31 - Eine Sekundenentscheidung

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31 - Eine Sekundenentscheidung

Es war Samstag. Das war einerseits gut, denn es war Leos sechster Geburtstag und Hope hatte ihm den Modellbausatz für eine kleine Lokomotive geschenkt und wollte unbedingt wissen, was er dazu sagte. Andererseits war es schlecht, denn Samstag markierte den Tag Nummer 6, an dem Jela nicht mit ihr redete.

Am Mittwoch hatte Hope sie noch einmal aufgesucht und sogar gefunden.

„Ich mag dich.", hatte sie ihr gesagt, deutlich und ohne Raum für Missverständnisse, genau wie Emma es ihr empfohlen hatte. „Ich mag dich wirklich gerne und es tut mir leid, dass ich dich geküsst habe, ohne dich vorher zu fragen. Aber es tut mir nicht leid, dich geküsst zu haben."

Jela war ziemlich unbeeindruckt gewesen und das hatte Hope wütend gemacht. Sie hatte sich mehrfach entschuldigt und immer wieder betont, wie ernst sie es meinte. Was sollte sie noch machen? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Jela zu den Leuten gehörte, die groß aufgezogene Liebeserklärungen im Speisesaal für romantisch hielten. Und eigentlich hatte sie auch keine Lust, so etwas für jemanden vorzubereiten, der nicht bereit war, ihr auch nur einen Schritt entgegen zu kommen.

Als sie am Donnerstag auf dem Gang Emma getroffen und ihr von ihren Misserfolgen berichtet hatte, war die zum Glück genau ihrer Meinung gewesen und so hatte Hope auch kein schlechtes Gewissen, als sie beschloss, dass jetzt Jela an der Reihe war. Hope hatte sich mehrfach entschuldigt und damit in ihren Augen Jela den Ball zugespielt. Entweder die sprang jetzt über ihren eigenen Schatten oder...nun, darüber wollte Hope nicht allzu genau nachdenken.

Also, es war Samstag und Leos Geburtstag und Hope saß in ihrem Zimmer auf ihrem Bett. Amélie hatte es sich neben ihr bequem gemacht und auf ihren Knien hatten sie Amélies Laptop, den sie gerade mit allen Mitteln davon zu überzeugen versuchten, sich doch bitte mit dem Internet zu verbinden, damit sie den für vor fünf Minuten verabredeten Skype-Anruf durchführen konnten.

Endlich kam der Anruf zu ihnen durch und gleich darauf tauchte ein sehr verpixeltes und alle paar Sekunden stockendes Bild des Geburtstagskindes auf dem Bildschirm auf. Amélie und Hope sangen ein ziemlich schräges Geburtstagslied.

Leo strahlte in die Kamera.

„Hopie!", rief er begeistert. Amélie neben Hope schnaubte, amüsiert darüber, völlig ignoriert zu werden.

„Alles Gute zum Geburtstag, Mini.", wünschte sie trotzdem grinsend. Leo winkte.

„Hi, Amélie!", begrüßte er sie jetzt doch. Die winkte zurück.

„Wie geht's dir so, Geburtstagskind?", fragte Hope.

„Prima!", berichtete Leo begeistert. „Mama und Papa haben mir Fußballtore für den Garten geschenkt und es gibt Kuchen und Matteo ist hier und heute Nachmittag kommen alle meine Freunde! Und Onkel Lars hat versprochen, dass wir demnächst zu einem richtigen Fußballspiel gehen!"

Hope und Amélie tauschten einen belustigten Blick.

„Papa verschenkt wieder mal total uneigennützig.", kommentierte Amélie leise und Hope musste lachen.

Sie richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf Leo, der aufzählte, was er alles bekommen hatte und sich, nach einer kleinen Aufforderung seiner Mutter, bei Amélie und Hope für ihre Geschenke bedankte.

Die Verbindung wurde schlechter und Amélie und Hope starrten für einige Sekunden auf das eingefrorene Bild ihres Bruders/Cousins. Als die Verbindung wieder hergestellt war, war Leo verschwunden, stattdessen lächelte Annette in die Kamera.

„Hey, ihr beiden!", begrüßte sie die Mädchen. „Matteo hat Leos Eisenbahnstrecke umgebaut und deshalb musste er nach oben, um seine Konstruktion zu retten. Er hat da seit Tagen dran gebaut." Sie schmunzelte.

Schmetterlinge fürchten sich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt