte sich, ihrem Bruder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.

„Unbedingt!", sagte sie also.

„Ich habe jetzt nämlich sogar einen Tunnel und da drüber ist eine Brücke, über die kann man drüberfahren!", erzählte Leo weiter. Hope hörte ihm eifrig zu, und schob Jela und Grischa in die letzte Ecke ihrer Gedanken. Dann wandte sie den Blick zu ihren Eltern. Die beiden lächelten breiter, als Hope es in Erinnerung hatte. Sie standen sich auch näher und...hielten sie sich an den Händen? Wow, der Jobwechsel ihrer Mutter schien sich ja auch auf die Ehe der beiden wirklich positiv ausgewirkt zu haben!

Sie schenkte ihren Eltern ein strahlendes Lächeln und umarmte beide, was sie etwas überrascht erwiderten.

Ihr Vater griff schließlich nach ihrem Koffer und ihre Mutter schnappte sich Hopes Tasche, bevor sie sich von den Baers verabschiedeten und sich auf den Weg zum Auto machten.

Als sie zu Hause ankamen, hatte Leo auch anscheinend einen Großteil von dem erzählt, was sich offenbar über die letzten Monate bei ihm angesammelt hatte und er rannte nach oben, um seine liebste Lokomotive zu holen, die er Hope zeigen wollte (spielte es eine Rolle, dass sie gemeinsam vor zwei Monaten damit gespielt hatten und dass es sogar Hope gewesen war, die sie ihm im März zum Geburtstag geschenkt hatte? Natürlich nicht!).

Hope hatte damit auch endlich die Gelegenheit, ihren Eltern alle klassischen Fragen zu beantworten – wie es ihr so ging, was ihre Freundinnen so machten, wie ihre letzten Klausuren gelaufen waren und wie es mit Grischa so lief. Hope beantwortete sie alle geduldig und zumeist mit „gut" und erzählte aus den letzten Unterrichtsstunden, von den Unmengen an Weihnachtsdekoration im Schulhaus und den hervorragenden Plätzchen, die ein Schülersprecherkandidat kurz vor der Wahl gebacken und verteilt hatte, um sich Stimmen zu erkaufen (es hatte funktioniert, Hope zumindest hatte ihn gewählt).

Schmetterlinge fürchten sich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt