28 - Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

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28 - Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Hope blieb bis zum Abend bei Grischa. Aber da Sonntag war, trudelten nach und nach seine Mitbewohner wieder im Internat ein und so beschlossen sie irgendwann, den auspackenden und von ihrem Wochenende erzählenden Jungen zu entfliehen, um zum Abendessen zu gehen, wonach Hope entschied, dass es Zeit war, in ihr eigenes Haus zurückzukehren.

Mit einer festen Umarmung verabschiedete sie sich von dem Jungen, der endlich nicht mehr ihr Freund war, sondern „nur noch" ihr bester Freund, auch wenn Hope nicht verstand, warum so viele Leute ein „nur noch" an dieser Stelle benutzen würden.

Sie unterdrückte ein Gähnen, winkte Grischa noch einmal, der grinsend die Hand hob, bevor er sie zurück in seine Hosentasche schob und zwischen den Häusern verschwand. Hope schloss die Haustür auf, begrüßte die Betreuerin, die sichtlich erleichtert einen Strich auf ihrer Liste machte. Ein Blick auf die Uhr verriet Hope, dass sie tatsächlich wenige Minuten vor Beginn der Nachtruhe hier war und vermutlich jede Menge Ärger bekommen hätte, wenn es noch später geworden war. War es ja aber zum Glück nicht, also stieg sie die Treppen nach oben und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer.

Dort war Sophia damit beschäftigt, sorgsam alle Kleidungsstücke aus ihrem kleinen Wochenendkoffer wieder in ihren Schrank zu legen, während Alina auf ihrem Bett lag, an Sophias Zauberwürfel herumspielte und sich über etwas beschwerte. Amélies Abwesenheit deutete darauf hin, dass sie das Bad besetzte, deshalb setzte sich Hope auf ihr eigenes Bett und beschloss, darauf zu warten, dass sie es wieder freigeben würde.

Sophia hörte geduldig, Hope eher ungeduldig zu, wie Alina von ihrem süßen Nachbarsjungen erzählte, der gerade eingezogen war und dass es eine Schande war, dass sie aufs Internat ging, weil sie so kaum eine Chance hatte, ihn kennen zu lernen. Hope runzelte die Stirn – hatte Alina nicht sogar einen Freund?

„Was ist mit, wie hieß er noch gleich, Tim?", fragte sie also, als Alina gerade mal eine Atempause machte.

Ihre Freundin setzte sich überrascht auf.

„Tom? Was soll mit ihm sein? Alles ist bestens, aber ich darf mich ja wohl umschauen, oder?"

Sophia und Hope tauschten einen skeptischen Blick.

„Wie war es bei Grischa?", fragte Sophia dann, vermutlich um das Thema zu wechseln. Hope musste unwillkürlich lächeln.

„Super.", sagte sie und überlegte kurz, ein „Wir haben uns getrennt." hinterher zu schieben. Aber sie beschloss, dass das nur viel zu viele Fragen aufwerfen würde, für die es ihr heute einfach zu spät war. Außerdem hätte Alina Gerüchte nicht einmal für sich behalten können, wenn ihr Leben davon abgehangen hätte, also wollte sich Hope gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn sie davon erfahren würde, warum sie sich von Grischa getrennt hatte. Sie begann selbst gerade erst, sich mit der Tatsache anzufreunden, dass sie Mädchen mochte und obwohl der Gedanke an diesem Abend schon viel leichter auf ihren Schultern wog als noch am Morgen, war sie noch lange nicht so weit, dass es alle in der Schule wissen durften.

Sie gähnte noch einmal und beschloss, dass sie keine Lust mehr hatte, Amélies halbstündiges Abendritual abzuwarten und dass Privatsphäre unter Cousinen ohnehin völlig überbewertet war. Entschlossen stand sie auf, schnappte sich ihren Pyjama und klopfte gegen die Badezimmertür.

„Wer ist da?", fragte Amélie von drinnen und Hope meinte, ein Schniefen dazwischen gehört zu haben.

„Hier ist Hope.", informierte sie ihre beste Freundin und ergänzte etwas besorgt: „Alles ok bei dir?"

Der Schlüssel drehte sich im Schloss und schon stand Hope ihrer Cousine gegenüber, die ziemlich verheult aussah.

„Was ist passiert?", fragte Hope vorsichtig, trat ein und schloss die Tür hinter ihnen wieder ab. Amélie ließ sich auf den geschlossenen Klodeckel sinken. Hopes Sachen landeten auf dem Fußboden und sie hockte sich davor, Amélies Hände in ihre nehmend. „Hey..."

Schmetterlinge fürchten sich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt